13.07.2015 Aufrufe

Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Drucksache 14/9852 – 70 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. WahlperiodeFehlgewichtung anderer – insbesondere der konkurrierenden– Belange bei der planerischen Abwägung imWege der Verbandsklage nicht überprüft werden könnte.Dem Denkansatz nach entspricht diese richterrechtlicheBeschränkung <strong>des</strong> Rügerechts den oben angesprochenenBeschränkungen <strong>des</strong> Rügerechts von nicht eigentumsbetroffenenKlägern, die <strong>eine</strong> Fehlberücksichtigung ihrerprivaten Belange im Rahmen der planerischen Abwägunggeltend machen (Tz. 135). Sie ist auch gleichermaßen unplausibel,da der richtige Stellenwert <strong>eine</strong>s Belangs in derplanerischen Abwägung sich erst in der Relation zu denberührten anderen, möglicherweise konfligierenden Belangenergibt <strong>und</strong> Belange <strong>des</strong> Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzesdaher auch dann rechtsfehlerhaft zurückgesetztsein können, wenn zwar ihre Bedeutung für sich genommenrichtig, aber die Bedeutung anderer, konfligierenderBelange falsch eingeschätzt worden ist (s. zum innerenZusammenhang der Abwägungsbelange, den die Planungsrechtsdogmatikin anderen Hinsichten durchausberücksichtigt: HENKE, 1999, S. 54 f.). Bedenken gegendie Richtigkeit der b<strong>und</strong>esverwaltungsgerichtlichenRechtsprechung ändern aber nichts daran, dass sie es ist,die die Reichweite der Rügemöglichkeiten im Rahmender Verbandsklage bestimmt, solange nicht der Gesetzgeberdiesbezüglich ausdrücklich anderweitige Regelungentrifft.137. <strong>Für</strong> die Praxis bedeuten die dargestellten, mit dervorgesehenen b<strong>und</strong>esrechtlichen Verbandsklage nur partiellbehobenen Rechtsschutzdefizite, dass Planungsträgersich in den Bereichen, die aufgr<strong>und</strong> der bestehendenBeschränkungen <strong>des</strong> Gerichtszugangs <strong>und</strong> der begrenztenReichweite der zugestandenen Rügemöglichkeiten<strong>eine</strong>r gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle praktischnicht ausgesetzt sind, eklatante Abwägungsfehler <strong>und</strong>sonstige Rechtsverstöße zulasten <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> leistenkönnen <strong>und</strong> nichtseltenauchtatsächlichleisten(s.fürBeispieleausderkommunalenBauleitplanung:REINKE,2002, S. 310 <strong>und</strong> 313). Erweiterte Klagemöglichkeitenverbessern demgegenüber, ganz unabhängig von konkretenKlagefällen, die Beachtung der rechtlichen Gebotezum Schutz von Natur <strong>und</strong> Landschaft vor allem dadurch,dassEntscheidungsträgerdurchdiebloßeMöglichkeitderKlageerhebung zu sorgfältigerer Vermeidung von Abwägungs-<strong>und</strong> sonstigen Rechtsfehlern veranlasst werden(s. Tz. 136).4.2.6 Korrekturmöglichkeiten4.2.6.1 Abwägungsfeste Schutzpositionen138. Da die Schwäche der Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzbelangein der planerischen Abwägung min<strong>des</strong>tensteilweise strukturbedingt (Tz. 127) <strong>und</strong> insofernprinzipiell nicht völlig überwindbar ist, liegt es nahe, dasProblem dadurch zu lösen, dass diese Belange so weitwie möglich unmittelbar durch den Gesetzgeber selbstabgewogen <strong>und</strong> nach Maßgabe dieser gesetzgeberischenAbwägung unter <strong>eine</strong>n strikteren gesetzlichen Schutzgestellt werden.In der Planungsrechtsdogmatik sind Vorschriften, die indieser Weise bestimmte Belange der Zurücksetzung imRahmen der administrativen planerischen Abwägungentziehen, traditionell als „Planungsleitsätze“ bezeichnetworden. Die neuere Rechtsprechung <strong>und</strong> Literaturvermeidet diesen missverständlichen Begriff <strong>und</strong> sprichtstatt<strong>des</strong>sen von gesetzlichen Bindungen oder striktenRegelungen (GAENTZSCH, 2000, S. 994). Von den gesetzlichenVorschriften, deren Schutzgehalt als strikt<strong>und</strong> daher im Rahmen der planerischen Abwägung nichtrelativierbar gilt, sind allerdings viele so allgemein gefasst,dass sie von vornherein kein bestimmtes Schutzniveaufür die Belange <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> <strong>und</strong> der Landschaftspflegegewährleisten <strong>und</strong> daher in der Sache auchk<strong>eine</strong>n strikten Schutz beinhalten (JARASS, 1998,S. 1207).139. Einen erhöhten Schutz der Belange von Natur <strong>und</strong>Landschaft vor Zurücksetzung im Rahmen der planerischenAbwägung bieten einmal eingerichtete Schutzgebiete.Eine planerische Abwägung, in der sich die Belange<strong>des</strong> Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzes nicht immerim wünschenswerten Umfang durchsetzen können, liegthier bereits dem Erlass der jeweiligen Schutzgebietsverordnungzugr<strong>und</strong>e. Der einmal verordnungsrechtlich fixierteSchutz ist aber in der planerischen Abwägungstrikt zu beachten (s. statt vieler JOHLEN, 2000,S. 44 f.). Diese strikte Bindung kann zwar im Prinzipdurch <strong>eine</strong> Befreiung aufgehoben werden (s. insbesondere§ 62 BNatSchG n. F.). Die mit der Schutzgebietsausweisungeinmal erfolgte Anerkennung hoherSchutzwürdigkeit <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Umkehrungder Initiativ- <strong>und</strong> Argumentationslast bedeutet aber,auch wenn im Einzelfall <strong>eine</strong> Befreiung zur Diskussionsteht, <strong>eine</strong> im Vergleich zur normalen Abwägungssituationerheblich verbesserte Position für die Belange <strong>des</strong><strong>Naturschutzes</strong> <strong>und</strong> der Landschaftspflege. Das gilt besondersfür Gebiete, die dem starken Schutzregime <strong>des</strong>Naturschutzgebiets oder <strong>des</strong> Nationalparks unterstelltsind. Der in § 3 BNatSchG n. F. zum Biotopverb<strong>und</strong> verfolgteAnsatz, mit quantitativen Vorgaben für die Unterschutzstellungvon Flächen zu arbeiten, ist dahergr<strong>und</strong>sätzlich zu begrüßen. Die vorgesehene Regelungist aber vor allem insofern unzureichend, als das vorgegebeneZiel von 10 % der Lan<strong>des</strong>fläche auch schwacheSchutzformen wie die Landschaftsschutzgebiete<strong>und</strong> sogar überhaupt nicht rechtssatzförmig geschützteGebiete einschließt. Quantitative Vorgaben für die Ausweisungvon Schutzgebieten sollten außerdem durchumsetzungsorientierte Anreize im Rahmen der Förderpolitik<strong>und</strong> <strong>des</strong> Finanzausgleichs flankiert werden(Kapitel 5).140. Eine besonders weitgehende Herausnahme ausadministrativen Abwägungen ist mit <strong>eine</strong>r unmittelbargesetzlichen Unterschutzstellung oder weitgehendengesetzlichen Fixierung der unter Schutz zu stellendenGebiete verb<strong>und</strong>en, wie sie § 30 BNatSchG n. F. <strong>und</strong>die dazu ergangenen lan<strong>des</strong>rechtlichen Vorschriften fürbestimmte Biotope <strong>und</strong> – aufgr<strong>und</strong> ihrer anerkanntenDirektwirkung schon gegenwärtig – die europäischeVogelschutzrichtlinie <strong>und</strong> die FFH-Richtlinie (dazuGELLERMANN, 2001) vorsehen. Die Erweiterung <strong>des</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!