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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 71 – Drucksache 14/9852Katalogs der gesetzlich geschützten Biotope in § 30BNatSchG n. F. wird daher vom Umweltrat ausdrücklichbegrüßt (vgl. auch Abschnitt 5.2.4). Allerdings bestehenauch hier Ausnahmemöglichkeiten. Beim europarechtlichvermittelten Gebietsschutz nach der FFH-Richtliniekönnen auch allgem<strong>eine</strong> wirtschaftliche Belange<strong>eine</strong> Ausnahme rechtfertigen (EuGH, Rs. C-44/95,Slg. I-3805, Tz. 41; näher JARASS, 2000b, S. 433;SCHLADEBACH, 2000, S. 234 f.; auch SCHRÖDTER,2001 S. 15; anders für Gebiete mit prioritären Artenoder Lebensraumtypen ERBGUTH, 2000, S. 134;RAMSAUER, 2000, S. 609 f., m. w. N.). Das gilt nachArtikel 7 FFH-Richtlinie auch für die nach der Vogelschutzrichtlinieausgewiesenen Vogelschutzgebiete. Derdeutlich strengere Schutz der Vogelschutzrichtlinie istmit dieser Regelung der FFH-Richtlinie also weitgehendaufgehoben worden. Lediglich für so genannte faktischeVogelschutzgebiete gilt nach der Rechtsprechung <strong>des</strong>EuGH noch die enge Ausnahmebestimmung von Artikel4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie (Urteil vom7. Dezember 2000 – Basses Corbières, ZUR 2001,S. 75 ff.). Trotz der deutlichen Verbesserung, die derFFH-Schutz für die Naturschutzbelange in den betreffendenGebieten bedeutet, sind diese Belange aufgr<strong>und</strong>der vergleichsweise weiten Ausnahmemöglichkeitennicht definitiv vor gravierenden Beeinträchtigungen zugunstenwirtschaftsförderlicher Projekte geschützt.141. Bei der Fortentwicklung der europäischen <strong>und</strong>nationalen Schutzgebietskonzepte sollte <strong>eine</strong>r weiterenAufweichung <strong>des</strong> Gebietsschutzes entgegengewirkt <strong>und</strong>statt<strong>des</strong>sen angestrebt werden, für einzelne Gebietsbzw.Biotoptypen <strong>eine</strong>n eher dem Regime der Vogelschutzrichtlinieentsprechenden strikteren, der Auflockerungdurch nachträgliche Ausnahmen weniger ausgesetztenSchutztypus zu entwickeln. RechtsstaatlicheGesichtspunkte stehen <strong>eine</strong>m solchen weitgehend abwägungsfestenSchutz nicht entgegen, sofern er sich aufFlächen von überragender ökologischer Bedeutung beschränkt<strong>und</strong> damit nicht als Ausschluss, sondern als Ergebnisder rechtsstaatlich gebotenen Abwägung zu charakterisierenist.4.2.6.2 Weitere <strong>Stärkung</strong> der Bedeutungder Landschaftsplanung142. Nach vorliegenden empirischen Erkenntnissenzur Bauleitplanung trägt vor allem die Landschaftsplanungerheblich zur verbesserten Wahrnehmung <strong>und</strong>planerischen Berücksichtigung der Naturschutzbelangebei, <strong>und</strong> zwar vor allem dann, wenn sie nicht von vornhereinin die Bauleitplanung integriert, sondern voraboder parallel als selbstständige Planung aufgestellt wird(GRUEHN, 1998, S. 278 f., 290, 372 f.; zur besonderenWirksamkeit bei paralleler Aufstellung: REINKE, 2002,Kapitel 11.1). Einen wichtigen Fortschritt sieht der Umweltratdaher in der durch § 16 Abs. 1 BNatSchG n. F.eingeführten flächendeckenden Landschaftsplanungspflicht.Die Verpflichtung zu flächendeckender Landschaftsplanungwird allerdings für sich genommenmangels wirksamer Sanktionierung oder sonstiger Befolgungsanreizenoch auf unbestimmte Zeit nicht sicherstellenkönnen, dass die Landschaftsplanung tatsächlichflächendeckend zu <strong>eine</strong>r Gr<strong>und</strong>lage der Bauleitplanungwird. Der Umweltrat schließt sich daher der Empfehlungan, die Aufstellung von Bauleitplänen an <strong>eine</strong> vorherigeoder parallele örtliche Landschaftsplanung für die betroffenenFlächen zu binden (GRUEHN, 1998, S. 383;s. auch bereits MITSCHANG, 1996, S. 99; SRU, 1987,Tz. 461). Außerdem sollte durch die neu ins BNatSchGeingeführte Fortschreibungspflicht für die örtlichenLandschaftspläne sichergestellt werden, dass insbesonderedie Änderung von Flächennutzungsplänen nicht aufvöllig veralteten landschaftsplanerischen Gr<strong>und</strong>lagenerfolgt (REINKE, 2002, Kapitel 12.1, m. w. N.).Die positiven Wirkungen der örtlichen Landschaftsplanungauf die Flächennutzungsplanung hängen allerdingsdeutlich von der Qualität der Landschaftsplanung selbstab (REINKE, 2002, Kapitel 11.1; GRUEHN, 1998,S. 289 f., 296). Neuere empirische Untersuchungen zeigen,dass örtliche Landschaftsplanungen von sehr unterschiedlicher<strong>und</strong> nicht selten unzureichender Qualität sind(REINKE, 2002, Kap. 7; vgl. auch GRUEHN, 1998,S. 319 ff.). Hier sind Verbesserungen unter anderem durchdie Weiterentwicklung <strong>und</strong> praktische Umsetzung vonQualitätsstandards für die Landschaftsplanung erforderlich(zum bisherigen Stand: MÖNNECKE, 2000, Kapitel4.2.2.; für weitere wichtige, auf Lan<strong>des</strong>- <strong>und</strong> Kommunalebeneumzusetzende Verbesserungsmöglichkeiten:REINKE, 2002, Kapitel 12.1). Fachliche Entwicklungsarbeitendazu sind im Rahmen <strong>eine</strong>s Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsvorhabens<strong>des</strong> B<strong>und</strong>esamtes für Naturschutzgeleistet worden (PLACHTER et al., 2002). Der Umweltratempfiehlt, unter Berücksichtigung dieser Vorarbeitenin Abstimmung mit den Ländern handhabbare Leitfädenfür die Kommunen <strong>und</strong> Planungsbüros zuentwickeln. Die praktische Wirksamkeit der erforderlichenQualitätsstandards sollte auch durch Anpassung derHonorarordnung für Architekten <strong>und</strong> Ingenieure, Teil IV,sichergestellt werden.4.2.6.3 Verbesserte Flankierung durchVerfahren <strong>und</strong> gerichtlichenRechtsschutz143. Im Hinblick auf die prinzipiellen Durchsetzungsschwächen<strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> <strong>und</strong> die dargestelltenSchwächen der verfahrens- <strong>und</strong> rechtsschutzmäßigenAbsicherung <strong>eine</strong>s rechtmäßigen planerischen Umgangsmit den Belangen von Natur <strong>und</strong> Landschaft (Tz. 127,130 ff.) ist <strong>eine</strong> deutliche Kompensationsstrategie erforderlich.Der Umweltrat wiederholt s<strong>eine</strong> schon in früheren Gutachtenzum Ausdruck gebrachte Kritik am Rückbau derÖffentlichkeitsbeteiligung bei Planungen (SRU, 1996,Tz. 75; SRU, 1994, Tz. 458). Er begrüßt die im Zuge derUmsetzung der UVP- <strong>und</strong> der IVU-Richtlinie diesbezüglicheingeleiteten Verbesserungen, weist aber daraufhin, dass nach wie vor die bestehenden Regelungenzur Öffentlichkeitsbeteiligung in einigen Punkten selbst

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