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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Drucksache 14/9852 – 48 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. WahlperiodeKommunikationsprobleme84. Das häufigste Problem in der Kommunikation zwischenNaturschützern <strong>und</strong> Adressaten von Maßnahmenbesteht in der mangelnden Transparenz der Vorgehensweisen<strong>und</strong> <strong>des</strong> <strong>Für</strong> <strong>und</strong> Wider von Naturschutzprojekten.Dadurch entstehen Misstrauen <strong>und</strong> Gerüchte darüber,„was der Naturschutz vorhat“. Die verschiedenen Interessengruppenbringen z. B. sehr unterschiedlicheSichtweisen, Problemwahrnehmungen <strong>und</strong> Bewertungenmit. So ist ein aus Naturschutzsicht wertvoller Lesesteinwallfür die beteiligten Einheimischen <strong>eine</strong> Erinnerungan harte Arbeit <strong>und</strong> schlechten, steinigen Boden. Werdendiese Auffassungsunterschiede im Kommunikationsprozessnicht transparent gemacht, erschwert diesdie Verständigung zwischen den Akteuren erheblich(BISCHOFF <strong>und</strong> HÜCHTKER, 1996, S. 28;WIEDEMANN, 1995; KAULE et al., 1994). Protesthaltungenkönnen entstehen, wenn betroffene Akteuregar nicht oder erst so spät in ein Verfahren einbezogenwerden, dass wichtige Entscheidungen bereits getroffensind. Bei den Akteuren entsteht dann der Eindruck, vorvollendete Tatsachen gestellt zu werden (HEILAND,2000, S. 11; STOLL, 1999; STIERAND, 1993, S. 145;EBERT et al., 1992, S. 92; HOLZNAGEL, 1990, S. 90).Auch <strong>eine</strong> geringe Kompromissbereitschaft der Naturschutzvertreter,mangelnde Flexibilität <strong>und</strong> die Versteifungauf Vorgaben, zu denen es offensichtlich Alternativengäbe, rufen emotionale Ablehnung hervor(s. HEILAND, 2000, S. 12). Versuche von Naturschutzvertretern,moralischen Druck auszuüben, oder einübergroßes Sendungsbewusstsein können die Kommunikationerschweren, da sich Landnutzer dadurch in ihrer eigenenmoralischen Integrität angegriffen fühlen. Ein imEinzelfall möglicherweise angebrachtes konfrontativesAuftreten erschwert <strong>eine</strong> spätere konstruktive Zusammenarbeit<strong>und</strong> Kommunikation mit zunächst „bekämpften“Akteuren (KARGER, 1995). Umweltpolitische Akteurehaben in der Regel nicht nur in <strong>eine</strong>m Regelungsfeldmiteinander zu tun, sondern in mehreren. Dadurch bestehtdie Gefahr, dass sich Konflikte aus <strong>eine</strong>m von Konfrontationgeprägten Bereich in andere Regelungsfelder übertragen,in denen die Möglichkeit kooperativer Problemlösungenbestünde. Zudem manövrieren sich Akteure, dieausschließlich konfrontative Strategien anwenden, aufDauer in <strong>eine</strong> Position der Isolation, aus der heraus siek<strong>eine</strong> Chance mehr haben, Gehör in der breiten Öffentlichkeitzu finden (MAYNTZ, 1987).Angst vor Verhaltenseinschränkungen,Bevorm<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> Fremdbestimmung85. Gerade im Zusammenhang mit Naturschutzmaßnahmenist <strong>eine</strong> weit verbreitete Ablehnung gegenüberbehördlichen Entscheidungen zu beobachten, die alshierarchische („Top-down“-)Regulierung wahrgenommenwerden. Im Falle von Schutzgebietsausweisungenist diese Befürchtung nicht unbegründet, da die Unterschutzstellungzumin<strong>des</strong>t <strong>eine</strong> Erhaltung <strong>des</strong> Status quoverlangt, der Landnutzer also auf Nutzungsoptionen verzichtenmuss (Tz. 80). In Fallstudien wurde deutlich, dassLandwirte jedoch selbst gegenüber dem Vertragsnaturschutzdie Empfindung entwickeln können, dass autoritärerZwang ausgeübt wird, obwohl <strong>eine</strong> Teilnahme amVertragsnaturschutz im Prinzip freiwillig ist. Dies ist insbesondereder Fall, wenn Vertragsnaturschutz in Schutzgebietenangeboten wird. Da die Naturschutzbehördenüber die Schutzgebietsverordnung schärfere Nutzungsauflagenverhängen könnten, fühlen sich viele Landwirteerpresst (BRENKEN, 2002, S. 68 f.).Haben die Beteiligten den Eindruck, dass ihre Einflussmöglichkeitenauf den Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozessunzureichend sind, wirkt dies konfliktverschärfend<strong>und</strong> kann zu Blockaden <strong>und</strong> anderen Strategien der Interessendurchsetzungführen (BISCHOFF <strong>und</strong> HÜCHTKER,1996, S. 33; HOLZNAGEL, 1990, S. 95 f.). Auchflächenscharfe Darstellungen möglicher Naturschutzmaßnahmen,die ohne vorherige Kontaktaufnahme zu denGr<strong>und</strong>eigentümern durchgeführt werden, wirken akzeptanzmindernd(HEILAND, 2000, S. 11) <strong>und</strong> führen beiden Betroffenen zu <strong>eine</strong>m generellen Misstrauen gegenüberdem Naturschutz. Im „Forum Elbtalaue“ löste beispielsweise<strong>eine</strong> von Naturschutzseite präsentierte Karte„Entwicklungspotential aus Naturschutzsicht“, in deretwa ein Drittel der Fläche als „Schwerpunktbereich mitEignung für eigendynamische natürliche Entwicklung“gekennzeichnet war, große Befürchtungen <strong>und</strong> Widerständeder Betroffenen aus (DONNER <strong>und</strong> SCHMIDT,2000, S. 64).Hemmnisse in kooperativen <strong>und</strong> integrativenNaturschutzansätzen86. Als Lösung für die meisten der angesprochenenAkzeptanzprobleme werden häufig kooperative Naturschutzstrategien,die Schutz <strong>und</strong> Nutzung integrieren,empfohlen. Obwohl Naturschutzprojekte, die <strong>eine</strong> Kooperationmit den Nutzern anstreben, in den letzten Jahrendurch verschiedene Institutionen <strong>und</strong> Programme wiez. B. das LEADER+-Programm der EU intensiviert wurden,stellen erfolgreiche Beispiele noch immer Einzelfälledar. Viele Projekte zur Vermarktung naturschutzkonformerzeugter Produkte oder zur Förderung <strong>des</strong> Tourismus, diemit viel Enthusiasmus vonseiten <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> begonnenwurden, entwickelten sich sehr langsam, bliebenauf der Strecke oder zeigten nur geringe Erfolge. Trotz derunbestritten besseren Akzeptanz, die kooperative Projektebei den Landnutzern hervorrufen, hat sich diese Form derUmsetzung von Naturschutzzielen bislang nicht als vorherrschen<strong>des</strong>Instrument durchsetzen können. Um dies zuerklären, müssen die Erfolgsfaktoren für kooperative Projekte,die so genannte Gewinnerkoalitionen erzeugen,näher betrachtet werden. Ausschlaggebend für die erfolgreicheInitiierung <strong>und</strong> Umsetzung solcher Projekte sindfolgende Faktoren (vgl. BLUM et al., 2000; BRENDLE,1999):– Es muss ein Min<strong>des</strong>tmaß an Problemdruck <strong>und</strong> Lösungswillenbei den Akteuren vorhanden sein. Ein fürdie Naturschutzprojekte förderlicher Problemdruckentsteht nicht nur durch <strong>eine</strong>n kritischen Zustand vonNatur <strong>und</strong> Landschaft. Vielmehr spielen die von den

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