Anforderungen an Finanzvermittler â mehr Qualität ... - Evers und Jung
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Dem heterogenen Bild auf der Vermittlerseite steht ein Zust<strong>an</strong>d auf Verbraucherseite<br />
gegenüber, der ein produktives Mitein<strong>an</strong>der auf hinreichendem qualitativen Niveau weiter<br />
erschwert. In aller Regel kommen Verbraucher nur wenig strukturiert <strong>und</strong> mit einem<br />
Bedarf in die Beratung, den sie schwer erkennen <strong>und</strong> noch schwerer ausformulieren<br />
können. Nur eine Minderheit ist in der Lage kompetent aufzutreten, wobei für einen Teil<br />
dieser Klientel noch zu prüfen wäre, ob sie sich letztlich nur auf Konditionenebene <strong>und</strong> in<br />
Einzelaspekten k<strong>und</strong>ig verhält, den Gesamtzusammenh<strong>an</strong>g ihrer Fin<strong>an</strong>zen aber nicht<br />
durchschaut. Der Nutzen einer fin<strong>an</strong>ziellen Entscheidung ist durch die meisten<br />
Verbraucher jedenfalls kaum zu erfassen oder gar zu bewerten. Es herrscht der Wunsch<br />
vor, dem Berater die Entscheidung zu überlassen.<br />
Durch diese belastete Ausg<strong>an</strong>gskonstellation sind Fehlleistungen eher die Regel als die<br />
Ausnahme. Dass Fehlberatung (<strong>an</strong>ders als beim Auto o.ä.) l<strong>an</strong>ge Zeit oder gar nicht<br />
auffällt, ist eines der Hauptprobleme der Fin<strong>an</strong>zvermittlung. Dadurch kommt es zu wenig<br />
Rückkopplungen <strong>an</strong> das Angebot, die Marktallokation ist suboptimal.<br />
Im Detail stellt sich den Autoren dieser Studie die deutsche Situation Mitte 2008<br />
folgendermaßen dar:<br />
1. Systematische Schwächen <strong>und</strong> Fehlallokationen<br />
Angesichts der Komplexität m<strong>an</strong>cher Fin<strong>an</strong>zentscheidungen (Altersvorsorge,<br />
Baufin<strong>an</strong>zierung, Kr<strong>an</strong>kenversicherung) benötigt eine qualitativ gute <strong>und</strong><br />
verbrauchergerechte Beratung Marktbedingungen, die in Deutschl<strong>an</strong>d nicht gegeben<br />
sind. Hohe Stornoquoten im Altersvorsorge- <strong>und</strong> Versicherungsbereich können als<br />
partielles Marktversagen interpretiert werden. Auch die teilweise zweifelhaften Zustände<br />
bei geschlossenen Fonds <strong>und</strong> am grauen Kapitalmarkt insgesamt erzeugen<br />
unerwünschte Marktergebnisse.<br />
2. M<strong>an</strong>gelhafte Fin<strong>an</strong>zielle Allgemeinbildung<br />
Das Konsumverhalten bezüglich Fin<strong>an</strong>zdienstleistungen wird wesentlich durch die<br />
fin<strong>an</strong>zielle Allgemeinbildung der Nachfrager bestimmt. Laut zahlreicher Studien weist die<br />
fin<strong>an</strong>zielle Allgemeinbildung der deutschen Bevölkerung schichten- <strong>und</strong><br />
einkommensübergreifend Lücken auf. Die veränderten Erfordernisse aus der<br />
Sozialversicherung <strong>und</strong> den modernen Fin<strong>an</strong>zmärkten werden zwar empf<strong>und</strong>en, es fehlt<br />
aber am H<strong>an</strong>dwerkszeug, Dinge selbst zu regeln, die eine Generation zuvor noch<br />
kollektiv geregelt wurden. Diese Überforderung führt häufig zu einem<br />
Aufschiebeverhalten, welches aufgr<strong>und</strong> des l<strong>an</strong>gfristig <strong>an</strong>gelegten Charakters von<br />
Vorsorgemaßnahmen die Vorsorge- <strong>und</strong> die allgemeine Vermögenssituation verschärft.<br />
Der typische Nachfrager im Fin<strong>an</strong>zvermittlungsmarkt ist somit weitenteils nicht in der<br />
Lage, sein Gegenüber einzuordnen oder auch Qualität einzufordern <strong>und</strong> so<br />
marktbereinigend zu wirken. Letzteres geschieht höchstens noch durch jenen Teil der<br />
Verbraucher, der sich sehr konditionenorientiert verhält <strong>und</strong> selbstbewusst gegenüber<br />
den Anbietern auftritt. Diese Klientel nutzt typischerweise Online-Vergleiche sowie<br />
Medien wie Fin<strong>an</strong>ztest u.ä. <strong>und</strong> wählt d<strong>an</strong>n Direktb<strong>an</strong>ken oder –versicherer, teilweise<br />
ohne überhaupt eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Bei dieser aktiven Klientel wäre<br />
zu untersuchen, ob die privaten Fin<strong>an</strong>zen systematisch besser strukturiert sind, oder ob<br />
© <strong>Evers</strong> & <strong>Jung</strong> 2005 <strong>Anforderungen</strong> für Fin<strong>an</strong>zvermittler – <strong>mehr</strong> Qualität, bessere Entscheidungen Seite 125