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Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...

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Gerichtsurteile Beschlagnahme von Sozialdaten<br />

Verfahren bereits bei Gericht anhängig wäre. Das Ermittlungsverfahren<br />

<strong>der</strong> Staatsanwaltschaft o<strong>der</strong> ihrer Hilfsorgane wird davon<br />

nicht erfaßt (Hauck/Ha<strong>in</strong>es, a.a.O., Rdn. 25 zu § 69 SGB X, Borchert/<br />

Hase/Walz, a.a.O., Rdn. 102, 103 zu § 69, Rdn. 42 zu § 73 SGB X).<br />

Die richterliche Durchsuchungsanordnung und Beschlagnahmebestätigung<br />

macht das vorliegende Ermittlungsverfahren noch nicht<br />

zu e<strong>in</strong>em gerichtlichen Strafverfahren. (Das ergibt sich auch aus<br />

e<strong>in</strong>em Vergleich mit § 73 SGB X, wonach <strong>in</strong> den dortigen Fällen nur<br />

e<strong>in</strong>e richterliche Anordnung notwendig ist.)<br />

E<strong>in</strong>e Offenbarungspflicht nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches<br />

ist damit <strong>der</strong>zeit nicht gegeben. Das mag <strong>für</strong> die<br />

Strafverfolgungsbehörde unbefriedigend se<strong>in</strong>, entspricht aber dem<br />

hohen Stellenwert des Sozialgeheimnisses im SGB.<br />

Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, daß e<strong>in</strong>e Offenbarung und damit die<br />

Aktenbeschlagnahme <strong>in</strong> vorliegen<strong>der</strong> Sache ausnahmsweise gemäß<br />

§ 34 StGB zulässig se<strong>in</strong> könnte (vgl. dazu Willenbücher/<br />

Borcherd<strong>in</strong>g, a.a.O., S. 160), liegen nicht vor … Nach alledem ist die<br />

Beschlagnahme <strong>der</strong> Sozialakte nicht zulässig. Sie ist aufzuheben<br />

und die Akte herauszugeben (§ 309 Abs. 2 StPO).<br />

Anmerkung<br />

* Zitiert nach: Nachrichtendienst des Deutschen Vere<strong>in</strong>s, Heft 12/1992, S. 417.<br />

Urteil des Landgerichts Offenburg<br />

vom 24. September 1993 *<br />

Sachverhalt:<br />

Das Jugendamt O. führt über die Geschädigte e<strong>in</strong>e Sozialakte, die<br />

u.a. Aufzeichnungen über Gespräche des Erziehungsbeistands mit<br />

<strong>der</strong> Geschädigten, ihren Verwandten und Freunden enthält. Gegen<br />

den Erziehungsbeistand hat die Geschädigte Anzeige wegen sexuellen<br />

Mißbrauchs von Schutzbefohlenen erstattet.<br />

Das Landratsamt O. hat das Verlangen des Schöffengerichts auf<br />

Herausgabe <strong>der</strong> Akten mit dem H<strong>in</strong>weis auf das Sozialgeheimnis<br />

nach § 35 SGB I verweigert. Das Landgericht O. hat mit Beschluß<br />

angeordnet, daß die Akte über die Erziehungsbeistandsschaft<br />

beschlagnahmt wird.<br />

284<br />

Aus den Gründen:<br />

Am 3. April 1992 erhob die Staatsanwaltschaft O. gegen den<br />

Angeschuldigten Anklage mit dem Vorwurf, daß dieser <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

von Frühjahr 1984 bis zum 18. Geburtstag <strong>der</strong> N. an dieser <strong>in</strong><br />

Ausübung se<strong>in</strong>er Funktion als Erziehungshelfer unter Mißbrauch<br />

des Betreuungsverhältnisses sexuelle Handlungen vorgenommen<br />

habe. Mit Beschluß vom 2. Juni 1993 lehnte das Amtsgericht –<br />

Schöffengericht – O. die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den<br />

Angeschuldigten ab. Hiergegen richtet sich die am 21. Juni 1993<br />

rechtzeitig e<strong>in</strong>gegangene sofortige Beschwerde <strong>der</strong> Nebenkläger<strong>in</strong>.<br />

Das Amtsgericht – Schöffengericht – O. hat die Eröffnung des<br />

Hauptverfahrens mit <strong>der</strong> Begründung abgelehnt, die vorgeworfene<br />

Straftat sei verjährt. Die Verjährungsfrist <strong>für</strong> Vergehen gemäß § 174<br />

StGB beträgt gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 4 StGB fünf Jahre. E<strong>in</strong>e<br />

Unterbrechung <strong>der</strong> Verjährungsfrist fand vorliegend mit <strong>der</strong> ersten<br />

Vernehmung des Beschuldigten am 12. April 1991 statt. Entsprechend<br />

wäre die als fortgesetzt angeklagte Tat verjährt, wenn sie vor<br />

dem 12. April 1986 abgeschlossen gewesen wäre. Dies hängt<br />

wie<strong>der</strong>um davon ab, ob nach dem 12. April 1986 das von § 174<br />

Abs. 1 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Betreuungsverhältnis des Angeschuldigten<br />

zu N. noch fortbestand. Über den Endzeitpunkt <strong>der</strong><br />

Betreuung <strong>der</strong> N. durch den Angeschuldigten gibt es <strong>in</strong> den Akten<br />

sowohl von seiten des Angeschuldigten als auch von Seiten <strong>der</strong><br />

Geschädigten und des Jugendamtes unterschiedliche Angaben.<br />

Zwar hat das Jugendamt O. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schreiben vom 3. März 1993<br />

die Betreuungszeit mit von Februar 1983 bis Februar 1987 andauernd<br />

angegeben. In e<strong>in</strong>em Schreiben vom 19. März 1993 hat das<br />

Landratsamt O. berichtigend mitgeteilt, daß die „eigentliche Betreuungszeit“<br />

bereits im November 1985 beendet war. An<strong>der</strong>erseits<br />

bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Aktenvermerk, <strong>der</strong> augensche<strong>in</strong>lich zur Betreuungsakte<br />

gehört, vom 24. Februar 1987 <strong>in</strong> Kopie <strong>in</strong> den Strafakten.<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> Kammer ist die Beiziehung <strong>der</strong> Jugendamtsakten<br />

zur Klärung <strong>der</strong> Art des Betreuungsverhältnisses und se<strong>in</strong>er<br />

Dauer unerläßlich.<br />

Das Landratsamt O. hat e<strong>in</strong> entsprechendes Verlangen des<br />

Schöffengerichts auf Herausgabe <strong>der</strong> Akten mit dem H<strong>in</strong>weis auf<br />

das Sozialgeheimnis gemäß § 35 SGB I verweigert. Die Geheimnispflicht<br />

h<strong>in</strong>sichtlich von Sozialdaten steht vorliegend jedoch e<strong>in</strong>er<br />

Herausgabe nicht entgegen. Nach neuerer Rechtssprechung verbie-<br />

285

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