14.11.2012 Aufrufe

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

14. Gehen wir also zur Rütli-Schule. Aber erwarten Sie nicht zu viel, die<br />

Fernsehsen<strong>der</strong> sind längst wie<strong>der</strong> abgezogen, es geht dort jetzt sehr ruhig<br />

zu.<br />

! Ja, das Fernsehen, da will ich unbedingt rein. Bei meinem letzten Buch<br />

wollten alle Printmedien was mit mir machen, hier ein Interview, da ein<br />

Porträt, dort ein Beitrag. Und hinterher musste ich für alle was schreiben.<br />

Das will ich nicht mehr, ich will jetzt nur noch ins Fernsehen. Ich möchte<br />

es zu einer lieben Gewohnheit machen, dass ich abends nicht vor dem<br />

Fernseher, son<strong>der</strong>n in einer Talkshow sitze. Also mit <strong>der</strong> Nation von <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite her in Kontakt trete. Die ganzen <strong>Auf</strong>tritte koordiniert mein<br />

Lektor.<br />

15. Der auch in Ihrem Roman mitspielt. Wie viele echte Personen passen<br />

eigentlich in einen Roman? Benjamin von Stuckrad-Barre hat mal gesagt,<br />

er versuche 50000 Namen in einem Buch zu platzieren. Denn dann gebe<br />

es auch 50000 Leute, die es kaufen.<br />

! 80 Namen passen auf jeden Fall rein und den meisten Leuten gefällt es<br />

gut, genannt zu werden. Zur realistischen Beschreibung <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

gehören Namen einfach dazu. Stuckrad-Barre hat das auch gemacht, gut<br />

gemacht, und das im wichtigen Bereich Medien. Das war keine<br />

Berufsstrategie. Er hat trotzdem keine Verbündeten gefunden, keine<br />

Bunnys, die es auch so machen. Ist das nicht total ungerecht? Er zeigt uns<br />

allen diese finsteren Medienstrukturen, diesen Medienfaschismus, und am<br />

Ende ist er völlig verbrannt und alle sehen nur seine finsteren Absichten<br />

am Werk.<br />

16. In was für eine Schule sind Sie gegangen?<br />

Zuerst in eine Konfessionsschule in Belgisch-Kongo. Erst als ich 13 war<br />

sind wir nach Hamburg gezogen. Die Grundschule war toll, weil da auch<br />

an<strong>der</strong>e christliche Kin<strong>der</strong> waren, die eine ähnliche Hautfarbe hatten wie<br />

ich. Vorher wäre ich vor Einsamkeit fast gestorben. Es war eine Explosion<br />

von Lebensglück, als ich in die Schule kam.<br />

In Hamburg hingegen war Schule für mich ohne jede Bedeutung. Anfangs<br />

habe ich so einen Fleiß-Flash bekommen, <strong>um</strong> meine pubertären Probleme<br />

zu kompensieren. Später bin ich ka<strong>um</strong> noch hingegangen. Die frühe<br />

Fleißphase hat gereicht, <strong>um</strong> später, als <strong>der</strong> Leistungspegel immer mehr<br />

gegen Null ging, trotzdem das Abitur machen zu können.<br />

17. Ihre literarischen und journalistischen Jugendbeobachtungen kommen<br />

völlig ohne den Bereich Schule aus.<br />

! Ja, das hat mich nach <strong>der</strong> Schulzeit nie wie<strong>der</strong> interessiert. Für einen<br />

jungen Menschen ist Schule doch das Uninteressanteste überhaupt. Allein<br />

diese absurden Fächer: Mathematik, Chemie, Physik, Erdkunde – eines<br />

unwichtiger als das an<strong>der</strong>e, k<strong>eins</strong> davon hat irgendeinen Wert.<br />

18. Wenn man das hört, dann wun<strong>der</strong>t man sich, dass es nicht in je<strong>der</strong><br />

Schule zu Krawall kommt. O<strong>der</strong> zu einer hohen Anzahl an Selbstmorden.<br />

200

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!