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Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

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Sophie Dannenberg gar nicht gab; es war ein Pseudonym. Ich und die taz wurden also<br />

von einem Pseudonym verklagt. Während ich dies hier nachträglich schreibe, spüre ich,<br />

wie irgendwelche Anwälte schon wie<strong>der</strong> prüfen, ob man nicht auch diese kleine<br />

Fußnote z<strong>um</strong> Anlaß für großangelegte Prozesse und Schadensersatzklagen machen<br />

kann. Auch die an<strong>der</strong>en Zeitungen berichteten über den Streit zwischen "taz" und<br />

Dannenberg, was mir schon unheimlich war. Noch ein <strong>halb</strong>es Jahr danach<br />

berichtete Hubert Spiegel in <strong>der</strong> FAZ, das Geheimnis <strong>um</strong> Sophie Dannenberg sei nun<br />

gelüftet, es handele sich <strong>um</strong> meine Nichte Hase, und <strong>der</strong> Roman sei von ihr, Nichte<br />

Hase, geschrieben worden. Er belegte diese These mit zahllosen Stellen aus<br />

meinem Buch "Die Jugend von heute". ER wurde nicht mit einer Klage konfrontiert,<br />

soweit ich weiß. Vielleicht hatte die eigene Prozeßwut die Dame inzwischen<br />

zermürbt. Noch heute werde ich manchmal gefragt, ob es Sophie Dannenberg wirklich<br />

gegeben habe. Das Thema macht mich immer etwas unsicher. Denn das Buch, das sie<br />

geschrieben hat, ist wirklich einzigartig und wertvoll.<br />

8. Mit Sarah Wagenknecht im Wahlkampf<br />

Sie ist die einzige namhafte Marxistin Deutschlands und trotzdem noch ein<br />

Twenty-Something. Sie ist die mit weitem Abstand schönste Frau <strong>der</strong><br />

Politik, betören<strong>der</strong> als Benazir Bhutto je war o<strong>der</strong> diese arretierte<br />

Oppositionsführerin in Burma. Andauernd wird sie mit Rosa Luxemburg<br />

verglichen; dabei ist sie viel attraktiver als diese, und mutiger: Rosa<br />

befand sich mit Millionen im gleichen Trend, Sahra steht allein. Wer sonst<br />

möchte heute noch als kompromißloser Stalinist gelten? Selbst Gregor<br />

Gysi drohte, die PDS zu verlassen, sollte <strong>der</strong> eiskalte Engel <strong>der</strong><br />

"Kommunistischen Plattform" weiter im Politbüro <strong>der</strong> Partei sitzen. Das<br />

war vor drei Jahren, und seitdem ist sie bundesweit bekannt. Damals,<br />

1995, wirkte sie noch härter und gnadenloser als heute. Eine<br />

Masochismusphantasie, die man nicht ernstnehmen konnte: in den<br />

Illustrierten das frontale Schwarzweiß-Foto von <strong>der</strong> jungen, viel zu<br />

schönen Frau mit dem streng zurückgekämmten Haar, ein Fahndungsfoto,<br />

dazu immer das Wort: Stalin. Man stellte sich einen Gulag vor,<br />

eingesperrte Skinheads zu Hun<strong>der</strong>ten in Sträflingsanzügen, gefolterte<br />

Deutsche von <strong>der</strong> DVU und den Republikanern, und die<br />

Lagerkommandantin Wagenknecht mit <strong>der</strong> großen Peitsche dazwischen.<br />

Und abends immer Schauprozesse.<br />

Heute sieht sie etwas mil<strong>der</strong> aus. Sie hat sogar geheiratet. Nicht einen<br />

CDU-Banker aus Hollywood, wie zu lesen war, son<strong>der</strong>n einen rheinischen<br />

Luftikus, <strong>der</strong> schon einen Teil seines Lebens in U-Haft verbrachte, aber<br />

immer wie<strong>der</strong> auf die Beine fällt. Zu seiner Jung-Baron Münchhausen Vita<br />

zählt z<strong>um</strong> Beispiel, daß er mit 13 Jahren Altkanzler Helmut Schmidt<br />

interviewte, o<strong>der</strong> daß <strong>der</strong> Verfasungsschutz ihn schon mal für einen RAF-<br />

Terroristen hielt, ihn mitsamt Sahra observierte und heimlich<br />

anschwärzte. Eine ekelhafte Geschichte.<br />

Die schöne Querulantin kandidiert in Dortmund für den Bundestag. Könnte<br />

sie jedem Wähler einen flüchtigen Kuß auf die Lippen setzen, wäre ihr <strong>der</strong><br />

Sieg sicher, z<strong>um</strong>al gegen einen mediokren SPD-Hinterbänkler, <strong>der</strong> den<br />

Wahlkreis seit 28 Jahren hält, ohne daß ihn jemand kennt. Der Mann heißt<br />

"Urbaniak" o<strong>der</strong> so, klingt wie ein sowjetisches Ulkwort, und weil Sahra<br />

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