Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
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Gerichtsurteile Schweigepflicht gegenüber Erziehungsberechtigten<br />
Elternrecht daher e<strong>in</strong> fiduziarisches Recht, e<strong>in</strong> dienendes Grundrecht,<br />
e<strong>in</strong>e im echten S<strong>in</strong>ne anvertraute treuhän<strong>der</strong>ische Freiheit<br />
genannt (Vgl. Salad<strong>in</strong>, Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n als Gegenstand des Verfassungsrechts <strong>in</strong>: Festschrift <strong>für</strong><br />
Hans H<strong>in</strong><strong>der</strong>l<strong>in</strong>g, 1976, S. 175 [199]; Oppermann, Gutachten zum 51.<br />
Deutschen Juristentag <strong>in</strong>: Verhandlungen des Deutschen Juristentages,<br />
1976, C. 100; Ossenbühl, Schule im Rechtsstaat, DÖV 1977,<br />
S. 801 ff.).<br />
(S. 376f.)<br />
Das Bremische Schulverwaltungsgesetz hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Teil I, 2.<br />
Abschnitt, §§ 11 ff. erstmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesetz die <strong>Beratung</strong> im<br />
Schulwesen als Institution e<strong>in</strong>geführt. Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Beratung</strong> ist es,<br />
„zur För<strong>der</strong>ung von Schülern beizutragen, die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Schule zu unterstützen, Schulprobleme zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n und e<strong>in</strong>getretene<br />
Schulschwierigkeiten zu beheben“ (§ 11). Die schulpsychologische<br />
<strong>Beratung</strong>, die Schullaufbahnberatung, die Drogenberatung<br />
und an<strong>der</strong>e <strong>Beratung</strong>sdienste werden von fachlich vorgebildeten<br />
Beratern wahrgenommen. Die zentralen <strong>Beratung</strong>sdienste s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Stadtgeme<strong>in</strong>de Bremen beim Senator <strong>für</strong> Bildung, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Stadtgeme<strong>in</strong>de Bremerhaven beim Magistrat e<strong>in</strong>gerichtet (§ 12).<br />
Die Berater haben im E<strong>in</strong>verständnis mit dem Schulleiter Zugang<br />
zum Unterricht und zu den Konferenzen, soweit die <strong>Beratung</strong>saufgaben<br />
ihre Teilnahme erfor<strong>der</strong>lich machen. Sie unterliegen <strong>der</strong><br />
beamtenrechtlichen und dienstrechtlichen Schweigepflicht. Mit<br />
§ 13 Abs. 2 und 3 BremSchulVvG wurden erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
die näheren Modalitäten <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Schweigepflicht<br />
dieser Berater zur Wahrung des Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen<br />
umschrieben.<br />
Entsprechend dem Informationsanspruch, <strong>der</strong> den Eltern aus Art.<br />
6 Abs. 2 Satz 1 GG zusteht, geht § 13 Abs. 2 BremSchulVvG davon<br />
aus, daß die beson<strong>der</strong>e Schweigepflicht <strong>der</strong> Berater grundsätzlich<br />
nicht gegenüber den Erziehungsberechtigten <strong>der</strong> betroffenen M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen<br />
gilt.<br />
Zu e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>nvollen Zusammenwirken von Eltern und Schule bei<br />
<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Erziehung des K<strong>in</strong>des gehört e<strong>in</strong> offenes gegenseitiges<br />
Vertrauensverhältnis. Der Informationsanspruch <strong>der</strong> Eltern<br />
bezieht sich grundsätzlich auch auf die Erkenntnisse <strong>der</strong> schulischen<br />
Berater. Deren E<strong>in</strong>sichten und Erfahrungen im Umgang mit<br />
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dem K<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule können gerade <strong>für</strong> die <strong>in</strong>dividuelle, den<br />
Eltern zuvör<strong>der</strong>st obliegende Erziehung von erheblicher Bedeutung<br />
se<strong>in</strong>. Wenn <strong>der</strong> Berater e<strong>in</strong> Vertrauensverhältnis zu dem Schulk<strong>in</strong>de<br />
f<strong>in</strong>det, werden ihm – etwa <strong>in</strong> persönlichen Gesprächen – oft<br />
Umstände zur Kenntnis gelangen, die sich nicht auf den Schulsektor<br />
beschränken, son<strong>der</strong>n auch den <strong>in</strong>timen Familienbereich berühren.<br />
Alles dies kann Gewicht <strong>für</strong> die Erfüllung <strong>der</strong> elterlichen Erziehungspflicht<br />
haben.<br />
Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s gelagerten<br />
Fällen e<strong>in</strong>e Information <strong>der</strong> Eltern zu Reaktionen führen kann, die<br />
im Interesse des K<strong>in</strong>deswohls nicht zu verantworten s<strong>in</strong>d. Die<br />
Probleme und Schwierigkeiten des K<strong>in</strong>des können gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Elternhaus ihre Ursache haben, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong> Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Eltern und K<strong>in</strong>d mehr besteht (z.B. bei K<strong>in</strong>desmißhandlungen).<br />
Es s<strong>in</strong>d auch Fälle von Alkohol- und Drogensucht denkbar,<br />
<strong>in</strong> denen die E<strong>in</strong>schaltung <strong>der</strong> Eltern den Heilerfolg bee<strong>in</strong>trächtigen<br />
mag (vgl. K. Engler, Schweigerechte und Informationspflichten des<br />
Lehrers – am Beispiel von Drogenproblemen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule betrachtet,<br />
RdJB 1979, S. 62 ff., S. 130 ff. [131 f.]). Hier kann es im Interesse<br />
des K<strong>in</strong>des geboten se<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> Berater auch den Eltern<br />
gegenüber schweigt, um den Heilerfolg nicht zu gefährden und das<br />
Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem K<strong>in</strong>de nicht <strong>in</strong> Frage<br />
zu stellen. Die mit e<strong>in</strong>em <strong>der</strong>artigen, durch das K<strong>in</strong>deswohl<br />
gebotenen Vorgehen verbundene E<strong>in</strong>schränkung des elterlichen<br />
Informationsrechts ist mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG vere<strong>in</strong>bar; denn<br />
<strong>der</strong> treuhän<strong>der</strong>ische Charakter des elterlichen Erziehungsrechts<br />
b<strong>in</strong>det dieses an das K<strong>in</strong>deswohl und enthält <strong>in</strong> sich ke<strong>in</strong>e<br />
Befugnisse, welche dieses gefährden o<strong>der</strong> vereiteln (vgl. Böckenförde,<br />
a.a.O., S. 65).<br />
Dabei ist jedoch zu bedenken, daß es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Eltern<br />
s<strong>in</strong>d, die nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu erziehen haben.<br />
Sie sollen das Recht haben, Pflege und Erziehung „nach ihren<br />
eigenen Vorstellungen frei zu gestalten“ (BVerfGE 24, 119 [143]; 31,<br />
194 [204]; 47, 46 [69 f.]). Diese Verantwortung ist e<strong>in</strong>e Eltern-<br />
Verantwortung und jedenfalls ke<strong>in</strong>e primäre Staatsverantwortung.<br />
Die Eltern genießen <strong>in</strong>soweit Vorrang vor an<strong>der</strong>en Erziehungsträgern.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d im Bereich <strong>der</strong> Schule Erziehungsrecht <strong>der</strong><br />
Eltern und staatlicher Erziehungsauftrag e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gleichgestellt.<br />
Bei <strong>der</strong> hier <strong>in</strong> Frage stehenden Schweigepflicht <strong>der</strong> Berater geht es<br />
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