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Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...

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Der Hessische Datenschutzbeauftragte Datenschutz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle<br />

zugänglich se<strong>in</strong> dürfen. Die Datenschutzgesetze enthalten mit <strong>der</strong><br />

Konstruktion des „Datengeheimnisses“ das <strong>in</strong>formationelle Strukturpr<strong>in</strong>zip,<br />

daß personenbezogene Daten auch <strong>in</strong>nerhalb speichern<strong>der</strong><br />

Stellen (Behörden, Unternehmen) nur zu dem zur jeweiligen<br />

rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck – <strong>der</strong><br />

durch den Dienst- o<strong>der</strong> Organisationsplan, durch die Geschäftsverteilung<br />

usw. konkretisiert wird – bekanntzugeben, zugänglich zu<br />

machen o<strong>der</strong> sonst zu nutzen s<strong>in</strong>d. Die neuen Vorschriften über das<br />

Sozialgeheimnis im Zehnten Buch des Sozialgesetzbuchs (§§ 67<br />

SGB X) s<strong>in</strong>d dagegen <strong>für</strong> die juristische Bewältigung des geschil<strong>der</strong>ten<br />

Problems nicht e<strong>in</strong>schlägig. Sie regeln und begrenzen die<br />

Weitergabe von Sozialdaten durch „Sozialleistungsträger”, s<strong>in</strong>d also<br />

an die Behörde o<strong>der</strong> Körperschaft adressiert.<br />

Die Geheimhaltungspflicht des 㤠203 Abs. 1 StGB jedoch trifft<br />

jedes Mitglied <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser Vorschrift genannten Berufsgruppen<br />

(etwa Ärzte, Rechtsanwälte, Berufspsychologen, Mitarbeiter staatlich<br />

anerkannter <strong>Beratung</strong>sstellen usw.) wie jede Strafrechtsnorm persönlich.<br />

Die Berufsgeheimnisse gelten zunächst unabhängig davon, ob<br />

<strong>der</strong> Betroffene freiberuflich tätig ist o<strong>der</strong> als Arbeitnehmer o<strong>der</strong><br />

Beamter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Behördenorganisation e<strong>in</strong>gebunden ist. Ke<strong>in</strong>e Rolle<br />

spielt die gleichzeitige Eigenschaft als „Amtsträger“ im S<strong>in</strong>ne des<br />

Abs. 2 des § 203, <strong>der</strong> den Geheimnisschutz <strong>für</strong> die Datenweitergabe<br />

im Wege <strong>der</strong> Amtshilfe ausschließt. Dennoch besteht e<strong>in</strong> wichtiger<br />

Unterschied: Geht man davon aus, daß beispielsweise <strong>der</strong> Klient <strong>der</strong><br />

Sozialverwaltung se<strong>in</strong>e Angaben, die Geheimnisse enthalten, <strong>der</strong><br />

Behörde o<strong>der</strong> dem Amt als solchem, nicht aber e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Amtsträger gegenüber macht und auch im letzteren Fall se<strong>in</strong> Vertrauen<br />

nicht dem Bediensteten <strong>in</strong> Person, son<strong>der</strong>n als Repräsentanten <strong>der</strong><br />

Sozialbehörde entgegenbr<strong>in</strong>gt („funktionales Vertrauen“), greift § 203<br />

Abs. 1 StGB <strong>für</strong> die juristische Bewertung <strong>der</strong> Zirkulation <strong>der</strong> „Geheimnisse“<br />

<strong>in</strong>nerhalb dieser Behörde nicht e<strong>in</strong>. Werden Informationen von<br />

vornhere<strong>in</strong> <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en bestimmten Personenkreis gegeben, s<strong>in</strong>d diese<br />

Personen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e tauglichen Täter im S<strong>in</strong>ne des § 203<br />

Abs. 1 StGB, weil sie <strong>der</strong> Informationsgeber gleichermaßen zum<br />

Vertrauensträger gemacht hat.<br />

An<strong>der</strong>s jedoch dann, wenn Grundlage <strong>für</strong> die Mitteilung von<br />

Geheimnissen erkennbar die Vertrauensbeziehung zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Behördenangehörigen ist, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn dieser<br />

zugleich Inhaber e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Vertrauensstellung im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong><br />

202<br />

<strong>in</strong> § 203 Abs. 1 genannten Berufsgeheimnisse ist. In dieser Konstellation<br />

bedeutet auch die Weitergabe durch diesen Mitarbeiter an<br />

se<strong>in</strong>en Kollegen o<strong>der</strong> Vorgesetzten e<strong>in</strong> „Offenbaren“ im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong><br />

genannten Bestimmung, das ke<strong>in</strong>eswegs alle<strong>in</strong> durch das dienstrechtliche<br />

Verhältnis gerechtfertigt ist. Die Gehorsamspflicht aus<br />

dem Dienst- o<strong>der</strong> Arbeitsverhältnis alle<strong>in</strong> vermag <strong>in</strong> diesen Fällen<br />

die Geheimhaltungspflicht des Sozialarbeiters, Berufspsychologen,<br />

Ehe- o<strong>der</strong> Jugendberaters etc. nicht zu durchbrechen; vielmehr muß<br />

als Legitimation <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Offenbarung e<strong>in</strong>e gesetzliche Mitteilungspflicht<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> anerkannten Rechtfertigungsgründe des<br />

Strafrechts vorliegen.<br />

Es ist nicht e<strong>in</strong>fach, <strong>in</strong> Anbetracht des umfassenden <strong>für</strong>sorgerischen<br />

Auftrags <strong>der</strong> Sozialverwaltung beson<strong>der</strong>s im Bereich <strong>der</strong><br />

Sozial- und Jugendhilfe und angesichts <strong>der</strong> Vielfalt ihrer <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>greifenden<br />

Aufgaben und Befugnisse e<strong>in</strong>e klare Grenze zwischen<br />

dem Sozialarbeiter, Psychologen usw. <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Rolle als Behördenangehöriger<br />

e<strong>in</strong>erseits und als Partner e<strong>in</strong>er kommunikativen<br />

Zweierbeziehung mit dem Klienten an<strong>der</strong>erseits zu ziehen. Vieles<br />

hängt hier vom E<strong>in</strong>zelfall ab, etwa von <strong>der</strong> Stellung des e<strong>in</strong>zelnen<br />

Mitarbeiters <strong>in</strong> <strong>der</strong> Informations- und Entscheidungshierarchie <strong>der</strong><br />

Sozialbehörde und von se<strong>in</strong>er genauen Aufgabenstellung. Für den<br />

Bereich <strong>der</strong> Sozial- und Jugendhilfe ist angeregt worden, zwischen<br />

<strong>der</strong> Mitwirkung an Verwaltungsverfahren bei <strong>der</strong> Abwicklung von<br />

Sach- und Geldleistungen (Behördenfunktion) und <strong>der</strong> auf persönlicher<br />

Beziehung zum Klienten basierenden Interaktion (dann auch<br />

„<strong>in</strong>nerbehördlich“ Schweigepflicht) zu unterscheiden. Diese Ansätze<br />

bedürfen noch weiterer Präzisierung, um die Reichweite <strong>der</strong><br />

Berufsgeheimnisse von Behördenbediensteten klar def<strong>in</strong>ieren zu<br />

können. Problematisch ersche<strong>in</strong>t dies <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e deshalb, weil<br />

bei vielen Mitarbeitern <strong>der</strong> Sozialverwaltung beide Tätigkeiten<br />

schwer trennbar mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verknüpft s<strong>in</strong>d.<br />

Dennoch gibt es Bereiche, <strong>in</strong> denen sich Konturen klarer<br />

abzeichnen, <strong>in</strong> denen das <strong>in</strong>dividuelle Anvertrauen von Geheimnissen<br />

so e<strong>in</strong>deutig im Vor<strong>der</strong>grund steht, daß Konsequenzen aus<br />

dem Berufsgeheimnis auch <strong>für</strong> den <strong>in</strong>nerdienstlichen Verkehr mit<br />

Informationen unvermeidlich s<strong>in</strong>d. Zwei dieser Berufsgruppen<br />

werden im folgenden herausgegriffen: die Mitarbeiter von <strong>Beratung</strong>sstellen<br />

und die Schulpsychologen.<br />

(…)<br />

203

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