Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
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Fürsorgeleistungen von den dazu verpflichteten öffentlichen Träger<br />
zu erbr<strong>in</strong>gen ist, son<strong>der</strong>n auch organisatorische Bestimmungen<br />
und Abgrenzungen. (..).<br />
Die verwaltungsmäßige Ausführung <strong>der</strong> Bestimmungen und die<br />
letzte Verantwortung <strong>für</strong> die Gewährung <strong>der</strong> Hilfe liegt bei den<br />
Geme<strong>in</strong>den und Geme<strong>in</strong>deverbänden, gehört also zur Landesverwaltung.<br />
Die Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe und die freien Wohlfahrtsverbände<br />
handeln im Rahmen <strong>der</strong> Vorschriften nicht als<br />
beliehene Träger öffentlicher Verwaltung, son<strong>der</strong>n als private<br />
Organisationen, die freie Jugendhilfe und freie Wohlfahrtspflege<br />
leisten. Es wird also nicht e<strong>in</strong>e staatliche Aufgabe im Wege <strong>der</strong><br />
Gesetzgebung „privatisiert”.<br />
(S. 203f.)<br />
Man kann daher nicht sagen, zum geschützten Kernbereich <strong>der</strong><br />
Selbstverwaltung gehöre kraft Herkommens, daß die Geme<strong>in</strong>de auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Jugend- und Sozialhilfe ke<strong>in</strong>erlei gesetzliche<br />
Beschränkung ihres Aufgabenbereichs zugunsten <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong><br />
freien Jugendhilfe und <strong>der</strong> Wohlfahrtsverbände h<strong>in</strong>zunehmen brauche.<br />
Außerdem bleibt den Geme<strong>in</strong>den die Gesamtverantwortung<br />
da<strong>für</strong>, daß <strong>in</strong> beiden Bereichen durch behördliche und freie Tätigkeit<br />
das Erfor<strong>der</strong>liche geschieht. Wie schon unter Ziffer 1 ausgeführt, br<strong>in</strong>gt<br />
die Regelung nur e<strong>in</strong>e Abgrenzung <strong>der</strong> Aufgaben zwischen Geme<strong>in</strong>de<br />
und privaten Trägern, die lediglich e<strong>in</strong>e vernünftige Aufgabenverteilung<br />
und e<strong>in</strong>e möglichst wirtschaftliche Verwendung <strong>der</strong> zur Verfügung<br />
stehenden öffentlichen und privaten Mittel sicherstellen soll.<br />
Die Geme<strong>in</strong>den sollen sich bei allen Planungen vorher vergewissern,<br />
ob und <strong>in</strong>wieweit die freien Verbände die Aufgaben erfüllen können.<br />
Die freien Verbände an<strong>der</strong>erseits könnten nicht mit e<strong>in</strong>er För<strong>der</strong>ung<br />
e<strong>in</strong>es Vorhabens durch die Geme<strong>in</strong>de rechnen, wenn sie, etwa aus<br />
re<strong>in</strong>em Prestigebedürfnis, eigene E<strong>in</strong>richtungen schaffen würden,<br />
die ihrer Art nach den örtlichen Bedürfnissen nicht genügen können<br />
o<strong>der</strong> die nicht erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, weil geeignete E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong><br />
Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.<br />
(S. 206)<br />
Anmerkung<br />
* Veröffentlicht <strong>in</strong> den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, 22. Bd.,<br />
S. 180 – 220.<br />
266<br />
Verpflichtungsgrad e<strong>in</strong>er Soll-Vorschrift<br />
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts<br />
vom 25. Juni 1975 *<br />
Bei <strong>der</strong> Entscheidung darüber, ob e<strong>in</strong>e Sollvorschrift angewendet<br />
o<strong>der</strong> nicht angewendet wird, wird Ermessen betätigt. Dem Grundsatz<br />
nach ist bei e<strong>in</strong>er Ermessensentscheidung zu for<strong>der</strong>n, daß<br />
nachprüfbare Gründe <strong>für</strong> die Betätigung des Ermessens angegeben<br />
werden. Diese Begründungspflicht hat aber ihre Grenzen, wenn<br />
e<strong>in</strong>e Sollvorschrift <strong>in</strong> Regelfällen angewendet wird und Gesichtspunkte<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Abweichung im E<strong>in</strong>zelfall fehlen. Bei <strong>der</strong> Anwendung<br />
von Sollvorschriften ist <strong>der</strong> Ermessensspielraum <strong>der</strong> zuständigen<br />
Stelle sehr eng (vgl. BVerwGE 20, 117 [118] mit Bezugnahme<br />
auf BVerwGE 12, 284): Nur wenn e<strong>in</strong> wichtiger Grund <strong>der</strong> vorgesehenen<br />
Handhabung entgegensteht, also <strong>in</strong> atypischen Fällen, darf<br />
sie an<strong>der</strong>s verfahren, als im Gesetz vorgesehen ist. In Regelfällen<br />
bedarf es ke<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Begründung <strong>für</strong> die Anwendung <strong>der</strong><br />
Sollvorschrift.<br />
(S. 23)<br />
Anmerkung<br />
* Veröffentlicht <strong>in</strong> den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, 49. Bd.,<br />
S. 16 – 24.<br />
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts<br />
vom 17. August 1978 *<br />
E<strong>in</strong>e Soll-Vorschrift verpflichtet die Behörde, grundsätzlich so zu<br />
verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist; wenn ke<strong>in</strong>e Umstände<br />
vorliegen, die den Fall als atypisch ersche<strong>in</strong>en lassen, bedeutet das<br />
„Soll“ e<strong>in</strong> „Muß“ (vgl. BVerwGE 49, 16 [23] mit weiteren Nachweisen).<br />
Nur <strong>für</strong> atypische Fälle bleibt die Möglichkeit offen, an<strong>der</strong>s zu<br />
entscheiden, wobei die materielle Beweislast <strong>für</strong> die hier<strong>für</strong> maßgebenden<br />
Umstände die Behörde trifft.<br />
(S. 223)<br />
Anmerkung<br />
* Veröffentlicht <strong>in</strong> den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, 56. Bd.,<br />
S. 220 – 227.<br />
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