20.11.2014 Aufrufe

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Heimo – Ja, die saufen hier, schreien hier, wirbeln hier, tun bis zwölf Uhr in der<br />

Nacht Fußballspielen und so. Ich mein, das geht nicht, das ist keine Frage. Ich<br />

wohne wirklich <strong>ganz</strong> vorne, und wenn du die Jugendlichen bis nach vorne hörst,<br />

wenn die mich vom Schlaf aufreißen, dann kannst du dir das vorstellen, wie das<br />

ist. Und die Sachen sind sicher schon extrem gewesen. <strong>Das</strong> ist keine Frage. Aber<br />

nur, man kann sich auch nicht absolute Ruhe und immer einen Frieden erwarten.<br />

<strong>Das</strong> geht nicht. Es leben viel zu viele Leute hier. Viel zu viele Kinder, viel zu<br />

viele Jugendliche, viel zu viele Leute. Und noch dazu viel zu viele unterschiedliche<br />

Gruppen.<br />

– Und das spürst du bei deiner Arbeit als Hausmeister.<br />

Heimo – Es ist nicht leicht, besonders das erste Jahr war sehr schwer da herunten,<br />

muss ich sagen. Der Neid hat sicher eine große Rolle gespielt.<br />

– Der Neid der anderen Bewohner hier? Was meinst du damit?<br />

Heimo – Der Neid von den Bewohnern gegenüber meiner Person. Die sehen<br />

die Abrechnung, da steht mein Lohn drauf. Sie glauben aber, dass das alles mir<br />

gehört. Die glauben ja alle, dass ich keine Lohnsteuer bezahle. Im ersten Jahr hat<br />

es wirklich sehr viele Probleme gegeben. Aber es hat sich dann beruhigt.<br />

[…]<br />

Die Arbeit geht nie zu Ende<br />

– Kannst du deinen Job vom Privatleben überhaupt trennen, wenn du hier<br />

wohnst und arbeitest?<br />

Heimo – Grundsätzlich hat der Hausbesorger sowieso eine Siebentagewoche,<br />

keine Fünftagewoche, deshalb hat er auch 35 Urlaubstage. Und wenn am Sonntag<br />

was ist, muss ich genauso ausrücken, nicht nur Schneeschaufeln, sondern auch<br />

die Fernwärme betreuen oder wenn irgendetwas anderes passiert, muss ich es in<br />

Ordnung bringen. Ich kann nicht sagen, heute ist Sonntag, heute könnt ihr mich<br />

mal. Wenn einer sagt, eine Glühbirne ist im Keller kaputt, dann muss ich am<br />

Sonntag eine Glühbirne wechseln oder ähnliches. <strong>Das</strong> ist keine Frage. Aber<br />

manchmal gibt es schon Tage, da läuten sie um vier Uhr in der Früh, oder sie läuten<br />

um halb zwei Uhr in der Früh, wegen Kleinigkeiten. Betrunkene Leut, die tun<br />

einfach wichtig. Die beschweren sich und dann kommen die Geschichten mit den<br />

Glühbirnen. Da sage ich dann, ja, schönen Abend noch und mache die Türe zu.<br />

<strong>Das</strong> geht sicher nicht, um halb zwei in der Früh tausche ich sicher keine Glühbirne.<br />

Die Leute rundherum respektieren mich jetzt einigermaßen, die Kinder<br />

respektieren mich einigermaßen, auch die Jugendlichen und das ist für mich<br />

wichtig. Weil ich muss nicht nur meine Arbeit erledigen, ich muss mich auch mit<br />

den Leuten einigermaßen arrangieren können. Weil, wenn es hieße, der depperte<br />

Hausmeister kommt schon wieder. <strong>Das</strong> ist für beide ungut, weil ich betreue die<br />

Siedlung und ich wohne da. <strong>Das</strong> ist meine Arbeitsstelle und meine Zukunft. Und<br />

da ist es dann ungut, wenn du weißt, du hast 100 Leute gegen dich oder was. […]<br />

Aber die Bewohner glauben ja wirklich, dass man alles geschenkt bekommt und<br />

sie sehen nur das Rasenmähen und das Stiegenhauswaschen. Aber sie sehen es<br />

341

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!