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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 83 – Drucksache 14/9852179. Aufbauend auf <strong>eine</strong>n Vorschlag von BIZER <strong>und</strong>TRUGER (1996) wurden zwei umsetzungsreife Abgabenmodellezur Reduzierung der Flächenversiegelungentwickelt (BIZER et al., 1998b; BIZER <strong>und</strong> EWRING-MANN, 1998). Beide Modelle wurden zwar letztendlichnicht realisiert, sie machen jedoch die bestehenden Gestaltungsspielräumedeutlich. Das erste, für Nordrhein-Westfalen entwickelte Modell (vgl. ausführlich BIZERet al., 1998b) basiert im Wesentlichen auf <strong>eine</strong>r einmaligfälligen Abgabe in Höhe von 100 DM pro m 2 neu versiegelterFläche. Befreit davon sind Industriebrachen <strong>und</strong>Altlastenstandorte, um Nutzungen von der „grünenWiese“ auf bereits beeinträchtigte Standorte umzulenken.Ergänzend zu dieser einmalig fälligen Neuversiegelungsabgabesieht das Modell <strong>eine</strong> jährlich fällige Abgabe inHöhe von 5 DM pro m 2 versiegelter Nebenfläche vor, umzusätzliche Anreize zur Entsiegelung zu geben. Obwohldas nordrhein-westfälische Modell nach Einschätzungvon BIZER <strong>und</strong> EWRINGMANN (1999, S. 515 ff.) <strong>eine</strong>spürbare Lenkungswirkung entfalten würde, ergeben sicherhebliche Probleme daraus, dass die Abgabenerhebungmit <strong>eine</strong>m beträchtlichen Aufwand verb<strong>und</strong>en wäre <strong>und</strong>ihr hohes Aufkommen von ca. 15,5 Mrd. DM pro Jahrallein für Nordrhein-Westfalen in k<strong>eine</strong>m Verhältnis zumbegrenzten Lenkungszweck stünde (BIZER <strong>und</strong>EWRINGMANN, 1999). Hinzu kommt, dass es zur Vermeidungnegativer Auswirkungen auf die Kaufkraft erforderlichwäre, das Abgabenaufkommen an die Bevölkerungrückzuverteilen.180. Das zweite, für Sachsen-Anhalt entwickelte Modell(vgl. ausführlich BIZER <strong>und</strong> EWRINGMANN, 1998),sieht ausschließlich <strong>eine</strong> einmalig fällige Abgabe in Höhevon 25 DM pro m 2 neu versiegelter Fläche vor. Ähnlich wieim nordrhein-westfälischen Modell sind Industriebrachen<strong>und</strong> vorbelastete Flächen von der Abgabe befreit. Zusätzlichführen Entsiegelungsmaßnahmen, die in <strong>eine</strong>m zeitlichen<strong>und</strong> räumlichen Zusammenhang zur Neuversiegelungstehen, zu <strong>eine</strong>r entsprechenden Reduzierung der Abgabelast.Um trotz <strong>des</strong> vergleichsweise geringen Abgabensatzes<strong>eine</strong> spürbare Lenkungswirkung zu erzielen, siehtdas Modell vor, das gesamte Aufkommen in Höhe vonca. 430 Mio. DM pro Jahr zur Förderung von Maßnahmenzu verwenden, die dem Lenkungszweck entsprechen.181. Angesichts der besonderen Rahmenbedingungen<strong>eine</strong>r abgabengestützten Steuerung im Bereich derFlächeninanspruchnahme ist nach Einschätzung <strong>des</strong>Umweltrates der für Sachsen-Anhalt entwickelte Ansatz– durch die zweckgerichtete Aufkommensverwendungzusätzliche Lenkungsimpulse zu geben um damit denAbgabensatz auf <strong>eine</strong>r vergleichsweise moderaten Höhehalten zu können – gr<strong>und</strong>sätzlich vorzuziehen gegenüberdem nordrhein-westfälischen Ansatz <strong>eine</strong>r ausschließlicherhebungsseitig wirkenden Abgabe, die deutlich höhereAbgabensätze erfordert. Eine Schwäche <strong>des</strong> Modells fürSachsen-Anhalt besteht allerdings darin, dass es zwar <strong>eine</strong>nAnreiz zu flächensparendem Bauen, zur Minimierungder Versiegelung von Nebenflächen <strong>und</strong> zur prioritärenNutzung bereits versiegelter oder vorbelasteter Flächengibt, nicht jedoch zur innerstädtischen Verdichtung. Darüberhinaus ist zu bemängeln, dass durch die vorgeseheneVerrechnungsmöglichkeit ein Anreiz zu Entsiegelungsmaßnahmennur insofern ausgelöst wird, als diesein <strong>eine</strong>m engen zeitlichen <strong>und</strong> räumlichen Zusammenhangzur Neuversiegelung stehen. Hinzu kommt, dass dieKosten für Entsiegelungsmaßnahmen bei bis zu ca.70 DM pro m 2 liegen (vgl. SCHEMEL et al., 1993;SPORBECK, 1995), sodass <strong>eine</strong> Verrechnungsmöglichkeitin Höhe von 25 DM pro m 2 nur <strong>eine</strong> sehr begrenzteAnreizwirkung ausüben dürfte. Diese Schwächen <strong>des</strong>Modells erachtet der Umweltrat jedoch als nachrangig, dadie Entsiegelung von Flächen unter Naturschutzgesichtspunktenweitaus weniger dringlich ist als die Verminderungvon Neuversiegelungen. Hinzu kommt, dass bereitsheute vielerorts nach Versiegelungsgrad gestaffelte Abwassergebührenerhoben werden, die <strong>eine</strong>n entsprechendenAnreiz für Entsiegelungsaktivitäten setzen.182. Insgesamt empfiehlt der Umweltrat, vorzugsweiseneben dem in Abschnitt 5.1.1.2.1 beschriebenen Systemhandelbarer Flächenausweisungsrechte <strong>eine</strong> Neuversiegelungsabgabeeinzuführen, die sich an das für Sachsen-Anhaltentwickelte Modell anlehnt. Dabei sollten jedochnicht nur Industriebrachen <strong>und</strong> vorbelastete Flächen – sofernsie für den Naturschutz nicht von Bedeutung sind –von der Abgabe befreit sein, sondern auch innerstädtischeBaulücken, um auf diese Weise auch <strong>eine</strong>n Anreiz zur innerstädtischenVerdichtung zu geben. Um den erhebungsseitigenLenkungseffekt zu unterstützen, sollte das resultierendeAufkommen zweckgeb<strong>und</strong>en zur Finanzierungder im folgenden Abschnitt dargestellten Restrukturierung<strong>des</strong> kommunalen Finanzausgleichs verwendet werden.5.1.1.2.3 Ökologischer Finanzausgleich183. Der Umweltrat hat sich in der Vergangenheit bereitsmehrfach für <strong>eine</strong> ökologisch orientierte Erweiterung <strong>des</strong>kommunalen Finanzausgleichs ausgesprochen (SRU,2000, Tz. 540; SRU, 1998, Tz. 241; SRU, 1996,Tz. 263 ff.). Nach der gegenwärtigen Praxis <strong>des</strong> kommunalenFinanzausgleichs (vgl. Kasten, Seite 84; ausführlichhierzu insbesondere ZIMMERMANN, 1988) erhalten Verdichtungsräume<strong>eine</strong> Kompensation für finanzielleMehrbelastungen, da sie im Rahmen ihrer zentralörtlichenFunktion öffentliche Infrastruktureinrichtungen wie Schulen<strong>und</strong> Krankenhäuser zur Verfügung stellen, die von angrenzendenUmlandgemeinden unentgeltlich mitgenutztwerden können. Weitgehend unberücksichtigt bleibt beidieser Vorgehensweise jedoch, dass die angrenzenden Umlandgemeindenim Gegenzug aufgr<strong>und</strong> ihrer ländlichenPrägung <strong>und</strong> <strong>des</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Freiflächenpotenzialswichtige ökologische Ausgleichsleistungen für die Verdichtungsräumeerbringen. Die hiermit verb<strong>und</strong>enen Belastungen– insbesondere in Form von Opportunitätskostenaufgr<strong>und</strong> unterlassener Flächennutzung <strong>und</strong> Verzichtauf Entwicklung – werden den betreffenden Gemeinden inder Regel nicht abgegolten. Heute kommt in der Mehrzahlder B<strong>und</strong>esländer lediglich bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungenein flächenbezogener Nebensatz zurAnwendung, durch den Gemeinden mit hohem Freiflächenanteiltendenziell begünstigt werden (vgl. RING,2001, m. w. N.). Dabei bleiben jedoch die resultierendenZuwendungen weit hinter den entstehenden Opportunitätskostenzurück (z. B. BAUER et al., 1999, S. 120 ff.), sodassfür die Gemeinden kein Anreiz besteht, Freiflächen zu erhalten.

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