14.11.2012 Aufrufe

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Welt, schau und komm nach Berlin-Neukölln. Hier geht’s zu wie im<br />

allerf<strong>eins</strong>ten Hip-Hop-Ghetto in New York. Die Redakteure haben mir das<br />

aus den Händen gerissen.<br />

4. Also keine Sozialmilieustudie über Arbeitslosigkeit, Alkohol …<br />

! Das läuft gar nicht. Arbeitslosigkeit ist das langweiligste Wort <strong>der</strong> Welt.<br />

Arbeitslosigkeit – das ist ein Wort wie „Der Kons<strong>um</strong>ent“ o<strong>der</strong> so was.<br />

Einfach saublöd.<br />

5. Hat sich Neukölln seit dem Jahr 2000 geän<strong>der</strong>t?<br />

! Es ist sauberer, heiterer, Menschenfreundlicher, farbfroher, mehr Geld<br />

ist da, mehr Wohlstand, mehr Zufriedenheit, die Menschen leben ihr selbst<br />

bestimmtes Leben, sind erfüllter und freuen sich, dass es aufwärts geht.<br />

6. Das steht in krassem Wi<strong>der</strong>spruch zu „Zombie Nation“ und Ihrer<br />

These vom totalen Stillstand in Deutschland.<br />

! Ja, das stimmt. Für die Mehrheitsgesellschaft trifft das nicht zu. Aber<br />

Neukölln steht ja nicht für Deutschland, das ist Klein-Istanbul, ein<br />

türkisches Viertel, das nicht zu Berlin gehört. Völlig untypisch. Ganz<br />

an<strong>der</strong>s als im Prenzlauer Berg, wo ich wohne. Diese Mischung aus Ost-<br />

Intelligenz und West-Provinz gibt es nirgendwo sonst. Keine Auslän<strong>der</strong>,<br />

keine Alten. Aber viele Kin<strong>der</strong>, die höchste Geburtenrate in <strong>der</strong> ganzen EU.<br />

Vielleicht wird das in einer Generation mal ein richtig netter Ort. Wenn all<br />

diese Kin<strong>der</strong> mal groß sind.<br />

7. Wo Kin<strong>der</strong> sind, müssen Männer und Frauen ja z<strong>um</strong>indest eine<br />

zeitlang ganz gut miteinan<strong>der</strong> ausgekommen sein. In dem von<br />

Ihnen selbst verfassten Klappentext zu „Zombie Nation“ aber heißt<br />

es: „Was Frauen den Männern antun, ist <strong>der</strong> eigentliche Irakkrieg<br />

unserer Epoche“.<br />

! Kin<strong>der</strong> scheinen <strong>der</strong> letzte gem<strong>eins</strong>ame Nenner zu sein. Trotzdem danke<br />

ich meinem Herrgott, dass ich das nicht mitmachen musste, diese Kriege<br />

<strong>um</strong> die Kin<strong>der</strong>, die meine Brü<strong>der</strong> erlebt haben. Das ist so wie <strong>der</strong><br />

30jährige Krieg, danach bleibt nur noch grenzenloses Grauen. Ich bin seit<br />

1988 verheiratet. <strong>Mein</strong>e Frau gehört zur alten Schule und sagt, in diese<br />

Welt kann man doch keine Kin<strong>der</strong> setzen.<br />

8. In Ihren letzten beiden Büchern ist <strong>der</strong> Ich-Erzähler Johannes<br />

Lohmer auch verheiratet; einmal mit „<strong>der</strong> April“, einmal mit „<strong>der</strong><br />

Barbara“. Erkennt sich Ihre Frau in einer dieser Figuren wie<strong>der</strong>?<br />

! Sie hat beide Bücher nicht gelesen. Vielleicht hat sie mal reingeguckt<br />

und irgendwas gefunden, was ihr nicht gefällt. Und bevor sie dann<br />

schlechte Laune bekommt, liest sie halt nicht weiter.<br />

9. Sind Sie und Ihre Frau lieber in Köln o<strong>der</strong> in Berlin?<br />

! Am liebsten bin ich mit meiner Frau in Berlin. Das ist <strong>der</strong> beste Zustand.<br />

Der zweitbeste ist, alleine in Berlin zu sein. Dann folgt, zusammen mit<br />

meiner Frau in Köln Zeit zu verbringen. Und absolut horrorvoll ist es,<br />

198

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!