Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Obersten Landesjuegndbehörden Jugendhilfe und Sozialdatenschutz<br />
zählt auch die <strong>der</strong>zeitige Anschrift des Betroffenen. Dies kann auch<br />
<strong>für</strong> den vorübergehenden Aufenthaltsort gelten. Angaben, die nach<br />
§ 68 SGB X offenbart werden können, sollen dazu dienen, mit dem<br />
Betroffenen Kontakt aufzunehmen. Sofern ke<strong>in</strong> Grund zu <strong>der</strong><br />
Annahme besteht, daß dadurch schutzwürdige Belange des Betroffenen<br />
bee<strong>in</strong>trächtigt werden, kann z.B. auch <strong>der</strong> vorübergehende,<br />
kurzfristige Unterbr<strong>in</strong>gungsort von M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen, z.B. im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>er Krisen<strong>in</strong>tervention, nach § 68 SGB X offenbart werden. Für<br />
entsprechende Ersuchen <strong>der</strong> Polizei durch Durchführung e<strong>in</strong>es<br />
Strafverfahrens ist § 73 SGB X als Spezialvorschrift zu beachten.<br />
4. Datenschutz <strong>in</strong> sozialen <strong>Beratung</strong>sstellen<br />
Für die Anwendbarkeit des Sozialdatenschutzes nach dem SGB<br />
muß bei sozialen <strong>Beratung</strong>sstellen zunächst geprüft werden, ob sie<br />
sich <strong>in</strong> kommunaler o<strong>der</strong> freier Trägerschaft bef<strong>in</strong>den. Soweit es<br />
sich um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Kommune handelt, f<strong>in</strong>det § 35 SGB I<br />
<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit §§ 67 ff. SGB X Anwendung. Soziale <strong>Beratung</strong>sstellen<br />
freier Träger fallen nicht unter den Anwendungsbereich des<br />
SGB. Wenn an freie Träger Sozialdaten weitergegeben werden, ist<br />
die Zweckb<strong>in</strong>dung und die Geheimhaltungspflicht des Empfängers<br />
nach § 78 SGB X von ihnen zu beachten. Danach dürfen sie solche<br />
Sozialdaten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihnen befugt<br />
offenbart worden s<strong>in</strong>d und unterliegen darüber h<strong>in</strong>aus <strong>der</strong>selben<br />
Geheimhaltungsverpflichtung wie die <strong>in</strong> § 35 SGB I genannten<br />
Stellen.<br />
Bei sozialen <strong>Beratung</strong>sstellen, auf die das SGB Anwendung<br />
f<strong>in</strong>det, muß vor allem die zusätzliche Schutzvorschrift des § 76 SGB<br />
X (E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Offenbarungsbefugnis bei beson<strong>der</strong>s<br />
schutzwürdigen personenbezogenen Daten) berücksichtigt werden.<br />
Die Pflicht <strong>der</strong> Behörden, gemäß § 161 StPO Auskunft zu erteilen, wird<br />
durch § 35 Abs. 3 SGB I <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit § 76 SGB X e<strong>in</strong>geschränkt,<br />
soweit es sich um Daten handelt, die <strong>der</strong> Behörde von e<strong>in</strong>em Arzt o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en <strong>in</strong> § 203 Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches genannten<br />
Person zugänglich gemacht worden s<strong>in</strong>d.<br />
Neben <strong>der</strong> Prüfung, ob e<strong>in</strong>e Offenbarung von Sozialdaten nach<br />
dem SGB durch soziale <strong>Beratung</strong>sstellen zulässig ist, ist auch die<br />
strafrechtliche Sanktion des § 203 StGB <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Verletzung <strong>der</strong><br />
Geheimhaltungspflicht zu beachten. E<strong>in</strong>e befugte Weitergabe von<br />
Daten im S<strong>in</strong>ne des § 203 StGB liegt immer dann vor, wenn<br />
172<br />
<strong>der</strong>jenige, dem gegenüber die Schweigepflicht besteht, zugestimmt<br />
hat. E<strong>in</strong>e gesetzliche Verpflichtung zur Offenbarung ergibt sich z.B.<br />
aus § 138 StGB (siehe auch § 71 Abs. 1 Nr. 1 SGB X).<br />
Im Strafverfahren wird die Pflicht zur Geheimhaltung <strong>für</strong> die <strong>in</strong><br />
§ 203 StGB genannten Personen durchbrochen, soweit ihnen ke<strong>in</strong><br />
Zeugnisverweigerungsrecht, z.B. aus beruflichen Gründen (§§ 53,<br />
53 a StPO), zusteht und wenn <strong>der</strong> E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die verfassungsrechtlich<br />
geschützte Privatspäre des Bürgers bei e<strong>in</strong>er Abwägung, die<br />
alle Umstände des E<strong>in</strong>zelfalles <strong>in</strong> Betracht zu ziehen hat, dem<br />
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.<br />
Wenn die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes<br />
nach § 34 StGB vorliegen, ist die Weitergabe personenbezogener<br />
Daten ebenfalls befugt im S<strong>in</strong>ne des § 203 StGB.<br />
Wichtig ist, daß auch bei Vorliegen e<strong>in</strong>es gesetzlichen Offenbarungstatbestandes<br />
im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> §§ 67ff. SGB X auf ke<strong>in</strong>en Fall<br />
zwangsläufig e<strong>in</strong>e Offenbarung im S<strong>in</strong>ne von § 203 StGB befugt ist.<br />
Vielmehr gilt <strong>für</strong> die Schweigepflicht nach § 203 StGB, daß im<br />
Regelfall e<strong>in</strong>e Offenbarung von anvertrauten persönlichen Daten an<br />
Dritte nur mit <strong>der</strong> Zustimmung dessen, dem gegenüber die<br />
Schweigepflicht besteht, zulässig ist.<br />
Die Vorschrift des § 203 StGB f<strong>in</strong>det Anwendung unter an<strong>der</strong>em<br />
auf Fachkräfte, die bei e<strong>in</strong>er anerkannten <strong>Beratung</strong>sstelle im Bereich<br />
<strong>der</strong> Ehe-, Erziehungs-, Jugend- und Suchtberatung tätig s<strong>in</strong>d. Die<br />
strafrechtlichen Sanktionen des § 203 StGB gelten auch <strong>für</strong> Sozialarbeiter<br />
und Sozialpädagogen, sofern sie staatlich anerkannt s<strong>in</strong>d.<br />
Das Weisungsrecht des Vorgesetzten beseitigt nicht die <strong>in</strong>dividuelle<br />
persönliche Verantwortlichkeit des e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiters im<br />
S<strong>in</strong>ne von § 203 StGB. Der Grund da<strong>für</strong> ist, daß <strong>der</strong> Schutz des<br />
§ 203 StGB nicht zur Disposition des Vorgesetzten steht, se<strong>in</strong>e<br />
dienstliche Anordnung o<strong>der</strong> Genehmigung also e<strong>in</strong>e Offenbarung im<br />
S<strong>in</strong>ne von § 203 StGB nicht rechtfertigt. In <strong>der</strong> Praxis lassen sich<br />
solche Fälle, <strong>in</strong> denen sich die E<strong>in</strong>holung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>willigung <strong>der</strong><br />
Betroffenen nicht anbietet o<strong>der</strong> nicht möglich ist, dadurch lösen, daß<br />
die Daten vollständig anonymisiert werden und somit bei <strong>der</strong><br />
Weitergabe von Daten ke<strong>in</strong>e Offenbarung im S<strong>in</strong>ne des SGB vorliegt.<br />
5. Datenschutz und Schule<br />
Zunehmend mehr stellt sich die Frage, <strong>in</strong> welchem Umfang und <strong>für</strong><br />
welche Aufgaben Schulen personenbezogene Daten an die Jugend-<br />
173