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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 57 – Drucksache 14/9852– verbesserte Bildungs- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit durchdie Naturschutzbehörden (ein Beispiel ist die Herausgabeallgemeinverständlicher Broschüren z. B. zurEingriffsregelung in Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Bayern;StMLU, 1999; MUF, 1998),– verbesserte Fortbildung der Mitarbeiter in diesemBereich,– verbesserte Abstimmung zwischen unterschiedlichenBehörden,– Gründung von Kuratorien <strong>und</strong> dergleichen,– Bildung von naturschutzfre<strong>und</strong>lichen lokalen Allianzen(s. Tz. 439),– öffentliche Debatte über Naturschutzziele <strong>und</strong> -instrumente,– Unterbreitung von Naturschutzprojekten als Angebotan die lokalen Akteure,– organisierte Verfahren lokaler Leitbildentwicklung<strong>und</strong>– Mediationsverfahren.Konfrontative Strategien <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> sollten aufwenige Fälle beschränkt bleiben (HEILAND, 2000, S. 10;MAYNTZ, 1987; s. Kapitel 6.7). Die Behandlung konfliktbeladenerThemen sollte konsequent von jenen Themengetrennt werden, in denen Konsens <strong>und</strong> Kooperationmöglich sind. Andernfalls sind für beide Seiten vorteilhafte„Partial-Koalitionen zugunsten spezieller Ziele“nicht realisierbar. Darüber hinaus sollte auch in Regelungsfeldernmit stark unterschiedlichen Auffassungendie Auseinandersetzung von persönlichen Angriffen freibleiben (HEILAND, 2000, S. 11).110. Der Naturschutz kann sich Partizipationsforderungennicht entziehen, die in allgem<strong>eine</strong>n demokratischenIdealen gründen <strong>und</strong> die in anderem Zusammenhang geradeauch von der Umweltbewegung eingeklagt werden.Auch aus diesem Gr<strong>und</strong> sind verstärkt diskursive <strong>und</strong> partizipativeVerfahren der Leitbildentwicklung (s. auchBRÖHRING <strong>und</strong> WIEGLEB, 1999; WIEGLEB, 1997)<strong>und</strong> Mediationsverfahren, die von allen Beteiligten alsfair empf<strong>und</strong>en werden, zur Verbesserung der Akzeptanz<strong>und</strong> zur Konfliktlösung einzusetzen: „Partizipationsprojekte(können) dazu beitragen, die verschiedenen Sichtweisen<strong>und</strong> Perspektiven offen zu legen, zusammenzutragen<strong>und</strong>, wenn möglich, ein neues gemeinsamesArgumentationsgebäude aufzubauen. Partizipation ist (...)gleichberechtigt neben dem Expertengutachten als einMittel der Politikberatung anzusehen“ (OPPERMANN<strong>und</strong> LANGER, 2000, S. 42).Von großer Wichtigkeit ist <strong>eine</strong> klare konzeptionelleAnlage solcher Verfahren <strong>und</strong> ihre Durchführung durchkompetente Moderatoren (vgl. auch KARGER <strong>und</strong>WIEDEMANN, 2000). Es muss sowohl ein „endlosesPalaver“ als auch der Eindruck <strong>eine</strong>r strategischen„Public-Relation“-Veranstaltung vermieden werden. Konzeptezur Durchführung diskursiver Verfahren wurdeninsbesondere im Bereich der Technikfolgenabschätzungentwickelt (SKORUPINSKI <strong>und</strong> OTT, 2000; RENN,1999) <strong>und</strong> werden mittlerweile vielfältig im Bereich <strong>des</strong>Umweltschutzes, lokaler Nachhaltigkeitsdebatten <strong>und</strong> derlokalen Leitbildentwicklung erprobt <strong>und</strong> angewendet.Insbesondere im Rahmen von modellhaften Naturschutzprojekten<strong>und</strong> Landschaftsplanungen (z. B. in Erprobungs-<strong>und</strong> Entwicklungs-Vorhaben <strong>des</strong> B<strong>und</strong>esamtesfür Naturschutz), die über <strong>eine</strong> ausreichende Mittelausstattungverfügten, wurden entsprechende Verfahrenauch im Naturschutz bereits eingesetzt <strong>und</strong> erprobt. Angesichts<strong>des</strong> hohen finanziellen <strong>und</strong> personellen Aufwandsdieser Verfahren sollten sie jedoch nur bei größerenNaturschutzkonflikten wie etwa der Ausweisung vonNationalparken, Biosphärenreservaten oder gegebenenfallsauch Naturparken zum Einsatz kommen.111. Diese Verfahrenskonzepte sind in der Regelmodulartig aufgebaut. Einige Module gelten als obligatorisch,andere als fakultativ. Die Vorgehensweise bautauf <strong>eine</strong>r geordneten Schrittfolge auf (vgl. hierzuvon HAAREN <strong>und</strong> HORLITZ, 2002; SKORUPINSKI<strong>und</strong> OTT, 2000): Problembeschreibung, Sachstandserhebungaus der Sicht unterschiedlicher Wissenschaften, insbesonderedie naturschutzfachliche Bewertung, Akzeptanzvoruntersuchung(MATTHES et al., 2001; LUZ,1996), Festlegung der vor Ort nicht disponiblen Min<strong>des</strong>tziele,ein Wertfeststellungsverfahren (so genannte „Wertbaumanalyse“nach RENN, 1999), Szenarienbildung <strong>und</strong>Analyse der Konsequenzen von unterschiedlichen Szenarien<strong>und</strong> Leitbildalternativen, gemeinsame Kartierungvon umstrittenen Gebieten hinsichtlich der Schutz- <strong>und</strong>Nutzungszonen einschließlich der konfliktträchtigen Gebiete,Erarbeitung <strong>eine</strong>s im Idealfall von allen geteiltenArgumentationsraumes, Versuch <strong>eine</strong>r Kompromiss- <strong>und</strong>Ergebnisfindung im Konsens in der Form <strong>eine</strong>s abgestimmtenZielsystems („lokales Leitbild“), Formulierungder Verfahrensergebnisse in so genannten Bürgergutachten<strong>und</strong> deren öffentliche Präsentation.Falsch wäre es, diese Verfahren als Verhandlungsprozessezwischen Interessenvertretern zu konzipieren, deren Gegenstandnur „rational zugängliche Konfliktinhalte“ seindürfen <strong>und</strong> innerhalb derer daher Werthaltungen, Gefühleoder ästhetische Gesichtspunkte nicht zum Zuge kommendürfen, weil sie „nicht oder nur schlecht verhandelbarsind“ (so KRÜGER, 1999, S. 103). Gerade das, was inVerhandlungskonzepten ausgeschlossen oder an denRand gedrängt wird, macht in der Regel die Spezifik dieserKonflikte aus.Die Ergebnisse fachlicher Bewertungstechniken könnenin solchen Verfahren als „Inputs“ verwendet werden(historische Betrachtung, naturschutzfachliche Bewertung,Analyse von Landschaftsfunktionen, Analyse vonNaturraumpotenzialen, Wohlfahrtseffekte, Zukunft einzelnerNutzungsformen, Kompensationsstrategien usw.).Befürchtungen können auf ihren Realitätsgehalt hin diskutiert,Verhaltenseinschränkungen sowie Beschränkungenin der Verfügung über Eigentum auf ihre sachliche

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