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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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Lehrerstreik, aber bei unserem Konferenzzimmerbrettel ist Dienststellenversammlung<br />

gestanden. <strong>Das</strong> war schon das Erste. Da stand unser Gewerkschaftsvertreter<br />

auf und hat da zaghaft darüber geredet, dass es ihm ja eigentlich sehr<br />

unangenehm ist, dieses Wort Streik, das möchte er da in diesem Zusammenhang<br />

vermeiden. <strong>Das</strong> ist alles in Wirklichkeit ein Nur-nicht-anecken. So auf die Art,<br />

nicht. Warum streiken wir eigentlich? Oder ist das überhaupt ein Streik? Nicht<br />

einmal das war ja ein Thema. Weil offiziell war das ja eine Dienststellenversammlung.<br />

Also, da habe ich mir gedacht, verdammt, warum? Ich will mich<br />

da nicht als den großen Wortführer… Es gibt da so viele gescheite Leute unter<br />

unseren Kollegen, die immer das Sagen haben oder die halt… So zum Beispiel<br />

sind in der einen Schule diese Sprachaustauschgeschichten sehr wichtig. Die<br />

Franzosen und die Engländer, die Franzosen fahren nach Reuneon, die Engländer<br />

nach Amerika – mit diesem Sprachaustausch – auch die Italiener, die machen<br />

pausenlos Austausch mit Oberitalien. Ich habe den Eindruck, das sind die<br />

Wortführer, die wichtigen Leute an der Schule also. Wenn es um etwas geht, dann<br />

werden die zuerst gefragt, dann kommen erst die Religionslehrer und dann erst<br />

die Bildernischen Erzieher. Die Turner, ja, die Turner sind durch ihre Schikurse<br />

wichtig. Die Turner lasst man unangetastet, Sport ist heute unantastbar.<br />

– Und was bedeutet das für Ihren Gegenstand?<br />

Herr Fasser – Da hat es ja im Sommer [2000] eine politische Wortmeldung<br />

gegeben, man möge doch diese veralteten Gegenstände wie Musikerziehung,<br />

Bildnerische Erziehung abschaffen und an allen Schulen das Fach Wirtschaft einführen.<br />

<strong>Das</strong> war so der erste Vorstoß. Es hängt daran, ob an dieser Idee des allgemeinbildenden<br />

höheren Schulwesens festgehalten wird oder nicht. <strong>Das</strong> ist aber<br />

eine Gefahr, immer mehr, wenn man von diesem Modell abgeht, dann sehe ich<br />

für mein Fach und Musik an einer höheren Schule keine Chance.<br />

– Sie sagen das ja relativ gelassen.<br />

Herr Fasser – Ja, ich sag das so gelassen. Natürlich, der erste Moment dieser<br />

Überlegung ist schrecklich, weil ja der eigene Job da dran hängt, die eigenen<br />

beruflichen Möglichkeiten. Aber entgegenwirken, in welcher Form kann ich entgegenwirken?<br />

Ich weiß nicht. [Pause] Ich bin ziemlich desillusioniert.<br />

– Ja, das kann ich verstehen.<br />

Herr Fasser – <strong>Das</strong> ist ja so, dass man ja nicht wirklich den Feind ausmachen<br />

kann, wie zum Beispiel beim Umweltproblem. Alle Parteien haben sich seit den<br />

80er Jahren ein grünes Mäntelchen übergeworfen, weil für jeden sonnenklar ist,<br />

wenn es draußen stinkt, wenn die Bäume absterben, wenn das Wasser vergiftet ist<br />

– das sieht man. <strong>Das</strong> ist was Greifbares. Aber die Reformen im Bildungswesen,<br />

das geht alles so diffus, dass man schwer irgendwo jemanden hat, dem man die<br />

Fensterscheiben einschlagen kann. In der Hainburger Au 1984, da konnte ich<br />

mich vor einem Baum hinsetzen und mich dort anketten oder vor den Caterpillar<br />

legen. Aber wo soll ich mich da hinlegen? <strong>Das</strong> ist alles eine immaterielle Ebene.<br />

Ich kann nicht die Unterrichtsministerin attackieren, diesen oder jenen… das ist<br />

sehr viel diffuser, das Ganze.<br />

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