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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiode – 131 – Drucksache 14/9852331. Ein weiteres Problem bei der Anwendung der Eingriffsregelungstellen die Ansprüche vieler anderer Interessengruppendar, die die Eingriffsregelung für ihreZwecke nutzen wollen. So hoffen z. B. die Fremdenverkehrsgemeinden,sich damit kostengünstig <strong>eine</strong> touristischeInfrastruktur, z. B. den Bau von Radwegen, finanzierenzu können. Die Forstverwaltung versucht, mithilfeder Eingriffsregelung den ökologischen Waldumbauumzusetzen (vgl. z. B. die Kompensationsmaßnahmenzum Bau der ICE-Strecke Köln–Rhein/Main) <strong>und</strong> dieKommunen nutzen die Kompensationspflicht, um ihrestädtebaulichen Grünstrukturen zu realisieren (vgl.BREUER, 2000, S. 118). Diese Begehrlichkeiten zielensicherlich nicht immer auf die naturschutzfachlich besteKompensationslösung. Durch <strong>eine</strong> strikt defensive Haltungder Naturschutzbehörden (vgl. Kapitel 3.2) bleibenallerdings auch erhebliche Kooperationsmöglichkeitenungenutzt. Erfolgversprechender ist daher <strong>eine</strong> differenzierteStrategie der Kooperation mit geeigneten Partnern<strong>und</strong> in geeigneten Teilbereichen, wenn dabei Synergieeffektezu erwarten sind. Gemeinsam mit Wasserversorgern<strong>und</strong> Wasserschutzbehörden können beispielsweise inWasserschutzgebieten weiter gehende Maßnahmen verwirklichtwerden als dies allein durch Kompensationsmaßnahmenmöglich wäre. Der Wasserschutz kann dabei<strong>eine</strong>n Gr<strong>und</strong>schutz der abiotischen Schutzgüter finanzieren,auf dem aufbauend Naturschutzmaßnahmen z. B.dann <strong>eine</strong> aufwendigere Pflege realisieren können. Auchdie Ansätze in der Forstwirtschaft zur Einführung ökologischerWirtschaftweisen können als Gr<strong>und</strong>lage für weitergehende Kompensationsmaßnahmen genutzt werden.EmpfehlungenWeiterentwicklung <strong>des</strong> Rechts <strong>und</strong> untergesetzlicheKonkretisierungen332. Um die Belange <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> in der Abwägungder Eingriffsregelung nach Naturschutzrecht zu stärken,sollte <strong>eine</strong> Prioritätensetzung bezüglich <strong>des</strong> Gewichtsder betroffenen Funktion von Natur <strong>und</strong> Landschaft in derAbwägung entsprechend ihrer Knappheit erfolgen. Derdiesbezügliche Ansatz in § 19 Abs. 3 BNatSchG n. F. sollteausgebaut werden: Nach § 19 Abs. 3 BNatSchG n. F. dürfenEingriffe, die Biotope der streng geschützten Artenzerstören, nur aus zwingenden Gründen <strong>des</strong> überwiegendenöffentlichen Interesses zugelassen werden. AlsGr<strong>und</strong>lage für die Abwägung sollten b<strong>und</strong>esweite Standardszum (abgestuften) Wert der Schutzgüter <strong>und</strong> Funktionenentwickelt werden, die <strong>eine</strong> einheitliche Basis fürdie Gewichtungen von Abwägungsgründen darstellenkönnen. Auf diese Weise kann die Abwägung qualifiziert<strong>und</strong> transparenter gestaltet werden. Eine darauf ausgerichtetePrioritätenliste könnte beispielsweise Naturschutzbelangevon überregionaler Bedeutung hervorheben<strong>und</strong> so deren Gewicht in der Abwägung erhöhen. Dieswürde zumin<strong>des</strong>t für den Normalfall <strong>eine</strong>n Orientierungsrahmen– insbesondere auch für die Begründung der Abwägungsentscheidung– geben, ohne auszuschließen, dassin Einzelfällen aufgr<strong>und</strong> von Besonderheiten <strong>des</strong> regionalenNaturraums auch andere Prioritäten gesetzt werdenkönnen.333. Außer in der schwachen Abwägungsposition derNaturschutzbelange liegt ein weiterer Gr<strong>und</strong> für diemangelhafte Wirkung der Eingriffsregelung darin, dassdie Kompensationsmaßnahmen häufig schlicht garnicht, nicht vollständig oder nur mit großen Verzögerungenumgesetzt werden. Daher müssen die Länder ausSicht <strong>des</strong> Umweltrates bessere rechtliche <strong>und</strong> tatsächliche(personelle) Vorkehrungen zur Vollzugssicherungtreffen. Insbesondere sollten sie die Einrichtung vonKompensationsflächenkatastern, <strong>eine</strong>n Nachweis derFlächenverfügbarkeit <strong>und</strong> <strong>eine</strong> Umsetzungskontrollevorschreiben.Die Erstellung der Kompensationsflächenkataster sollte<strong>eine</strong> Pflichtaufgabe der unteren Naturschutzbehörden(UNB) werden. Die UNB werden in allen Verfahren beteiligt,haben damit den besten Überblick <strong>und</strong> könnenständig auf den aktuellsten Stand zugreifen. Eine Führung<strong>des</strong> Katasters auf Lan<strong>des</strong>ebene müsste dagegen immermit umfassenden Meldepflichten ausgestattet sein, derenVollzug wiederum Probleme mit sich bringen würde. DerAufbau <strong>und</strong> die Methodik der Kataster sollten jedoch lan<strong>des</strong>weit,wenn möglich sogar b<strong>und</strong>esweit einheitlichgestaltet werden. Gleichzeitig ist <strong>eine</strong> Vernetzung mit anderenFachbehörden <strong>und</strong> mit den Katasterämtern unverzichtbar,um widersprüchliche Festlegungen oder Doppelförderungenzu verhindern. Die Führung <strong>des</strong> Katasterssollte auf der Ebene von Flurstücken (in Datenbanken <strong>und</strong>kartographisch) erfolgen, da dies die Bezugsebene vonbehördlichen Entscheidungen mit Rechtswirkungen aufdie Fläche ist. Nur auf dieser räumlichen Bezugsbasis istein Abgleich zwischen den Flächenkonsequenzen verschiedenerVerfahren <strong>und</strong> Programme möglich. Bestehennur Datenbanken auf Flurstückbasis, jedoch k<strong>eine</strong>kartographischen Darstellungen, so wird das täglicheManagement von Kompensationsflächen in Verhandlungenmit Vorhabensträgern erheblich behindert. Eine Vernetzungmit dem Katasteramt ist vor allem vor dem Hintergr<strong>und</strong><strong>eine</strong>r langfristigen Sicherung der Flächenerforderlich.Der Nachweis über die Flächenverfügbarkeit, wie ihn bereitsmehrere B<strong>und</strong>esländer im Gesetz geregelt haben(vgl. Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetze von Niedersachsen,Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> Schleswig-Holstein), sollte b<strong>und</strong>esweitverankert werden, da die Bereitstellung von Flächen<strong>eine</strong> Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die Umsetzung der Kompensationsmaßnahmendarstellt. Der Nachweis kann insbesonderedurch Eintrag ins Gr<strong>und</strong>buch bzw. durch <strong>eine</strong>dingliche Sicherung der Kompensationsflächen erfolgen.Die wünschenswerte Umsetzungskontrolle von Kompensationsmaßnahmenkönnte von den Ländern durchden Nachweis über die Herstellung der Kompensationsmaßnahme(vgl. Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetze von Berlin,Brandenburg, Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> Saarland) oderweiter gehend durch die Einführung <strong>eine</strong>r Erfolgskontrolleumgesetzt werden (vgl. Bayerisches Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetz).Darüber hinaus sollte die rechtliche Möglichkeitgeschaffen werden, bei Bedarf <strong>eine</strong>n solchenNachweis von <strong>eine</strong>m privaten Sachverständigen anzufordern(vgl. Bayerisches Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetz).

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