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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 141 – Drucksache 14/98525.2.7.5 Durchsetzung der gutenfachlichen Praxis354. Gesetzliche Verpflichtungen zur Beachtung derguten fachlichen Praxis sollten normalerweise als Bestandteiltradierter Berufskultur oder auf der Gr<strong>und</strong>lagevon Information durch Ausbildung, Medien, Berufsverbände<strong>und</strong> Behörden eingehalten werden. Um sicherzustellen,dass die gesetzlichen Verpflichtungen ernstgenommen werden, sind aber auch Durchsetzungsinstrumenteerforderlich, die im Bedarfsfall eingesetzt werdenkönnen. Im Prinzip kommen hier mehrere Möglichkeitenin Betracht.Strafrechtliche Sanktionierung355. Verstöße gegen Regeln der guten fachlichen Praxiskönnen strafbar sein. So kann beispielsweise <strong>eine</strong> gesetzeswidrigeAusbringung oder Entsorgung von Gülle oderPflanzenschutzmitteln die Straftatbestände der GewässeroderBodenverunreinigung erfüllen (§§ 324, 324a StGB).Strafrechtliche Sanktionierung bedeutet <strong>eine</strong>n weit reichendenEingriff, den das Rechtssystem aus Gründen derVerhältnismäßigkeit nur in besonders gravierenden Fällenzulässt. Aus guten Gründen ist daher nicht jeder Verstoßgegen die Regeln der guten fachlichen Praxis strafbewehrt.Das Strafrecht unterliegt außerdem besonders hohenverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen(Artikel 103 Abs. 2 GG). Strafrechtliche Sanktionierungenscheiden daher aus, wo die Rechtspflichten, um derenSanktionierung es geht, nicht klar bestimmt sind, wie diesim Falle der guten fachlichen Praxis der Landwirtschaftaus Naturschutzsicht überwiegend der Fall ist.Bußgeld356. Soweit Verstöße gegen die Regeln der guten fachlichenPraxis im jeweiligen Fachgesetz als Ordnungswidrigkeitenqualifiziert sind, können sie von den jeweilszuständigen Behörden nach den Regeln <strong>des</strong> Ordnungswidrigkeitengesetzes(OWiG) mit <strong>eine</strong>m Bußgeld belegtwerden. Die Verhängung von Bußgeldern ist für Behördenin der Regel einfacher zu handhaben als die Durchsetzungim Wege der Ordnungsverfügung mit anschließenderVerwaltungsvollstreckung (dazu Tz. 357).Schwierigkeiten kann dabei allerdings im Einzelfall diebei Ordnungswidrigkeiten erforderliche Feststellung <strong>des</strong>Verschuldens (§§ 1 Abs. 1, 10 OWiG) bereiten.Allerdings ist die gute fachliche Praxis nach geltendemRecht nicht durchgängig bußgeldbewehrt. Dies beruht unteranderem darauf, dass aus rechtsstaatlichen Gründenauch <strong>eine</strong> ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierungnur für die Verletzung klar bestimmter Pflichten möglichist. So ist zum Beispiel die allgem<strong>eine</strong> gesetzliche Verpflichtungauf die gute fachliche Praxis bei der Anwendungvon Pflanzenschutzmitteln (§ 6 Abs. 1 PflSchG) aufgr<strong>und</strong>der fehlenden Bestimmtheit nicht unmittelbarbußgeldbewehrt, wohl aber verschiedene konkretere, insbesondereverordnungsrechtlich konkretisierte Anwendungsvorschriften(s. § 40 Abs. 1 Nr. 2 <strong>und</strong> 4 PflSchG).<strong>Für</strong> die allgem<strong>eine</strong> gesetzliche Verpflichtung auf die gutefachliche Praxis bei der Pflanzenschutzmittelanwendungist <strong>eine</strong> ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierungnur mittelbar vorgesehen: Die allgem<strong>eine</strong> gesetzliche Verpflichtungkann im Einzelfall durch <strong>eine</strong> Anordnung derBehörde konkretisiert <strong>und</strong> damit hinreichend bestimmtwerden; ordnungswidrig ist dann der Verstoß gegen diesekonkrete Anordnung (s. § 40 Abs. 1 Nr. 2a PflSchG).Diese nur mittelbare Sanktionierung erschwert allerdingsdie praktische Handhabung, weil bis zum Eingreifen derSanktion anstelle <strong>eine</strong>s Verfahrens zwei – erst ein Anordnungs-<strong>und</strong> anschließend bei Nichtbeachtung das Bußgeldverfahren– erforderlich werden.Behördliche Anordnung <strong>und</strong> Zwangsgeld357. Soweit die gute fachliche Praxis als unmittelbargeltende Rechtspflicht verankert ist, kann sie von den zuständigenBehörden auch im Wege <strong>des</strong> regulären Verwaltungsvollzugesdurchgesetzt werden: Dazu erlässt dieBehörde <strong>eine</strong> Anordnung (Ordnungsverfügung), die diebestehende Rechtspflicht für den konkreten Fall formuliert<strong>und</strong> gegebenenfalls konkretisiert. Diese Anordnungkann, wenn sie nicht befolgt wird, im Wege der Verwaltungsvollstreckungdurchgesetzt werden. Das üblicheDurchsetzungsinstrument ist die Verhängung <strong>eine</strong>sZwangsgel<strong>des</strong> bei Zuwiderhandlung. <strong>Für</strong> die Naturschutzbehördenergibt sich die Befugnis, naturschutzrechtlicheRechtspflichten per Ordnungsverfügung durchzusetzen,aus ihrer Eigenschaft als Sonderordnungsbehörden (siehez. B. § 8 Abs. 2 LG NW). Diese Form der Rechtsdurchsetzungist vergleichsweise aufwendig, weil auf diesemWege nicht jeder festgestellte Rechtsverstoß sogleich mit<strong>eine</strong>r empfindlichen Reaktion belegt werden kann, sondernstets zunächst ein Anordnungsverfahren durchgeführt,d. h. <strong>eine</strong> Gr<strong>und</strong>verfügung erlassen werden muss;erst in <strong>eine</strong>m weiteren Verfahren, dem Vollstreckungsverfahren,kann gegebenenfalls wegen Nichtbeachtung derVerfügung ein Zwangsgeld verhängt werden. Zwar kann<strong>und</strong> sollte ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlungschon mit dem Erlass der Gr<strong>und</strong>verfügung angedrohtwerden, sodass in der Regel die Betroffenen weitereRechtsverstöße vermeiden <strong>und</strong> die Festsetzung <strong>eine</strong>sZwangsgel<strong>des</strong> nicht mehr erforderlich wird. Weil aber injedem Fall zunächst <strong>eine</strong> Ordnungsverfügung erforderlichist, bevor spürbare Konsequenzen gezogen werden können,geht von der Möglichkeit, Rechtspflichten per Ordnungsverfügungdurchzusetzen, k<strong>eine</strong> starke Präventionswirkungaus. Das ist anders, wenn der Rechtsverstoßzugleich auch ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktionierbarist. In diesem Fall ist es für die Adressaten ratsamer,Rechtsverstöße von vornherein zu vermeiden, weildiese im Regelfall unmittelbar sanktioniert werden können<strong>und</strong> nicht erst noch gewissermaßen <strong>eine</strong> Vorwarnungin Gestalt <strong>eine</strong>r Ordnungsverfügung erfolgen muss. Diesunterstreicht die Dringlichkeit der oben in Bezug auf dieordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierung gegebenenEmpfehlungen.Auch die Durchsetzung <strong>eine</strong>r Rechtspflicht im Wege derOrdnungsverfügung setzt voraus, dass die durchzusetzendeRechtspflicht ihrem Inhalt nach nicht völlig unbestimmtist. Zwar sind die Bestimmtheitsanforderungenhier weniger hoch, da ja <strong>eine</strong> gewisse Konkretisierungs-

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