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Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

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Deutschland würden von seiner Rechnung abgezogen. Ich<br />

<strong>um</strong>klammerte das Handy, konnte mich nicht konzentrieren. Der<br />

bekiffte Neffe fuhr ungebremst weiter seine Vollgas-Schleifen.<br />

Matussek hatte aufgelegt. Wir erreichten das Getty Anwesen.<br />

Überall hatten sich private Security Typen mit Sturmgewehren in<br />

die Hills eingegraben. Sie hatten ihre Laufgräben und allerlei<br />

Hilfsmittel, z<strong>um</strong> Beispiel Hunde, Kameras, Elektrozäune, Mauern,<br />

aber ich wußte, dass Karolyn mit ihrem mannshohen<br />

Maschinengewehr alle Hin<strong>der</strong>nisse weggeblasen hätte wie im<br />

schlechten James-Bond-Film, wenn sie es gewollt hätte. Ich mußte<br />

Maxim Biller fragen, was er von dem Foto hielt.<br />

Wir gingen hinein. Ein Plastik-Weih<strong>nachts</strong>ba<strong>um</strong> mit blauen Kugeln<br />

und kleinen bläulichen Elektrokerzen stand nahe <strong>der</strong> Eingangstür.<br />

Ein paar Typen in alten T-Shirts und schmutzigen Arbeitshosen,<br />

also so verbeulte Jeans aus dem Bootsschuppen, schlurften<br />

her<strong>um</strong>. Das waren die Gettys. Ich merkte bald, dass sie sich ALLE<br />

auf „arm“ verkleidet hatten. Sie litten ja ihr ganzes Leben lang<br />

darunter, so unverdient reich zu sein. Uncle Scrooge alias<br />

Dagobert Duck alias Paul Getty I hatte die Ölmilliarden gemacht,<br />

und seitdem nahm <strong>der</strong> Geldfluß kein Ende. Bekanntlich hatte <strong>der</strong><br />

Disney Zeichner Carl Barx tatsächlich den geizigen wie schrulligen<br />

Öl-Tycoon als Vorlage für seine Comic-Ente genommen. Diese<br />

Information finde ich wirklich nett, ja großartig, aber die Gettys<br />

werden dabei <strong>eins</strong>ilbig. Ihnen paßt das nicht. H<strong>um</strong>or ist nicht ihre<br />

Sache, sie sind ja auch keine Juden, son<strong>der</strong>n das ziemliche<br />

Gegenteil.<br />

Die Bescherung begann nicht, son<strong>der</strong>n war den ganzen Tag im<br />

Gang. Sie fand schon statt, als wir kamen, und dauerte noch an,<br />

als wir neun Stunden später gingen. Es gab einfach zu viele Kin<strong>der</strong><br />

und zu viele Geschenke. Irgendwie hatte sich das Geld einfach<br />

Bahn gebrochen. Die Dollars waren wohl landesweit in die<br />

Spielzeugabteilungen <strong>der</strong> Kaufhäuser geflossen, und nun hörte <strong>der</strong><br />

Segen partout nicht auf.<br />

Ich fühlte mich lange Zeit durchaus wohl. Aber dann verschwand<br />

Elias, weil er den nächsten Joint brauchte und bei den Gettys nicht<br />

rauchen durfte. Er fuhr mit dem Bentley Arnage R weg. Karolyn<br />

und ich saßen fest. Ich fragte sicherheits<strong>halb</strong>er nach, ob er ihr den<br />

Verlobungsring gegeben hätte. Sie bejahte und warf dabei voller<br />

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