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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Drucksache 14/9852 – 88 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. WahlperiodeGegenleistung – also <strong>eine</strong> Freifahrerposition – anzustreben.Die in zahlreichen Zahlungsbereitschaftsanalysenfestgestellten Präferenzen für Naturschutz (zu<strong>eine</strong>r Übersicht HAMPICKE, 2000, S. 137) schlagensich <strong>des</strong>halb nicht am Markt in <strong>eine</strong>r tatsächlichenNachfrage nieder.– Die Marktfähigkeit <strong>eine</strong>s Gutes setzt voraus, dass dieNachfrager <strong>eine</strong> klare Vorstellung über <strong>des</strong>sen Nutzungsmöglichkeitenhaben. Die zukünftigen Nutzungsmöglichkeitenvon Natur <strong>und</strong> Landschafteinschließlich Artenvielfalt sind jedoch häufig mitUnsicherheiten verb<strong>und</strong>en. Ein Beispiel hierfür istdie Ungewissheit <strong>des</strong> zukünftigen Nutzens der Artenvielfaltin pharmazeutischen Anwendungen (z. B.WBGU, 2000, S. 46 f.; KATE <strong>und</strong> LAIRD, 1999).– Verschärft wird die Problematik der Ungewissheit<strong>des</strong> zukünftigen Nutzens noch dadurch, dass Eingriffein Natur <strong>und</strong> Landschaft <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enenFolgen (insbesondere Artensterben) in derRegel irreversibel sind <strong>und</strong> häufig k<strong>eine</strong> Substitutionsmöglichkeitenzur Verfügung stehen.200. Durch die genannten Eigenschaften wird die Marktfähigkeit<strong>des</strong> Gutes „Natur <strong>und</strong> Landschaft“ prinzipiell eingeschränkt.Obwohl <strong>eine</strong> latente <strong>und</strong> durch empirischeZahlungsbereitschaftsanalysen hinreichend bewieseneNachfrage nach Naturschutzleistungen besteht <strong>und</strong> obwohldie Landnutzer ihrerseits bei entsprechender Entlohnungzur Erbringung solcher Leistungen bereit wären, bildet sichkein funktionsfähiger Markt für Naturschutzleistungenheraus. Lediglich die Naturschutzverbände sind in begrenztemUmfang in der Lage, Mitglieds- <strong>und</strong> Spendenbeiträgezu <strong>eine</strong>r zahlungskräftigen Nachfrage nachNaturschutzleistungen zu bündeln, die seitens der Landnutzerein entsprechen<strong>des</strong> Angebot wachzurufen vermag (z. B.FLAßBARTH <strong>und</strong> UNSELT, 1999).201. Stellvertretend für diejenigen Individuen, einschließlichder Vertreter zukünftiger Generationen, derenNaturschutzpräferenzen oder ethische Überzeugungensich aus den oben genannten Gründen nicht am Markt manifestierenkönnen, agiert der Staat in zweifacher Weise:– als „Produzent“ von Naturschutzleistungen, z. B.durch die Ausweisung <strong>und</strong> den Unterhalt von Schutzgebieten(zu <strong>eine</strong>r Übersicht vgl. BfN, 1999, S. 109 f.),– als „Nachfrager“ von Naturschutzleistungen (hier oftin Verbindung mit Erholungs-, aber auch anderen Umweltleistungen)gegenüber den Landnutzern, z. B.durch Extensivierungs- <strong>und</strong> Kulturlandschaftsprogramme.Da die staatlichen Finanzmittel zur Durchführung solcherMaßnahmen begrenzt sind, muss bei der Auswahl einzelnerProjekte die Wirtschaftlichkeit beachtet werden.5.1.2.1 Voraussetzungen für den effizientenEinsatz finanzieller Ressourcen202. Angesichts knapper staatlicher Naturschutzbudgetsgewinnen Effizienzüberlegungen auch im Naturschutz zunehmendan Bedeutung. In s<strong>eine</strong>r allgemeinsten Formulierungfordert das ökonomische Effizienzprinzip, ein vorgegebenesZiel mit minimalen Mitteln zu erreichen, oderanders formuliert, mit gegebenen Mitteln <strong>eine</strong>n maximalenGrad an Zielerreichung zu realisieren (z. B. SIEBERT,1996, S. 46). Nach der ökonomischen Theorie erfordert dieeffiziente Allokation <strong>eine</strong>s gegebenen Naturschutzbudgets,dieses in <strong>eine</strong>r solchen Weise aufzuteilen, dass die letzteausgegebene Geldeinheit in ihren alternativen naturschutzbezogenenVerwendungen den gleichen zusätzlichen Nutzen(Grenznutzen) stiftet. Nur dann ist es nämlich nichtmehr möglich, durch <strong>eine</strong> Umverteilung der finanziellenMittel zwischen den verschiedenen Verwendungen <strong>eine</strong>ninsgesamt höheren Nutzen für den Naturschutz zu erzielen.In der Praxis scheitert diese Vorgehensweise freilich anzahlreichen Erfassungs- <strong>und</strong> Bewertungsproblemen. Auchsind die verfügbaren Mittel aufgr<strong>und</strong> von administrativenBarrieren in der Regel nicht hinreichend flexibel einsetzbar,um über Ressort- <strong>und</strong> Ländergrenzen hinweg zu derjenigenVerwendung zu gelangen, die den höchsten Nutzenverspricht (HAMPICKE, 1991, S. 145).Obgleich dem theoretischen Ideal der vollständigen Effizienzin der Praxis aus vielerlei Gründen nur graduell gefolgtwerden kann, lassen sich dennoch zahlreiche Empfehlungenfür <strong>eine</strong>n ökonomisch rationalen Einsatz dervorhandenen Naturschutzmittel ableiten. Dabei berührt dieFrage der effizienten Mittelverwendung sowohl die Zielebeneals auch die Instrumentenebene <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>(HAMPICKE, 1994, S. 70 ff.): Auf der Zielebene musszunächst Klarheit über die anzustrebenden Ziele <strong>und</strong> ihreRangfolge herrschen (siehe Kapitel 2), bevor auf der Instrumentenebeneuntersucht werden kann, welche möglichenMaßnahmen zur Zielerreichung ergriffen werden können,wie ihre unterschiedliche Eignung zu beurteilen ist,<strong>und</strong> mit welchen Kosten sie jeweils verb<strong>und</strong>en sind.5.1.2.1.1 Voraussetzungen im Bereich der Ziele<strong>und</strong> Prioritäten <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>203. Ohne <strong>eine</strong> klare Zielbestimmung sind weder Aussagenzum effizienten Mitteleinsatz noch Maßnahmen derEffizienzkontrolle möglich. Die in Kapitel 2 dargestelltenLeitlinien <strong>und</strong> Ziele <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> bedürfen <strong>eine</strong>rweiteren Konkretisierung <strong>und</strong> gegebenenfalls auch Einschränkung.Hierbei sind in <strong>eine</strong>m ersten Schritt verbindlicheMinimalziele zu definieren, deren Verfolgungabsolute Priorität genießt. Erst wenn die Erreichung dieserMinimalziele sichergestellt ist, können weiter gehendeZiele in Betracht gezogen werden. Ein ökonomisch effizienterEinsatz der verfügbaren Naturschutzmittel erfordert<strong>eine</strong> Konzentration auf diese Minimalziele, dieirreversible ökologische Substanzverluste verhindern sollen.Eine finanzielle Min<strong>des</strong>tausstattung <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>,die zumin<strong>des</strong>t die Vermeidung irreversiblerökologischer Substanzverluste erlaubt, ist aus Sicht <strong>des</strong>Umweltrates unerlässlich.5.1.2.1.2 Naturschutzmaßnahmen <strong>und</strong> -instrumenteunter Effizienzgesichtspunkten204. Im Rahmen rein ökonomischer Kosten-Nutzen-Überlegungen ist <strong>eine</strong> isoliert betrachtete Naturschutzmaßnahmedann vorteilhaft, wenn sie <strong>eine</strong>n positiven Nettonutzenaufweist. Wie jedoch oben bereits dargestellt, sindNaturschutzerwägungen aufgr<strong>und</strong> vielfältiger Erfassungs<strong>und</strong>Bewertungsprobleme insbesondere auf der Nutzen-

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