Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
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Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen Aufsicht über Erziehungsberatungsstellen<br />
werden sie Verpflichtungen e<strong>in</strong>gehen müssen, über die <strong>der</strong> öffentliche<br />
Träger sicherstellen kann, daß die Ansprüche <strong>der</strong> Bürger<br />
sachgemäß erfüllt werden. Diese Verpflichtungen erfolgen entwe<strong>der</strong><br />
durch Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>es Vertrages o<strong>der</strong> als Auflage im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>es Zuwendungsbescheides des öffentlichen Trägers.<br />
Innerhalb des freien Trägers greift die Dienstaufsicht mit ihren<br />
beiden Aspekten <strong>der</strong> Rechtmäßigkeits- und <strong>der</strong> Zweckmäßigkeitskontrolle<br />
als Folge des privatrechtlich e<strong>in</strong>gegangenen Arbeitsverhältnisses.<br />
Dem Träger steht als Arbeitgeber e<strong>in</strong> Direktionsrecht zu,<br />
aufgrund dessen er Zeit und Ort sowie Art, Umfang und Ausführung<br />
<strong>der</strong> Arbeit durch Weisung bestimmen kann (§ 121 GewO; Arbeitsvertrag<br />
i.V.m. § 315 BGB). Das Direktionsrecht darf nur nach<br />
billigem Ermessen ausgeübt werden und muß <strong>der</strong> Fürsorgepflicht<br />
des Arbeitgebers Rechnung tragen. Die Rechte <strong>der</strong> Personalvertretung<br />
bzw. des Betriebsrates s<strong>in</strong>d zu wahren.<br />
Mittel <strong>der</strong> Aufsichtsführung<br />
Zur Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufsicht stehen dem freien wie dem<br />
öffentlichen Träger (von Erziehungsberatungsstellen) grundsätzlich<br />
mehrere Mittel zur Aufsichtsführung zur Verfügung, von denen aber<br />
nicht alle auf Erziehungsberatungsstellen angewandt werden können.<br />
Es s<strong>in</strong>d zu unterscheiden:<br />
• Nicht e<strong>in</strong>greifende Aufsichtsmittel<br />
Hierzu gehören: die Unterrichtung, die Erteilung von H<strong>in</strong>weisen,<br />
die Untersuchung von Vorgängen an Ort und Stelle/durch<br />
Aktene<strong>in</strong>sicht. 1<br />
• Regelnde Aufsichtsmittel<br />
Hierzu gehören: abstrakte Verwaltungsvorschriften/allgeme<strong>in</strong>e<br />
Dienstanordnungen; konkrete (Fach-)weisungen; im Bereich des<br />
öffentlichen Trägers auch: konkrete Verwaltungsakte.<br />
• E<strong>in</strong>greifende Aufsichtsmittel<br />
Hierzu gehören: Versagen e<strong>in</strong>er Genehmigung im E<strong>in</strong>zelfall, das<br />
Verlangen, Maßnahmen rückgängig zu machen, Aufhebung von<br />
Maßnahmen.<br />
• Verrichtende Aufsichtsmittel 2<br />
Hierzu gehören: Ersatzvornahme und Selbste<strong>in</strong>tritt des Aufsichtsorgans.<br />
• Diszipl<strong>in</strong>arverfahren.<br />
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Fachliche Unabhängigkeit als „Freiheit im öffentlichen<br />
Interesse”<br />
Die Idee <strong>der</strong> Aufsicht setzt e<strong>in</strong>e hierarchische Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
jeweiligen Organisation von oben nach unten voraus, wie sie <strong>für</strong><br />
staatliche Verwaltungen typisch ist. Im Bereich <strong>der</strong> Wirtschaft, aber<br />
auch bei freien Trägern, s<strong>in</strong>d dagegen dezentrale Entscheidungsstrukturen<br />
typisch. Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung von Elementen <strong>der</strong> Neuen Steuerung<br />
entsteht auch im Bereich öffentlicher Träger die Notwendigkeit,<br />
„flache Entscheidungshierarchien“ zu realisieren.<br />
Die rechtlich pr<strong>in</strong>zipiell unbegrenzte Weisungsgewalt übergeordneter<br />
Entscheidungsebenen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e fachliche Grenze <strong>in</strong> Arbeitsfel<strong>der</strong>n,<br />
die durch die kommunikative Beziehung zu den Klienten<br />
geprägt s<strong>in</strong>d. An die Stelle e<strong>in</strong>er regelorientierten Entscheidungsstruktur<br />
tritt hier <strong>der</strong> privilegierte Zugang <strong>der</strong> Fachkraft zur jeweiligen<br />
Notlage von hilfebedürftigen Personen (Luthe 1993, S. 555). Anamnese,<br />
Diagnose und die Wahl des beratenden bzw. therapeutischen<br />
Vorgehens s<strong>in</strong>d an die persönliche Wahrnehmung und Situationsdeutung<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Fachkraft gebunden. Der damit gegebenen hohen<br />
Eigenverantwortung entspricht e<strong>in</strong> von fachlichen Weisungen freier<br />
Tätigkeitsbereich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bearbeitung des E<strong>in</strong>zelfalls (Kühne 1987, S.<br />
247 f.). E<strong>in</strong>e Erziehungsberatungsstelle erfüllt diese Aufgaben daher<br />
im E<strong>in</strong>klang mit den anerkannten Regeln fachlichen Könnens <strong>in</strong><br />
fachlicher H<strong>in</strong>sicht unabhängig (Grundsätze 1973, S. 81).<br />
Neben die Strukturen <strong>der</strong> Kontrolle tritt mit <strong>der</strong> fachlichen<br />
Unabhängigkeit e<strong>in</strong> zweiter Steuerungsmechanismus. Er hat se<strong>in</strong>e<br />
Grundlage im Grundsatz <strong>der</strong> optimalen Verwirklichung staatlicher<br />
Aufgaben. Soziale Arbeit kann ihr sozialstaatlich gefor<strong>der</strong>tes Aufgabenoptimum<br />
nur erfüllen, wenn <strong>der</strong> Bedarf nach situationsangemessenem<br />
flexiblen Handeln durch e<strong>in</strong>en entsprechenden Freiraum<br />
abgesichert ist (Luthe 1993, S. 518 f.). Fachliche Unabhängigkeit dient<br />
nicht <strong>der</strong> Selbstverwirklichung <strong>der</strong> Fachkraft, son<strong>der</strong>n ist „Freiheit im<br />
öffentlichen Interesse“ (Niehus). Allerd<strong>in</strong>gs muß sichergestellt werden,<br />
daß sich die beiden Steuerungsmechanismen nicht wechselseitig<br />
beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> neutralisieren.<br />
Datenschutz/Schutz des Privatgeheimnisses<br />
Die Beziehung zwischen Ratsuchenden und Fachkraft <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Erziehungsberatungsstelle ist auf rückhaltlose Offenheit angewie-<br />
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