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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Drucksache 14/9852 – 14 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiodeprogramme konnten dem Trend <strong>des</strong> Artenrückgangs auflandwirtschaftlichen Flächen in vielen Gebieten nicht ausreichendentgegentreten (s. EPPLE, 1999; für die Niederlande:KLEIJN et al., 2001). Der Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmittelnist seit Mitte der Neunzigerjahre wiederangestiegen (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2001).Neu hinzugekommene Risikofaktoren infolge von zunehmenderVerkl<strong>eine</strong>rung <strong>und</strong> Isolierung der Biotope sowie<strong>des</strong> Schad- bzw. Nährstoffeintrags sind geringe Samenbildung<strong>und</strong> verminderte ökologische Anpassungsfähigkeitsowie Bastardisierung. Diese Faktoren könnenebenso wie die Ausbreitung von bestimmten Neophyten(s. KOWARIK, 2001, S. 19) zum Aussterben von Pflanzenartenführen, die in ihrem Lebensraum bereits diekritische Populationsgröße erreicht oder unterschrittenhaben. Die Unterbindung der natürlichen Dynamik insbesonderein Auen <strong>und</strong> Wäldern (vgl. BfN, 1999, S. 61, 69)zerstört die Lebensbedingungen besonders schutzwürdiger,spezialisierter Arten dynamischer Lebensräume<strong>und</strong> beraubt den Menschen bestimmter Aspekte <strong>des</strong> Naturerlebens.Die Auswirkungen <strong>des</strong> Klimawandels auf die Tier- <strong>und</strong>Pflanzenwelt können bisher nur ansatzweise abgeschätztwerden. Mit starken Veränderungen ist jedoch insbesonderenach dem Jahr 2010 zu rechnen. Vermutlich werdenbis 2050 in großen Teilen Europas weniger als 80 % derArten in ihrem bisherigen Areal verbleiben. Während imöstlichen Mitteleuropa die Erhaltung der überwiegendenZahl der Arten trotz der Arealverschiebungen relativwahrscheinlich ist, wird für Westeuropa vermutet, dassnur zwischen 65 <strong>und</strong> 80 % der Arten stabil bleiben werden(EEA, 1999, S. 302).1.3.2 Einschränkung der Leistungs- <strong>und</strong>Nutzungsfähigkeit <strong>des</strong> Naturhaushaltes7. Die genannten Ursachen beeinträchtigen die Leistungs-<strong>und</strong> Nutzungsfähigkeit <strong>des</strong> Naturhaushaltes insgesamt.Die so genannten abiotischen Schutzgüter <strong>des</strong><strong>Naturschutzes</strong> Boden, Wasser, Luft <strong>und</strong> Klima sind inihrer Funktionsfähigkeit in vielen Gebieten dauerhaft gestört.Bodenverdichtungen sind beispielsweise bereitsauf ca. 30 bis 40 % der ostdeutschen Ackerflächen festzustellen(FRIELINGHAUS et al., 1999; DÜRR et al.,1995; WERNER <strong>und</strong> REICH, 1993; vgl. auch SRU, 2000,Tz. 464). Trotz erheblicher Verstärkung der Anstrengungenim Gewässerschutz verschlechtert sich die Gr<strong>und</strong>wasserqualitätin vielen Gebieten oder zeigt bei <strong>eine</strong>munbefriedigenden Ausgangszustand nur geringfügigeVerbesserungen. Dieses ist – neben generellen Schwierigkeiten<strong>eine</strong>r Umstellung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung– in vielen Fällen auf den Pflanzenschutzmitteleinsatz<strong>und</strong> die Grünlandumbrüche vergangenerJahre <strong>und</strong> Jahrzehnte zurückzuführen, deren Folgen sichauch noch in Zukunft im Gr<strong>und</strong>wasser zeigen werden(FELDWISCH <strong>und</strong> FREDE, 1998, S. 21; MULL <strong>und</strong>NORDMEYER, 1995, S. 169). Die Flächeninanspruchnahmefür den Bau von Siedlungen, Gewerbe <strong>und</strong> Verkehrswegenhält trotz gegenläufiger politischer Zielformulierungennach wie vor ungebremst an. Die bebauteFläche nimmt in Deutschland täglich um durchschnittlichca. 130 Hektar zu (UBA, 2001; vgl. auch SRU, 2000,Tz. 456). Die damit verb<strong>und</strong>ene Versiegelung <strong>eine</strong>s großenTeils dieser Fläche hat gravierende Auswirkungen aufalle Schutzgüter, unter anderem ist damit ein vollständigerVerlust <strong>des</strong> Bodens <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>r vielfältigen Funktionenverb<strong>und</strong>en.1.3.3 Einschränkung der Erholungs- <strong>und</strong>Erlebnisqualität der natürlichen Umwelt8. Parallel zu den Beeinträchtigungen der Biodiversität<strong>und</strong> <strong>des</strong> Naturhaushaltes gehen die Voraussetzungen fürdas Natur- <strong>und</strong> Landschaftserleben <strong>und</strong> die Erholung verloren.Bedingt wird dies vor allem durch den Verlust vonwohnortnahen Naturerlebnisräumen, die Zerschneidung<strong>und</strong> Verlärmung der Landschaft <strong>und</strong> die mit der Intensivierungder Landnutzung einhergehende Ausräumung<strong>und</strong> Vereinheitlichung der Landschaft. Die für die Erholungattraktiven Gebiete werden zunehmend kl<strong>eine</strong>r, sodass<strong>eine</strong> Konzentration der Erholungs- <strong>und</strong> Freizeitnutzungauf diesen verbleibenden Flächen stattfindet. Dieswiederum erzeugt Konflikte sowohl zwischen verschiedenenErholungsfunktionen als auch mit dem Arten- <strong>und</strong>Biotopschutz, <strong>des</strong>sen Schutzbemühungen sich häufig aufdie gleichen Gebiete beziehen (SRU, 1998, Tz. 1000 ff.).Verschärft wird diese Situation durch die Zunahme neuerFreizeitaktivitäten in der Natur, wie Canyoning oderMountainbiking, die auch zu Konflikten zwischen denverschiedenen Nutzergruppen führen können.1.4 Von der Defizitanalyse zurStrategieentwicklung9. Über die Analyse der Defizite hinaus müssen die Ursachender ungelösten Probleme im Naturschutz genauerbeleuchtet werden. Eine wesentliche Ursache dieserungelösten Probleme ist der im Vergleich zu ökonomischenInteressen geringe politische Stellenwert <strong>des</strong><strong>Naturschutzes</strong> in konkreten Entscheidungs- <strong>und</strong> Abwägungsprozessen(Kapitel 3, Kapitel 4.2, Kapitel 5.1; vgl.z. B. EKARDT, 2001; HEILAND, 1999, S. 24; AGFFH-VP, 1999; RÖHRS, 1998, S. 15). Dieser geringeStellenwert ist jedoch zum Teil s<strong>eine</strong>rseits auf andereHemmnisse zurückzuführen oder wird von diesen begleitet.So gibt es naturschutzinterne Hemmnisse (Kapitel 2.2,Kapitel 4.1) ebenso wie Hindernisse durch das Politikumfeld(Kapitel 3), durch die von der EU gesetzten Rahmenbedingungen<strong>und</strong> durch fehlende oder unzureichenderechtliche <strong>und</strong> ökonomische Steuerungsinstrumente (Kapitel5). Vorhandene Naturschutzinstrumente können häufigaufgr<strong>und</strong> gegenläufiger, die Nutzungen weitaus stärkerbeeinflussender Voraussetzungen <strong>und</strong> Interessen nichtausreichend wirksam werden. Strategiedefizite bestehensowohl in Bezug auf die Umsetzung von Naturschutzzielenauf Vorrangflächen <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> als auchbezüglich der Integration von Schutz <strong>und</strong> Nutzung aufden übrigen Flächen: Häufig erfolgt z. B. <strong>eine</strong> zu starkeBetonung <strong>des</strong> hoheitlichen Vorgehens oder <strong>eine</strong> ineffizienteMittelverausgabung (s. Kapitel 6, Abschnitt 5.1.2).

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