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Joachim Lottmann Auf der Borderline nachts um halb eins. Mein ...

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guckten, erschrak ich über – kein Scherz – hun<strong>der</strong>t Programme, die<br />

alle das gleiche zeigten. Wetterberichte, Kochsendungen,<br />

unterirdisch schlechte fünftklassige Soaps, Autowerbung mit<br />

überdrehten Stimmen.<br />

Ich hatte mein Thema gefunden und nervte die verbliebenen<br />

Gastgeber damit. Irgendwann riß Balthazar Getty <strong>der</strong><br />

Geduldsfaden.<br />

„Where is Sevi?“ fragte er.<br />

„Oh, he is sleeping near the tannenba<strong>um</strong>, I guess.“<br />

Dem Mann schoß <strong>der</strong> Zorn ins Gesicht. Er stapfte unverhohlen<br />

wütend ins an<strong>der</strong>e Zimmer und schüttelte den schlafenden Jungen.<br />

Wir flogen hochkantig raus. Peinlich, aber wahr.<br />

Wie<strong>der</strong> in unserem Gäste-Domizil, setzte ich durch, dass endlich<br />

Judith Bröhl angerufen wurde. Ich erwartete, dass Karolyn endlich<br />

Sevi entjungferte, und dazu war es notwendig o<strong>der</strong> dienlich, dass<br />

ich selbst nicht störte, son<strong>der</strong>n in ähnlicher Weise beschäftigt war.<br />

Außerdem wollte ich endlich wie<strong>der</strong> reden, wie mir <strong>der</strong> Schnabel<br />

gewachsen war. Und nicht mehr alleine sein <strong>nachts</strong>. Und<br />

überhaupt. Schluß mit dem Getty Spuk! Nicht mehr diesen<br />

Haschischgeruch in <strong>der</strong> Nase haben!<br />

Ich sprach mit Judith. Aber sie war bei ihrem Ex-Liebhaber wie<strong>der</strong><br />

eingezogen, und die neue Geliebte war irgendwie nicht mehr so<br />

richtig aktuell, und <strong>der</strong> Geliebte sei so total fix und fertig, er wolle<br />

sich jetzt än<strong>der</strong>n, und er habe gerade eine Überdosis Kokain<br />

genommen und Judith müsse auf ihn aufpassen, er sei ja auch<br />

schon über 50 und habe es mit dem Herzen...<br />

„Dann reden wir morgen weiter.“ Ich legte auf.<br />

Das waren ja schöne Nachrichten. Aber z<strong>um</strong> Glück war ich so<br />

erschöpft von <strong>der</strong> Endlos-Bescherung, daß ich keine Mühe hatte,<br />

einfach den Tag zu beenden und mich nicht mehr zu ärgern. Elias<br />

baute noch einen Joint, aber das wartete ich gar nicht mehr ab.<br />

Karolyn warf mir wie<strong>der</strong> diesen viel zu langsamen Handkuß zu, ich<br />

zwinkerte ihr verschwörerisch zu („tu es!“), und das war es dann.<br />

„Schönen Beischlaf noch!“ wollte ich sagen, vermied es aber. Ich<br />

kann manchmal so richtig verantwortungsvoll sein...<br />

So kam <strong>der</strong> 26. Dezember des Jahres 2006. Es war <strong>der</strong> Tag, an<br />

dem endlich Judith zu mir stieß – und natürlich blieb. Wenigstens<br />

dieser Teil des Reisezieles wurde erreicht. Aber wie! Wir mußten<br />

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