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Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität ... - Evers und Jung

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Die Hauptschwachpunkte sind gut dokumentiert: 3<br />

Unzureichende Erfassung der fin<strong>an</strong>ziellen Situation <strong>und</strong> der Ziele,<br />

m<strong>an</strong>gelnde Individualität der Beratung,<br />

keine Integration von bestehenden Produkten <strong>und</strong><br />

m<strong>an</strong>gelnde Konkretisierung von Empfehlungen, auch aufgr<strong>und</strong> möglicher<br />

Beraterhaftung.<br />

Hinzu zählen könnte m<strong>an</strong> eine hohe Personalfluktuation im Vertrieb, die auch eine<br />

Erklärung dafür wäre, warum im Eing<strong>an</strong>gsbeispiel der Kontakt zum Berater abriss.<br />

Innerhalb solcher Rahmenbedingungen ist eine individuelle <strong>und</strong> qualitativ akzeptable<br />

Beratung nicht sichergestellt. Es ist die Frage, ob dies als tr<strong>an</strong>saktionales Marktversagen<br />

betrachtet werden k<strong>an</strong>n, d.h. dass entweder die K<strong>und</strong>en nicht bereit sind,<br />

Informationskosten zu tragen, um sich ausreichend über das Angebot von<br />

Fin<strong>an</strong>zdienstleistern zu informieren, oder dass die Fin<strong>an</strong>zdienstleister ihren K<strong>und</strong>en<br />

gezielt Informationen vorenthalten. Möglicherweise ist es auch eine Kombination aus<br />

beidem, denn ein eigenver<strong>an</strong>twortliches H<strong>an</strong>deln der Konsumenten setzt einen Reife<strong>und</strong><br />

Wissensgrad voraus, der den Vertriebsinteressen des Anbieters zuwider laufen k<strong>an</strong>n<br />

<strong>und</strong> in diesem Fall Gefahr läuft untergraben zu werden. 4<br />

Die Vermögensschäden aufgr<strong>und</strong> mängelbehafteter Fin<strong>an</strong>zberatung werden auf jährlich<br />

20-30 Mrd. Euro geschätzt. 5 Allein für ihren Versicherungsschutz geben die deutschen<br />

Verbraucher geschätzt 20 Mrd. Euro zu viel aus <strong>und</strong> versichern dennoch tendenziell das<br />

Falsche. Jeder private Haushalt könnte durchschnittlich 400 Euro pro Jahr sparen 6 , wenn<br />

er sich auf die existenziellen Risiken mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit konzentrierte<br />

<strong>und</strong> jeweils die leistungsstärksten Versicherer wählte. In der Praxis werden jedoch eher<br />

Kleinrisiken mit höherer Wahrscheinlichkeit abgesichert, offenbar weil sie als greifbarer<br />

erscheinen, <strong>und</strong> die Anbieterauswahl wird selten optimiert.<br />

Die absolute Höhe solcher Vermögensschäden ist für die vorliegende Arbeit weniger<br />

relev<strong>an</strong>t als ihre Struktur <strong>und</strong> die Folgen. Legt m<strong>an</strong> gängige Zielgruppensegmentierungen<br />

aus dem Vertrieb zu Gr<strong>und</strong>e, ist eine negative Korrelation mit Vermögens- <strong>und</strong><br />

Einkommenshöhe zu vermuten: Je weniger Geld vorh<strong>an</strong>den ist, um so höher die<br />

proportionalen Vermögensverluste durch schlechte Beratung. Diese Verteilung ist<br />

ordnungspolitisch problematisch <strong>und</strong> führt zu Kosten im Sozialsystem: Schlecht beratene<br />

Niedrigverdiener enden im Ruhest<strong>an</strong>d oder bei Arbeitslosigkeit eher in der Sozialhilfe als<br />

schlecht beratene Verbraucher aus fin<strong>an</strong>ziell stärkeren Schichten. 7<br />

Spätestens mit dieser Erkenntnis ist eine m<strong>an</strong>gelhafte Fin<strong>an</strong>zberatung bzw.<br />

Fin<strong>an</strong>zvermittlung ein Thema für die Allgemeinheit.<br />

3<br />

Vgl. Hochberger, 2003, S. 142, <strong>Evers</strong>/Habschick in <strong>Evers</strong>/Krüger/Reifner, 2000, S. 63ff., „Der große Riester-Renten-Test“, in:<br />

stern vom 23. Mai 2002.<br />

4<br />

Vgl. hierzu Reiff, 2004, S. 142ff.: „Sicher trifft dieser Vorwurf nicht den gesamten Berufsst<strong>an</strong>d. Aber es h<strong>an</strong>delt sich auch nicht<br />

um einige wenige sprichwörtliche Schwarze Schafe, sondern um ein echtes Massenphänomen.“<br />

5<br />

Vgl. Westendorf, 2005, Pressemitteilung Universität Witten/Herdecke vom 18.11.2005.<br />

6<br />

Vgl. BVVB, 2008, Pressemitteilung vom 19.2.2008.<br />

7<br />

Insbesondere aus Großbrit<strong>an</strong>nien gibt es hierzu empirische Erkenntnisse, vgl. FSA, 2000, Annual Report 2000/2001, S. 45.<br />

© <strong>Evers</strong> & <strong>Jung</strong> 2005 <strong>Anforderungen</strong> für Fin<strong>an</strong>zvermittler – <strong>mehr</strong> Qualität, bessere Entscheidungen Seite 12

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