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Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

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Wir fuhren z<strong>um</strong> „Country Store“ im Laurel Canyon, frühstücken.<br />

Dort hatte ich ein Vierteljahrhun<strong>der</strong>t vorher schon mit seiner<br />

Mutter gesessen. Das alte Hippie Restaurant hatte sich nicht<br />

verän<strong>der</strong>t. Auch Stephan T. Ohrt hatte damals, solange er noch<br />

lebte, seinen Kaffee hier getrunken. Er war in die<br />

Zwillingsschwester von Eliass Mutter etwas zu stark verliebt<br />

gewesen – und starb wenig später. Der Mann dieser<br />

Zwillingsschwester hatte auch kein Glück mit ihr. Rasend vor<br />

Eifersucht setzte er sich den goldenen Schuß, fiel ins Koma, wurde<br />

ins Leben zurückgeholt, nur lei<strong>der</strong> praktisch ohne Gehirn. Mit fünf<br />

Prozent übriggebliebener Gehirnmasse mußte er fortan sein Leben<br />

steuern, blind, st<strong>um</strong>m, und bis auf einen Schluckmuskel vollständig<br />

gelähmt. Ein totaler Krüppel. Dagegen war Stephen Hawkins<br />

Tarzan. Nur: Es handelte sich <strong>um</strong> Paul Getty III, den Erben <strong>der</strong><br />

Dynastie. Natürlich schafften sie es, den Mann wie<strong>der</strong> irgendwie<br />

nach oben zu bringen. Eine Geschichte für sich. Ich habe sie oft<br />

erzählen müssen. Bitte nicht noch einmal.<br />

Elias baute sich sehr ruhig und gedankenvoll einen Joint. Dazu<br />

holte er durchsichtige Blättchen hervor und einen Beutel mit Roh-<br />

Haschisch, <strong>der</strong> so gut gefüllt war, dass je<strong>der</strong> Polizist geglaubt<br />

hätte, einen <strong>der</strong> ganz großen Dealer <strong>der</strong> Westküste vor sich zu<br />

haben. Einen <strong>der</strong> Rap Könige. Der Mann hinter Snoop Dogg und<br />

wahre Boß. Mit hot chicks, die auf dem Wagendach tanzten. Bei<br />

dem Wort mußte ich immer an Judith Bröhl denken, die sich<br />

nämlich als solches bezeichnete, als „hot chick, das auf je<strong>der</strong> Liste<br />

steht“. Ihr stehen<strong>der</strong> Ausdruck. Schon mit 16 sei sie das hot chick<br />

gewesen und auf <strong>der</strong> Liste gestanden. Das hotteste event in ihrer<br />

kleinen Stadt – sie stand auf <strong>der</strong> Liste. Denn sie war das hot chick.<br />

Busen raus, Lippen geschürzt, Augen zu und durch. Durch die<br />

Kontrolle. Der obligatorische Schwarze an <strong>der</strong> Tür pfiff kennerhaft<br />

durch die Zähne. Später am Abend dann <strong>der</strong> „richtig gute Sex“. Mit<br />

dem Mann an <strong>der</strong> Tür. O<strong>der</strong> dem DJ. Wenn er hot war, also auch<br />

schwarz.<br />

Solche Geschichten sind eher etwas für jüngere Leute. Es tut mir<br />

leid, dass sie ausgerechnet mir erzählt wurden. Wie gerne würde<br />

ich sie einfach vergessen. Und an diese rührende Frau M<strong>um</strong>in mit<br />

<strong>der</strong> Handtasche denken, denn das war Judith Bröhl in Wirklichkeit,<br />

und in einem an<strong>der</strong>en Leben wäre sie als Trude Herr auf die Welt<br />

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