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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 129 – Drucksache 14/9852schnell wie möglich auf einheitliche anspruchsvolleAnforderungen an Ausgleich <strong>und</strong> Ersatz einigen (vgl.BVerwGE 85, S. 348; BVerwGE 112, S. 41).324. Mit den einheitlichen Anforderungen an Ausgleich<strong>und</strong> Ersatz sollte unmissverständlich klargestelltwerden, dass zumin<strong>des</strong>t bei der Beeinträchtigung knapper<strong>und</strong> bedeutsamer Leistungen <strong>des</strong> Naturhaushaltes engam funktionalen <strong>und</strong> örtlichen Zusammenhang festgehaltenwerden muss. <strong>Für</strong> den Ersatz sollte min<strong>des</strong>tensverlangt werden, dass die Kompensation noch auf denbetroffenen Naturraum einschließlich s<strong>eine</strong>s Naturhaushalteszurückwirkt <strong>und</strong> auch der dort wohnenden Bevölkerungzugute kommt. Die von der Beeinträchtigung betroffenenBewohner sollten auch von der Kompensationprofitieren (zum zeitlichen Bezug zwischen Ausgleich<strong>und</strong> betroffener Bevölkerung vgl. VG Karlsruhe,NuR 1990, S. 332).325. Nach Auffassung <strong>des</strong> Umweltrates dürfen die Bestrebungenzur Flexibilisierung der Eingriffsregelungnicht zu <strong>eine</strong>r Aufweichung der b<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> lan<strong>des</strong>rechtlichenAnforderungen an Ausgleich <strong>und</strong> Ersatz führen.Das B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz bietet nach wie vor ausreichendSpielraum für <strong>eine</strong> flexible Handhabung der Eingriffsregelungim Rahmen <strong>des</strong>sen, was naturschutzfachlichsinnvoll ist. Eine Flexibilisierung darf demgegenübernicht Ersatzmaßnahmen Vorschub leisten, die sich völligvon der Kompensation der verlorengegangenen Funktionen<strong>und</strong> Werte entfernen. Die dahin gehend unzureichendePraxis sollte nicht nachträglich noch legitimiert werden.Vielmehr sollte durch klare <strong>und</strong> möglichst einheitlicheVorgaben im B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz <strong>und</strong> den Ländernaturschutzgesetzen<strong>eine</strong>r auf gleichwertige Kompensationbedachten Verwaltungspraxis auch <strong>eine</strong> ausreichende„Verhandlungsmacht“ bei der Festsetzung von Ausgleichs-<strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen verschafft werden. Dessenungeachtet können <strong>und</strong> sollten die Möglichkeiten für<strong>eine</strong> transparente, einfache <strong>und</strong> breit akzeptierte Anwendungder Eingriffsregelung im Verwaltungsvollzug sowohlauf kommunaler Ebene als auch in Vereinbarungenzwischen verschiedenen Fachverwaltungen <strong>und</strong> der Naturschutzverwaltungbreit ausgeschöpft werden (s. dazuvon HAAREN et al., 1999).Defizite bei der Abwägung326. Ein Hauptgr<strong>und</strong> für die mangelhafte Entfaltung derSteuerungskraft der Eingriffsregelung liegt darin, dassNaturschutzbelange in der Abwägung anderen Belangensehr häufig unterliegen. Dies ist nicht zuletzt daraufzurückzuführen, dass die jeweilige Zulassungsbehördeauch die Eingriffsregelung anzuwenden hat, wobei dieseBehörde sich mit der Naturschutzbehörde in den allermeistenB<strong>und</strong>esländern lediglich ins Benehmen zu setzenhat. Diese Regelung ist ersichtlich dem Bestreben geschuldet,den investitionsgeneigteren ZulassungsbehördenVorfahrt vor naturschutzfachlichen Ansprüchen <strong>und</strong>Einwänden der Naturschutzbehörden einzuräumen <strong>und</strong>die Eingriffsregelung auf diese Weise auf der Verfahrensseitewieder ein Stück weit zu entkräften. Demgegenübersollte auch für die Eingriffsregelung gelten, dass der Gesetzesvollzugbei der für die jeweilige Gesetzesmateriefachlich zuständigen <strong>und</strong> qualifizierten Behörde liegenmuss. Zumin<strong>des</strong>t sollte ein Einvernehmen mit der Naturschutzbehördeüber die Anwendung der Eingriffsregelungvorausgesetzt werden.Weiterhin besteht derzeit kaum <strong>eine</strong> Pflicht für die Verursachervon Eingriffen, die Notwendigkeit <strong>und</strong> Alternativlosigkeitihres Vorhabens nachzuweisen. Bei der Vermeidbarkeitsprüfungnach § 19 Abs. 1 BNatSchG n. F.werden nach herkömmlicher Rechtspraxis lediglich diejenigenVermeidungsoptionen erwogen, die sich durch Modifikationender Ausführung <strong>und</strong> Gestaltung <strong>des</strong> Vorhabenserreichen lassen. Wenigstens bei schwer wiegendenEingriffen sollten aber auch Standortalternativen berücksichtigtwerden, wie dies bei der Vermeidbarkeitsprüfungfür beeinträchtigende Vorhaben in FFH-Schutzgebietendurch § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG n. F. ausdrücklich angeordnetwurde.Im Übrigen beruht die Abwägungsschwäche <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>auch im Bereich der Eingriffsregelung auf denallgem<strong>eine</strong>n in Kapitel 4.2 bereits näher dargelegtenGründen. Dass die Rechtsprechung bei der Eingriffsregelungmitunter <strong>eine</strong> „herausgehobene Bedeutung“ der Umweltbelangeannimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar1997 – 4 NB 27.96, NuR 1997, S. 543 ff.), ist imkonkreten Abwägungsfall nur bedingt hilfreich. In derPraxis der Eingriffsregelung kommen die Behörden fastnie zu dem Ergebnis, dass ein Eingriff aufgr<strong>und</strong> der überwiegendenBelange von Natur <strong>und</strong> Landschaft nicht genehmigtwerden kann. Ablehnungen gibt es in der Regelnur, wenn gesetzlich geschützte Flächen beeinträchtigtwürden. Wie für die gesamtplanerische Abwägung gilt<strong>des</strong>halb auch für die Abwägung im Rahmen der Eingriffsregelung,dass die Naturschutzbelange gegenüberden Interessen <strong>des</strong> Vorhabenträgers dringend durch prozeduraleVorkehrungen gestärkt werden müssen. Dazugehört neben <strong>eine</strong>r naturschutzspezifischen Begründungspflichtauch <strong>eine</strong> geeignete Rechtsschutzmöglichkeitfür Bürger <strong>und</strong> Verbände (im Einzelnen dazu Kapitel4.2). Außerdem sollten auch für die EingriffsregelungAbwägungsleitlinien mit einheitlichen, allgemein konsentiertenPrioritätenlisten erarbeitet werden (so schon fürdie Planung Tz. 138 ff.).Zentrale Bedeutung hat natürlich auch die ausreichendeDarstellung der Belange <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> als Voraussetzung<strong>eine</strong>r sachgerechten Abwägung. Diese Darstellungwird allerdings zusätzlich dadurch erschwert, dass immernoch unklar ist, welche Unterlagen bzw. Ermittlungen vondem Vorhabenträger entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satzverlangt werden können, ob <strong>und</strong> inwieweitz. B. vegetationsk<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> tierökologische Untersuchungenvor Ort durchzuführen sind (GRUEHN <strong>und</strong>KENNEWEG, 1997, S. 7 ff.; vgl. auch BREUER, 2000,S. 117). Nach <strong>eine</strong>m Beschluss <strong>des</strong> B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts(BVerwG vom 21. Februar 1997 – 4 B 177.96,NuR 1997, S. 353 f.) reicht es aus, auf bestimmte Indikationsgruppenabzustellen. Welche dabei jeweils zu berücksichtigensind, muss fachlich entschieden werden.

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