08.06.2015 Aufrufe

Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität ... - Evers und Jung

Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität ... - Evers und Jung

Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität ... - Evers und Jung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

werbende <strong>und</strong> <strong>an</strong>preisende Charakter der Aussagen im Vordergr<strong>und</strong> steht. Der zwischen<br />

dem Interessenten <strong>und</strong> dem Anlagevermittler zu St<strong>an</strong>de kommende Vertrag zielt lediglich<br />

auf Auskunftserteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler jedoch ebenfalls zu richtiger <strong>und</strong><br />

vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den<br />

Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind (BGH, NJW 1982, 1095). Dazu bedarf<br />

es vor allem der Information hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Anlage <strong>und</strong> der Bonität<br />

des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angabe hierüber k<strong>an</strong>n keine sachgerechte<br />

Anlageentscheidung getroffen werden (BGH, NJW-RR 1993, 1114). Liegen dem<br />

Vermittler objektive Daten hierzu nicht vor, so muss er dies dem Interessenten offen<br />

legen <strong>und</strong> deutlich auf seine unzureichenden Kenntnisse hinweisen“ 61 .<br />

Die konkrete Abgrenzung zwischen Anlageberater <strong>und</strong> Anlagevermittler ist allerdings im<br />

Einzelfall so schwierig, dass bezweifelt werden k<strong>an</strong>n, ob diese Differenzierung für eine<br />

Bestimmung des Pflichtenprogrammes von Fin<strong>an</strong>zvermittlern überhaupt taugt. Der BGH<br />

etwa hat in einer seiner Leitentscheidungen hierzu ausgeführt, dass Umf<strong>an</strong>g <strong>und</strong><br />

Intensität der Informationspflicht auch des Fin<strong>an</strong>zvertreters von den jeweiligen<br />

Umständen des Einzelfalles abhängen. Insbesondere muss die Gesamtsituation<br />

einbezogen werden <strong>und</strong> dabei auch auf die Geschäftserfahrung <strong>und</strong> den konkreten<br />

Kenntnisst<strong>an</strong>d des Anlageinteressenten abgestellt werden 62 . Auch der „bloße“<br />

Fin<strong>an</strong>zvertreter (Anlagevermittler) k<strong>an</strong>n entsprechend zu einer diesbezüglich<br />

<strong>an</strong>legergerechten Beratung verpflichtet sein.<br />

Im Hinblick auf „geschlossenen Fonds“ umfassen nach neuerer Rechtsprechung des<br />

BGH die zivilrechtlichen Beratungspflichten auch die Tatsache, dass die Fonds<strong>an</strong>teile<br />

wegen des fehlenden ausgereiften Kapitalmarktes nur schwer oder gar nicht zu h<strong>an</strong>deln<br />

sind <strong>und</strong> dass m<strong>an</strong> deswegen auf das l<strong>an</strong>gfristig <strong>an</strong>gelegte Geld nicht vorher zugreifen<br />

k<strong>an</strong>n 63 .<br />

Ähnliche Rechtsgr<strong>und</strong>sätze gelten bei Versicherungen, wenn auch die Rechtsprechung<br />

neben Aufklärungspflichtverletzungen die Haftung aus m<strong>an</strong>gelhafter Beratung eher als<br />

Ausnahme bei In<strong>an</strong>spruchnahme eines „besonderen Vertrauens“ <strong>an</strong>sieht 64 .<br />

Demgegenüber ist die Rechtsprechung sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, eine<br />

Beratungspflicht von B<strong>an</strong>ken gegenüber ihren K<strong>und</strong>en bei der Kreditvergabe<br />

<strong>an</strong>zunehmen. Das kommt allenfalls d<strong>an</strong>n in Betracht, wenn nicht nur ein Kredit vergeben,<br />

sondern auch über die möglichen Fin<strong>an</strong>zierungsformen ausdrücklich beraten wird <strong>und</strong><br />

dem Kreditnehmer unnötig sehr komplizierte <strong>und</strong> teure Kombinationskredite empfohlen<br />

werden, die der Lage des K<strong>und</strong>en nicht gerecht werden 65 .<br />

61<br />

OLG Saarbrücken, NJOZ 2006, 3405, vgl. auch OLG Fr<strong>an</strong>kfurt WM 2007, 1212 ff<br />

62<br />

BGH NJW-RR 1993, 1114 f.<br />

63<br />

BGH NJW RR 2007, 621 f.<br />

64<br />

Überblick vgl. Tiffe, 2006, 294 f., 322 f.<br />

65<br />

Einen für diese Haftung erforderlichen Fin<strong>an</strong>zierungsberatungsvertrag nimmt die Rechtsprechung schon d<strong>an</strong>n <strong>an</strong>, wenn z.B.<br />

ein Unternehmer eine Kredit<strong>an</strong>frage stellt <strong>und</strong> über die Fin<strong>an</strong>zierung verh<strong>an</strong>delt wird. Die B<strong>an</strong>k muss hier, wie es das OLG<br />

Stuttgart in seinem Urteil vom 05.04.2000 (9 U 203/99) hervorgehoben hat, „alle aufgr<strong>und</strong> der ihr bek<strong>an</strong>nten Tatsachen in<br />

Betracht kommenden Fin<strong>an</strong>zierungsmodelle vorstellen <strong>und</strong> dem K<strong>und</strong>en – auf dessen Bedürfnisse, Situationen <strong>und</strong><br />

Kenntnisse zugeschnitten – deren Vor- <strong>und</strong> Nachteile umfassend, richtig <strong>und</strong> verständlich erläutern, sowie auf etwaige<br />

Bedenken aufmerksam machen“ (zitiert nach Reifner/Größl/Krüger, 2003, S. 156).<br />

© <strong>Evers</strong> & <strong>Jung</strong> 2005 <strong>Anforderungen</strong> für Fin<strong>an</strong>zvermittler – <strong>mehr</strong> Qualität, bessere Entscheidungen Seite 48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!