Drucksache 14/9852 – 156 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. WahlperiodeAgrarstruktur <strong>und</strong> Küstenschutz <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung,eingeräumt werden. Fördermittel solltendabei auf der Gr<strong>und</strong>lage raumordnerischer Zielvorgabenvergeben werden.399. Die SUP wird sich in Zukunft zu <strong>eine</strong>m zentralenInstrument für die Überprüfung von strategischen Alternativenzu bestehenden Plänen <strong>und</strong> Programmen entwickeln.Sie überprüft auch die Raumplanung <strong>und</strong> unterstütztdas Auffinden von Wegen der Zielrealisierung aufGr<strong>und</strong>lage der umweltverträglichsten Lösungsvariante.Dabei werden auch gr<strong>und</strong>sätzliche Handlungsalternativen(wie unterschiedliche Verkehrssysteme) einbezogen. DieBerücksichtigung von Umweltbelangen auf der Ebene derPläne <strong>und</strong> Programme ist wichtig, da hier Entscheidungenüber Standortalternativen für Vorhaben getroffen werden,die vorbereitend <strong>und</strong> verbindlich für die nachgeordnetenGenehmigungsebenen sind. Bei der Umsetzung in nationalesRecht sollte die SUP durch Erweiterung <strong>des</strong> UVP-Gesetzes analog zur Projekt-UVP eingeführt <strong>und</strong> durchQuerverweise in bereits bestehende Planaufstellungsverfahrenintegriert werden. Um <strong>eine</strong>n einheitlichen Vollzugder SUP sicherzustellen, sollten Umfang <strong>und</strong> Verfahrender Prüfungen in <strong>eine</strong>r Verwaltungsvorschrift – vergleichbarder 1995 erlassenen Verwaltungsvorschrift zum UVP-Gesetz – präzisiert werden. Die SUP sollte so weit wiemöglich auf der Landschaftsplanung aufbauen, bzw.durch die Landschaftsplanung vorbereitet werden. Umdie Landschaftsplanung hierfür optimal nutzen zu können,sollte <strong>eine</strong> Pflicht zur plan- bzw. projektbezogenenFortschreibung <strong>des</strong> Landschaftsplans unter Berücksichtigungder besonderen Anforderungen <strong>und</strong> <strong>des</strong> erweitertenPrüfbereichs der SUP (z. B. Auswirkungen aufdie menschliche Ges<strong>und</strong>heit) eingeführt werden (Abschnitt5.2.3.3, 5.2.2).6.3.2 Einzelaspekte <strong>eine</strong>r sektoralenIntegrationsstrategie für denHandlungsbereich Siedlung –Vorschläge zum ThemenfeldFlächeninanspruchnahme400. Die Problematik der Flächeninanspruchnahme istim öffentlichen Bewusstsein weniger verankert als dasProblem <strong>des</strong> Klimawandels, aber sie ist nicht wenigerdringlich. Derzeit werden in Deutschland täglich ca. 130 haneuer Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche erschlossen. DieseEntwicklung ist in absehbarer Zeit mit dramatischenökologischen Funktionsverlusten verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> kaummit den Prinzipien der Nachhaltigkeit zu vereinbaren. Daherhat die B<strong>und</strong>esregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategiedas Ziel festgelegt, die Flächeninanspruchnahme auf30 ha pro Tag im Jahr 2020 zu reduzieren (B<strong>und</strong>esregierung,2002). Der Umweltrat begrüßt diese ehrgeizige mittelfristigeZielsetzung. In langfristiger Perspektive ist allerdingsein Ende der Neuversiegelung von unbebauterFläche anzustreben (vgl. SRU, 2000, Tz. 532).Eine Reduzierung der Neuausweisung von Siedlungs<strong>und</strong>Verkehrsflächen um 75 % oder mehr wird mit tiefgreifendenökonomischen Konsequenzen verb<strong>und</strong>en sein.Um diese Konsequenzen zumin<strong>des</strong>t teilweise abzufedern,ist auf <strong>eine</strong> ökonomisch effiziente Umsetzung zu achten.„Effizient“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dassNeuausweisungen vorzugsweise nur noch dort stattfindensollen, wo sie mit <strong>eine</strong>m hohen ökonomischen Nutzenverb<strong>und</strong>en sind. Eine solche selektive Lenkung kann nichtdurch zentrale Planung, sondern nur durch marktkonformeökonomische Steuerungsinstrumente erreicht werden.Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Abgabenlösungen<strong>und</strong> handelbaren Rechten.Aufgr<strong>und</strong> der Höhe der erforderlichen Abgabensätze sindAbgabenlösungen zur Steuerung der Flächenausweisungennur wenig geeignet. Soll etwa die Baulandnachfrageum 75 % gedrosselt werden, so sind je nach Preiselastizitätder Nachfrage Abgabensätze von mehreren h<strong>und</strong>ertEuro pro Quadratmeter erforderlich (vgl. dazu Abschnitt5.1.3.2). Abgabensätze in dieser Größenordnungführen jedoch automatisch zu <strong>eine</strong>m sehr hohen Aufkommen.Zwar liegen k<strong>eine</strong> hinreichend belastbarenSchätzungen der entsprechenden Preiselastizitäten vor, eskann aber als gesichert gelten, dass die Nachfrage relativpreisunelastisch reagiert, denn die zur Verfügung stehendenAusweichmöglichkeiten entsprechen häufig nicht derPräferenzstruktur der Nachfrager <strong>und</strong> führen zu <strong>eine</strong>r finanziellenMehrbelastung (vgl. exemplarisch BIZER <strong>und</strong>EWRINGMANN, 1998, S. 67 ff.). Um <strong>eine</strong> weitere Ausdehnung<strong>des</strong> Staatsanteils zu vermeiden, wäre es <strong>des</strong>halbnotwendig, im Gegenzug die Steuer- <strong>und</strong> Abgabenbelastungan anderer Stelle zu senken. Eine solche Kompensationwürde tiefe Eingriffe in das bestehende Steuersystemerfordern, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Verteilungswirkungen <strong>eine</strong>rhebliches politisches Konfliktpotenzial in sich bergen.Bei <strong>eine</strong>r Lenkung der Flächenausweisungen mittels Abgabenwäre <strong>des</strong>halb zu befürchten, dass sich auf politischerEbene nur <strong>eine</strong> „kl<strong>eine</strong> Lösung“ mit moderatenAbgabesätzen durchsetzen lässt. Eine drastische Reduzierungder Flächenausweisungen in der angestrebten Größenordnungwäre damit nicht zu erreichen.Um diese Probleme zu vermeiden, hat der Umweltrat bereitsim Umweltgutachten 2000 die Verwendung handelbarerFlächenausweisungsrechte zwischen Gemeindenempfohlen (SRU, 2000, Tz. 536). Der Gr<strong>und</strong>gedanke diesesAnsatzes besteht darin, die auf Lan<strong>des</strong>ebene maximalausweisbare Fläche festzulegen <strong>und</strong> in Form handelbarerFlächenausweisungsrechte den Kommunen kostenlos zuzuteilenbzw. an diese zu versteigern. Benötigt <strong>eine</strong> Gemeindezusätzliche Rechte, muss sie diese an <strong>eine</strong>r vomLand einzurichtenden Börse erwerben; nicht benötigteRechte können über die Börse an andere Gemeinden verkauftwerden. Der so zwischen den Gemeinden induzierteHandel bewirkt <strong>eine</strong> ökonomisch optimale Allokation derFlächenausweisungen. Das heißt, die insgesamt ausweisbareFläche verteilt sich innerhalb der durch Raumordnung<strong>und</strong> Lan<strong>des</strong>planung gesetzten Grenzen in <strong>eine</strong>r solchenWeise auf die Kommunen, dass der aus derAusweisung resultierende ökonomische Nutzen maximiertwird. Zugleich induziert diese Flächenverknappung<strong>eine</strong>n Innovationsprozess mit dem Ziel, flächensparendereNutzungsweisen zu verwirklichen.Bis zur Praxisreife <strong>eine</strong>s solchen Modells wären zwarnoch zahlreiche Gestaltungsfragen zu lösen, die sich un-
Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 157 – Drucksache 14/9852ter anderem auf den Modus der Erstverteilung, auf dieMengensteuerung im Zeitverlauf, auf die mögliche Befristungvon Ausweisungsrechten sowie auf die Möglichkeitihrer regionalen bzw. nutzungsspezifischen Differenzierungbeziehen, aber dennoch stellen nach Meinung <strong>des</strong>Umweltrates handelbare Ausweisungsrechte das einzigeInstrument dar, um die von der räumlichen Planungvorgegebenen quantitativen Ziele in ökonomisch effizienterWeise zu erreichen.6.3.3 Einzelaspekte <strong>eine</strong>r sektoralenIntegrationsstrategie für denHandlungsbereich Landwirtschaft401. Das Verhältnis von Umwelt- <strong>und</strong> Landwirtschaftsministeriumauf B<strong>und</strong>esebene hat sich im letzten Jahr erfreulicherweiseverbessert. Beide Seiten sch<strong>eine</strong>n sichzumin<strong>des</strong>t in Ansätzen als gegenseitige Bündnispartnerentdeckt zu haben. Eine stärkere Öffnung der Agrarpolitikfür Naturschutzbelange zeigt sich in– der Ökologisierung der Fördergr<strong>und</strong>sätze der GemeinschaftsaufgabeAgrarstruktur <strong>und</strong> Küstenschutz(s. Tz. 396),– der Ausweitung der Förderung <strong>des</strong> ökologischenLandbaus zur Erreichung <strong>eine</strong>s Flächenanteils von20 % an der landwirtschaftlichen Nutzfläche <strong>und</strong>– der vorgesehenen Umschichtung (Modulation) von2 % der Direktzahlungen in die Förderung von extensiven<strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>lichen Produktionsverfahrenim Ackerbau <strong>und</strong> in der Grünlandbewirtschaftung,von Reduzierungen <strong>des</strong> Viehbesatzes in einigen Regionen<strong>und</strong> von umwelt- <strong>und</strong> artgerechten Haltungsverfahren(s. Tz. 726 ff.).402. Dennoch kann die Integration von Naturschutzbelangenin die Agrarpolitik auf der B<strong>und</strong>esebene noch nichtals zufriedenstellend bezeichnet werden. Mangelnde Politikintegrationzeigt sich darin, dass– den Umweltministerien der Zutritt als stimmberechtigteMitglieder zum PLANAK (B<strong>und</strong>-Länder-PlanungsausschussAgrarstruktur <strong>und</strong> Küstenschutz)fehlt, der über den Rahmenplan der GAK entscheidet;– die Umweltverbände kaum über verfahrensrechtlicheMöglichkeiten verfügen, Natur- <strong>und</strong> Umweltschutzbelangein die Gestaltung der GAK <strong>und</strong> der Rahmenpläneder GAK einzubringen;– Agrarumweltprogramme immer noch kaum oder unzureichendauf Gebietskulissen bezogen sind, die ökologischenHandlungsbedarf zeigen;– der Anteil an naturschutzorientierten Agrarumweltmaßnahmengering ist;– Investitionsbeihilfen nicht unter Umweltgesichtspunktengeprüft werden; so können immer noch Förderungenvon Stallneubauten für gewerbliche Intensivviehhaltungsanlagender Rinder- <strong>und</strong> Schw<strong>eine</strong>mastbewilligt werden;– Bewässerungsmaßnahmen finanzielle Unterstützungerhalten <strong>und</strong>– die Aufforstung mit Baumarten, die nicht den Zielenvon Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege entsprechen,gefördert werden kann (BMVEL, 2002).Eines der Gr<strong>und</strong>hemmnisse für <strong>eine</strong> weitergehende Integrationder Naturschutzbelange in die Agrarpolitik liegt inder Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischerEbene. Hier wirkt sich nach wie vor insbesonderedie mangelnde Finanzierung der so genannten zweitenSäule der Gemeinsamen Agrarpolitik gegenüber derso genannten ersten Säule nachteilig aus (s. SRU, 2002,Tz. 718 ff.). Über die erste Säule werden die direkten Einkommensbeihilfenfür die Landwirte finanziert, währendaus der zweiten Säule die Förderung der Entwicklung <strong>des</strong>ländlichen Raumes einschließlich der Agrarumweltmaßnahmenunterstützt wird. <strong>Für</strong> die B<strong>und</strong>esregierung bestehenSpielräume für <strong>eine</strong> integrierte Agrarumweltpolitikschwerpunktmäßig in der Mitgestaltung dieses EU-rechtlichenRahmens. Hier sollte die B<strong>und</strong>esregierung sich imRahmen der Verhandlungen zur Weiterentwicklung derGemeinsamen Agrarpolitik bis zum Jahre 2006 konsequentfür <strong>eine</strong> Umschichtung von Mitteln von der erstenin die zweite Säule einsetzen (s. SRU, 2002, Tz. 724). Diegenauere Ausgestaltung <strong>eine</strong>r revidierten Agrarpolitikmüsste in ihren Auswirkungen auf Naturschutz <strong>und</strong> Landwirtschaftaber zuvor genauer untersucht werden, umFehlsteuerungen zu vermeiden. Vonseiten <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>sollten dazu Szenarien zu den Möglichkeiten<strong>und</strong> Kosten der Umsetzung von Naturschutzzielen mitverschiedenen Instrumententypen unter den derzeit diskutiertenVeränderungen der agrarpolitischen Rahmenbedingungenbeigesteuert werden.Auf die weitere konkrete Ausgestaltung der aus der zweitenSäule der Gemeinsamen Agrarpolitik kofinanziertenMaßnahmen zur Förderung der Entwicklung <strong>des</strong> ländlichenRaumes kann die B<strong>und</strong>esregierung derzeit ebenfallsEinfluss nehmen. Besonders wichtig für den Naturschutzist in diesem Zusammenhang die Ausgestaltungder Programme nach der VO(EU) Nr. 1257/1999 zur Entwicklung<strong>des</strong> ländlichen Raumes. Die Förderschwerpunktedieser Verordnung umfassen sowohl die Verbesserungder Agrarstruktur als auch sektorübergreifendeMaßnahmen zur ländlichen Entwicklung sowie Agrar-,Umwelt- <strong>und</strong> Ausgleichsmaßnahmen. Agrarumweltprogrammebieten die Chance, die Förderung der Entwicklung<strong>des</strong> ländlichen Raumes unter der „Agenda 2000“ mitUmwelt- <strong>und</strong> Naturschutzzielen zu verbinden. Auf dereuropäischen Ebene sollte sich die B<strong>und</strong>esregierung für<strong>eine</strong> Beseitigung von Erschwernissen für Agrarumweltmaßnahmenoder Naturschutzmaßnahmen nach derVO(EG) Nr. 1257/1999 einsetzen. Eine Gr<strong>und</strong>forderungbesteht darin, das Fördervolumen der Agrarumweltmaßnahmenanzuheben, sodass sie tatsächlich <strong>eine</strong> Alternativezur intensiven Produktion für <strong>eine</strong> Mehrzahl der Betriebeeröffnen können. Spezielle Hemmnisse in derAbwicklung der freiwilligen Agrarumweltmaßnahmenkönnen dadurch beseitigt werden, dass z. B. die Möglichkeit<strong>eine</strong>r pauschalen Anrechnung <strong>eine</strong>s Anteils an Land-