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Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes

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Drucksache 14/9852 – 142 – Deutscher B<strong>und</strong>estag – 14. Wahlperiodeleistung durch die Ordnungsverfügung selbst erbrachtwerden kann, bevor harte Eingriffe in Gestalt <strong>eine</strong>rZwangsgeldfestsetzung erfolgen. Je weniger klar bestimmtdie durchzusetzenden Rechtspflichten sind, <strong>des</strong>tokonfliktträchtiger sind allerdings behördliche Anordnungen,<strong>und</strong> <strong>des</strong>to höher ist für die handelnden Behörden dasRisiko, dass Konkretisierungen, die sie im Wege der Ordnungsverfügungvornehmen, von den Gerichten im Streitfallnicht als richtig <strong>und</strong> rechtmäßig beurteilt werden. Unbestimmtheitenin den Rechtsgr<strong>und</strong>lagen wirken sichdaher, auch wo sie die Durchsetzung nicht unmöglich machen,doch auf die praktische Vollziehbarkeit im Wege derbehördlichen Anordnung ungünstig aus.Durchsetzung nach dem B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz358. <strong>Für</strong> die Verpflichtungen zur guten fachlichenPraxis der Landwirtschaft im neuen B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz(§ 5 Abs. 4 BNatSchG n. F.) ist <strong>eine</strong> ordnungswidrigkeitenrechtlicheSanktionierung nicht enthalten, weil dieBestimmungen zur guten fachlichen Praxis nicht zu denunmittelbar anwendbaren gehören, sondern nur <strong>eine</strong>n Rahmenfür die Lan<strong>des</strong>gesetzgebung bilden. Dasselbe gilt fürdie allgem<strong>eine</strong>n Vorgaben zur Forst- <strong>und</strong> Fischereiwirtschaftin § 5 Abs. 5 <strong>und</strong> 6 BNatSchG n. F. Damit die b<strong>und</strong>esrechtlichenVorgaben den Adressaten gegenüber effektivsanktioniert werden können, ist über die Umsetzung derVerpflichtungen in Lan<strong>des</strong>recht hinaus auch <strong>eine</strong> ordnungswidrigkeitenrechtlicheSanktionierung auf Länderebeneerforderlich. Dies setzt <strong>eine</strong> Konkretisierung überden im B<strong>und</strong>esgesetz erreichten Konkretisierungsgrad hinausvoraus. Der B<strong>und</strong> sollte hierzu fachliche Anleitungenzur Verfügung stellen, die in den Koordinationsgremiender Länder genutzt <strong>und</strong> die für die Rechtsetzung auf Lan<strong>des</strong>ebeneentweder unmittelbar oder durch Verweisungenverwendet werden können. Der Umweltrat weist nochmalsnachdrücklich darauf hin, dass die neuen b<strong>und</strong>esrechtlichenRegelungen zur guten fachlichen Praxis ohne ausreichendeKonkretisierung, die <strong>eine</strong> unmittelbare ordnungswidrigkeitenrechtlicheSanktionierung erlaubt, <strong>eine</strong>symbolische Konstruktion bleiben werden.5.2.7.6 Fazit <strong>und</strong> Empfehlungen359. Der gesetzliche Maßstab der guten fachlichenPraxis war vor allem im Bereich <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong> bishernicht dazu geeignet, die anspruchsvollen Ziele <strong>des</strong>§ 1 BNatSchG im Bereich der Landwirtschaft umzusetzen.Dazu fehlte es vor allem vielfach an ausreichend konkreten,vollzugstauglichen Anforderungen. Mit demneuen B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz hat der Gesetzgeber nun<strong>eine</strong>n wichtigen Schritt in Richtung <strong>eine</strong>r anspruchsvollenAusgestaltung der guten fachlichen Praxis getan. Die mit§ 5 Abs. 4 BNatSchG n. F. eingeführten Regelungen zuNaturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege in der Landwirtschaftbedürfen allerdings vielfach ihrerseits noch weiterer Präzisierungen,zu denen nun insbesondere die Lan<strong>des</strong>gesetzgeberaufgerufen sind. Als Gr<strong>und</strong>lage für die erforderlichenlan<strong>des</strong>rechtlichen Umsetzungen sollten unter<strong>eine</strong>r zentralen Anleitung durch B<strong>und</strong>esinstitutionen, wiez. B. dem B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esforschungsanstaltfür Landwirtschaft, Standards durch Fachgremienerarbeitet werden.<strong>Für</strong> die Konkretisierung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der Anforderungen<strong>des</strong> § 5 Abs. 4 BNatSchG n. F. empfiehlt derUmweltrat <strong>eine</strong> nur bedingte Rücksichtnahme auf standortspezifischeEmpfindlichkeiten von Natur <strong>und</strong> Landschaft.Die geltenden Regelungen zur guten fachlichenPraxis verlangen nur in Ausnahmefällen – wie z. B. imFalle der Überschwemmungsgebiete, der Beachtung derErosionsgefährdung von Standorten (vgl. § 5 Abs. 4,5. Spiegelstrich BNatSchG n. F.) <strong>und</strong> <strong>des</strong> Schutzes vonBiotopen nach § 30 BNatSchG n. F. – <strong>eine</strong> Rücksichtnahmeauf besondere, standortbedingte Empfindlichkeiten<strong>und</strong> Schutzerfordernisse. Aus Sicht <strong>des</strong> <strong>Naturschutzes</strong>wären entsprechende Gebote zwar prinzipiell wünschenswert.Sie allgemeingültig vorzuschreiben, erscheint demUmweltrat gleichwohl nicht angemessen, weil solche allgemeingültigenPflichten zur Wahrung besonders empfindlicherNatur- <strong>und</strong> Landschaftsentitäten sich für aufbesonders umweltempfindlichen Standorten liegendeLandwirtschaftsbetriebe in erheblichen ökonomischenBelastungen auswirken würden. Allgem<strong>eine</strong> gesetzlicheSchutzvorgaben mit Standortbezug sollten nach Ansicht<strong>des</strong> Umweltrates nur – aber auch min<strong>des</strong>tens – gegenübersolchen möglichen Einwirkungen der Landwirtschaftvorgeschrieben werden, die die eigene Produktionsgr<strong>und</strong>lagebeeinträchtigen können. Das ist z. B. bei der landwirtschaftlichverursachten Bodenerosion bzw. -verdichtung,aber auch bei <strong>eine</strong>m den landschaftlichen Voraussetzungennicht genügenden biologischen Pflanzenschutz der Fall.360. Ein zweites zentrales, mit der Unbestimmtheit derzur guten fachlichen Praxis zählenden Anforderungen sehreng verknüpftes Problem liegt in der mangelnden Vollziehbarkeit<strong>und</strong> insbesondere in der fehlenden Sanktionsbewehrungdieser Anforderungen. Nur ein kl<strong>eine</strong>r Teil dieserBestimmungen ist durch Bußgeldtatbestände oder garStraftatbestände flankiert, die im Falle <strong>des</strong> Verstoßes zurGeltung gebracht werden können. Von der für die übrigenAnforderungen allein verbleibenden Möglichkeit <strong>eine</strong>rVerwaltungsvollstreckung wird derzeit von den zuständigenBehörden offenbar nur sehr ungern <strong>und</strong> selten Gebrauchgemacht. Dadurch hat sich in der Praxis unterhalb<strong>des</strong> gesetzlichen Anforderungsprofils de facto <strong>eine</strong> zweiteuntere Schwelle der guten fachlichen Praxis etabliert,nämlich die der effektiv sanktionierbaren Anforderungen.Die nicht ordnungsrechtlich sanktionierbaren <strong>und</strong> nichtpräzisierten Bestandteile der guten fachlichen Praxis sinddagegen fast gar nicht wirksam <strong>und</strong> im Bewusstsein derLandwirte sowie in der Bewirtschaftungspraxis auch nurunzureichend verankert (zu Letzterem siehe JOSITZ-PRITSCHER, 1999, S. 197 f.). Von daher hält der Umweltrat<strong>eine</strong> wesentlich stärkere Flankierung der gutenfachlichen Praxis durch Bußgeldtatbestände für dringenderforderlich. Das setzt allerdings jeweils die – vielfachnoch ausstehende – Konkretisierung in hinreichend bestimmtenAnforderungen voraus.Auch auf EU-Ebene sollte dringend auf die Normierunganspruchsvoller ökologischer Anforderungen andie landwirtschaftliche Praxis hingewirkt werden, um<strong>eine</strong>rseits Ökodumping zu unterbinden <strong>und</strong> andererseitsdie Voraussetzungen für <strong>eine</strong> Umwandlung derleistungsunabhängigen Agrarsubventionen in <strong>eine</strong>n

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