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Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

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eine Rebecca Casati kommen fünf unentdeckte Katha Schultes, auf einen<br />

heruntergekommenen Moritz von Uslar zehn neue Stefan Beuses, die sich<br />

NICHT auf Augenhöhe mit MTV-Stars fühlen, und selbst wenn, so<br />

schreiben sie so gut wie Charlotte Roche in NEON.<br />

Ich begrüße daher ganz herzlich die vielen neuen und zu entdeckenden<br />

Nachwuchsstars, die heute hier sind und beson<strong>der</strong>s die sieben, die diese<br />

Nacht lesen.<br />

Mit dem grossen Herrndorf fangen wir an, beziehungsweise nach <strong>der</strong><br />

Ouvertüre meiner Nichte Hase fängt er an. Sarah Hase und ihre Freundin<br />

Mirna werden Gedichte vortragen, Herrndorf aus seinem Roman vorlesen,<br />

den Gerd Haffmans aus Zürich, den ich ebenfalls von hier aus grüße, ins<br />

Deutsche übersetzt hat. Ich grüße Julia Mantel aus Frankfurt, die zwei<br />

Geschichten aus dem For<strong>um</strong> <strong>der</strong> höflichen Paparazzi im Gepäck hat. Julia<br />

war 1998 o<strong>der</strong> so das ‚Gesicht des Jahres’ und schreibt ziemlich genau auf<br />

dem Niveau, das ich persönlich am liebsten lese.<br />

Ich freue mich auf Kristof Schreuf, dem einziger guten Teilnehmer <strong>der</strong><br />

diesjährigen Bachmann-Lesung in Klagenfurt. Es ist nur logisch, das er<br />

den letzten Platz belegte. Ich schätze diesen Autor wirklich<br />

außerordentlich, ebenso die Gruppe Bl<strong>um</strong>feld, <strong>der</strong>en Texte Schreuf<br />

schreibt. Herzlich willkommen auch all die an<strong>der</strong>en, die ich jetzt aus<br />

Zeitgründen nicht mehr erwähne, vor allem aber die Autorinnen Anja<br />

Fröhlich aus Köln am Rhein und Marlin Schwertfeger aus Berlin...<br />

Ich will also z<strong>um</strong> Schluß dieser kleinen Begrüssung kommen. Ich hoffe,<br />

meine Haltung für die zweite Lebenshälfte klargelegt zu haben. Für die<br />

Journalisten, die nicht schnell genug mitschreiben konnten, gibt es dieses<br />

Statement als vierseitige Fotokopie mit auf den Nachhauseweg. Ich heiße<br />

also hiermit und nochmals alle Besucher <strong>der</strong> Letzten Langen Nacht <strong>der</strong><br />

Popliteratur herzlich willkommen. Ich werde nun aus dem Stegreif ein<br />

paar Worte z<strong>um</strong> zeitlichen Ablauf <strong>der</strong> Gesamtveranstaltung sagen…<br />

Fußnote zu<br />

Die letzte lange Nacht <strong>der</strong> Popliteratur<br />

Dieses Kompendi<strong>um</strong> des Popjournalismus ist mehr als ein Buch. So wie je<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

‚Jugend von heute’ und ‚Zombie Nation' gelesen hat, alles über Popliteratur weiss (und<br />

nie mehr und etwas darüber lesen o<strong>der</strong> sagen muß), kann je<strong>der</strong> deutsche Student für<br />

wenig Geld dieses 'Bor<strong>der</strong>line'-Taschenbuch erwerben und sich diesen historischen<br />

Ableger des englischsprachigen NEW JOURNALISM aneignen. Er kann es neben die ‚20<br />

Jahre TEMPO’-Jubilä<strong>um</strong>sausgabe stellen o<strong>der</strong> neben die neuen Hefte von Vanity Fair. Er<br />

ist dann klüger.<br />

Klüger als die, die heute noch schreiben. Vor allem kann er dann selber Artikel verfassen,<br />

wenn das Bafög mal knapp wird. Es ist nämlich ganz einfach, wie ich gesehen habe.<br />

Bekanntlich bin ich selbst erst im hohen Alter Deutschlandreporter geworden. Wie wir in<br />

vorangegangener Rede lesen konnten, schloß ich erst mit <strong>der</strong> Popliteratur ab, nach 32<br />

Romanen für die Schublade, an meinem 45. Geburtstag am 14. April 2003, während<br />

einer t<strong>um</strong>ultuarischen Veranstaltung im 'Kurvenstar' am Hackeschen Markt in Berlin<br />

Mitte. Und danach erst wurde ich Journalist.<br />

Die Veranstaltung hieß "Nie wie<strong>der</strong> 44, nie wie<strong>der</strong> Popautor" und zog die Medien an, das<br />

muß man wirklich sagen. Zwei Dinge hatte es vorher nicht gegeben: Dass Reporter sich<br />

für mich interessierten, und dass ich meine Geschichten Popliteratur nannte. Popliteratur<br />

war ein Schimpfwort und ist es noch. Aber man zieht damit Leute. Und ebenso ist es mit<br />

dem Wort Bor<strong>der</strong>line-Journalismus.<br />

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