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Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität ... - Evers und Jung

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F.1.12<br />

Produktorientierte Auslegung der Dokumentation<br />

2008 sind im Zuge der VVG-Novelle umf<strong>an</strong>greiche Dokumentationspflichten in Kraft<br />

getreten. Sie sollen das Beratungsgespräch abbilden <strong>und</strong> verpflichten die Produktgeber<br />

auch zur Ausgabe kurzer Produktinformationsblätter mit St<strong>an</strong>dardinformationen.<br />

Es zeigt sich schon jetzt, wie schwer es ist, auf diesem Wege Beratungsqualität zu<br />

erzeugen. Nicht nur besteht ein Sp<strong>an</strong>nungsfeld zur konkreten Arbeitsweise des<br />

Vermittlers, die m<strong>an</strong> „vom grünen Tisch aus“ nicht zu stark eingrenzen möchte. Es wird<br />

auch deutlich, dass <strong>mehr</strong> Information nicht automatisch zu <strong>mehr</strong> Beratungsqualität führt,<br />

möglicherweise nicht einmal zu <strong>mehr</strong> Tr<strong>an</strong>sparenz. Umstritten ist auch, welche<br />

Beratungstiefe Verbraucher wirklich erwarten. Nach Umfragen unter Vermittlern haben in<br />

der Praxis viele Verbraucher gar nicht das Bedürfnis, sich intensiv mit Details der<br />

Produktlösungen ausein<strong>an</strong>derzusetzen. 107<br />

Es ist bisl<strong>an</strong>g nicht geklärt, was als ordnungsgemäße Dokumentation verst<strong>an</strong>den werden<br />

soll. Die EU-VersVermR wie auch deren deutsche Umsetzung geben lediglich vor, dass<br />

dokumentiert werden soll, aber nicht das Wie <strong>und</strong> das Was. Insbesondere muss der<br />

Gesamtbedarf des K<strong>und</strong>en nicht erhoben werden. In der Folge wird nun sehr<br />

unterschiedlich <strong>und</strong> fast immer auf ein konkretes Produkt bezogen dokumentiert. Es hat<br />

sich hierzu noch kein St<strong>an</strong>dard herausbilden können.<br />

In der Praxis wird auf Formularen von 1-2 Seiten h<strong>an</strong>dschriftlich der vom Verbraucher<br />

geäußerte Bedarf festgehalten, der Vermittler k<strong>an</strong>n dazu Anmerkungen notieren, soll v.a.<br />

aber seine Produktempfehlung festhalten, möglichst auch mit Erläuterungen <strong>und</strong><br />

Einwänden des K<strong>und</strong>en. Die Dokumentation wird durch den Verbraucher unterschrieben.<br />

Wie verwertbar solche Protokolle im Streitfalle sein werden, lässt sich <strong>an</strong> dieser Stelle<br />

nicht beurteilen. Sichtbar wird jedoch, dass nicht automatisch eine Risiko<strong>an</strong>alyse erfolgt<br />

<strong>und</strong> auch nicht automatisch alternative H<strong>an</strong>dlungsoptionen dokumentiert werden.<br />

Um die h<strong>an</strong>dschriftlichen Aufzeichnungen zu ergänzen <strong>und</strong> eine schl<strong>an</strong>ke, rechtssichere<br />

Haftungsabsicherung zu gewährleisten, werden die Dokumentationspflichten auch in der<br />

Vertriebsunterstützungssoftware abgebildet. Zusätzlich zu üblichen<br />

Verwaltungsprogrammen wird damit auch die Dokumentationssoftware zum<br />

St<strong>an</strong>dardwerkzeug für die Vermittler. Anbieter entsprechender Lösungen verzeichnen<br />

bereits einen höheren Bedarf für ihre Produkte, allerdings auch mit der Anforderung,<br />

Tr<strong>an</strong>sparenz <strong>und</strong> Anbietervergleiche gezielt begrenzen zu können. Neben den<br />

Implementierungskosten wird auch erhöhter Aufw<strong>an</strong>d durch Mehrfacherfassung<br />

erwartet. 108 Auszuschließen ist dabei nicht, dass ursprünglich nicht dokumentierte<br />

Beratungsverläufe gezielt „nachgepflegt“ werden, um Haftungs<strong>an</strong>sprüche von<br />

Verbrauchern abzuwehren. Mehrere Experten äußerten sich besorgt, dass eine<br />

Dokumentation für gute Vermittler lediglich <strong>mehr</strong> Bürokratie, für die „schwarzen Schafe“<br />

hingegen eine Einladung zur Haftungsabwehr durch Missbrauch darstellt.<br />

Die BaFin als zentrale Aufsicht spielt keine tragende Rolle in dem Prozess. Vieles wurde<br />

jedoch seit 2004 im Arbeitskreis „EU-Vermittlerrichtlinie - Dokumentation“ geklärt, in dem<br />

<strong>mehr</strong>ere Berufsverbände versuchen, die neuen <strong>Anforderungen</strong> für die Praxis des<br />

Maklergeschäfts umzusetzen.<br />

107<br />

Vgl. „Was Makler unter Tr<strong>an</strong>sparenz verstehen“, Versicherungsjournal vom 29.10.2007.<br />

108<br />

Vgl. „Die Wirren der Informations- <strong>und</strong> Dokum<strong>an</strong>tationspflichetn“ von Elke Pohl, Portfolio International, 7/ 2007, S. 19.<br />

© <strong>Evers</strong> & <strong>Jung</strong> 2005 <strong>Anforderungen</strong> für Fin<strong>an</strong>zvermittler – <strong>mehr</strong> Qualität, bessere Entscheidungen Seite 83

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