Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen Bedeutung <strong>der</strong> Datenschutzregelungen des KJHG <strong>für</strong> die Erziehungsberatung<br />
Übermittlung wäre ohne E<strong>in</strong>willigung des Betroffenen nicht gestattet.<br />
Dies betrifft z.B. das Jugendamt, wenn es nach § 49a FFG im<br />
Verfahren um die elterliche Sorge nach Scheidung und bei Getrenntleben<br />
<strong>der</strong> Eltern gehört wird. Inhalte e<strong>in</strong>er etwaigen <strong>Beratung</strong><br />
nach § 17 KJHG können daher vom Jugendamt nicht <strong>in</strong> das<br />
Familiengerichtsverfahren e<strong>in</strong>geführt werden.<br />
Gegenüber § 64 Abs. 2 bietet § 65 KJHG e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Vertrauensschutz,<br />
wenn Sozialdaten (personenbezogene Daten) dem<br />
Mitarbeiter e<strong>in</strong>es Trägers <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe zum Zweck<br />
persönlicher und erzieherischer Hilfe (im weiten S<strong>in</strong>ne von § 11 Satz<br />
2 SGB I) anvertraut worden s<strong>in</strong>d. Damit ist jede persönlich<br />
ausgerichtete Hilfe geme<strong>in</strong>t, nicht nur die „erzieherische Hilfe“ <strong>der</strong><br />
§§ 27 – 41 KJHG. Die Problematik dieser Regelung liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage,<br />
wann Information „anvertraut“ s<strong>in</strong>d.<br />
§ 203 Abs. 1 StGB verwendet neben dem Begriff „anvertraut“<br />
gleichwertig den Begriff „sonst bekanntgeworden“. Diese Ergänzung<br />
fehlt <strong>in</strong> § 65 KJHG. Geht man aber davon aus, daß § 65<br />
KJHG den von § 203 Abs. 1 StGB <strong>in</strong>tendierten Schutzzweck auch<br />
dann erreichen will, wenn Mitarbeiter nicht zum Adressatenkreis<br />
von § 203 Abs. 1 StGB gehören, so muß <strong>der</strong> Begriff des „Anvertrauens“<br />
weit <strong>in</strong>terpretiert werden. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d alle personenbezogenen<br />
Informationen, die dem Mitarbeiter nur deshalb bekannt<br />
werden, weil die Betroffenen sich auf dessen Verschwiegenheit<br />
verlassen. Anvertraut s<strong>in</strong>d danach auch solche Informationen, die<br />
nicht ausdrücklich unter dem Siegel <strong>der</strong> Verschwiegenheit mitgeteilt<br />
werden. Es genügt, daß <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Jugendhilfe E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> persönliche Verhältnisse von Betroffenen erhält, die ihm verwehrt<br />
blieben, wenn <strong>der</strong> Betroffene mit <strong>der</strong>en Offenbarung h<strong>in</strong>ter<br />
se<strong>in</strong>em Rücken rechnen müßte.<br />
Die <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne anvertrauten Informationen dürfen grundsätzlich<br />
nur mit E<strong>in</strong>willigung dessen, <strong>der</strong> die Daten anvertraut hat<br />
„offenbart“, d.h. <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen Term<strong>in</strong>ologie: „weitergegeben“<br />
werden (§ 65 Abs. 1 KJHG). Der alte Begriff <strong>der</strong> „Offenbarung“ ist<br />
also grundsätzlich durch „Übermittlung“ ersetzt worden. In den<br />
Fällen, <strong>in</strong> denen es sich bei den zu schützenden Sozialdaten aber<br />
um anvertraute personenbezogene Daten handelt, tritt an die Stelle<br />
<strong>der</strong> früheren „Offenbarung“ nun die „Weitergabe“. Während die<br />
an<strong>der</strong>en Bestimmungen des Vierten Kapitels SGB VIII <strong>für</strong> alle<br />
Stellen des öffentlichen bzw. freien Trägers gelten verpflichtet § 65<br />
30<br />
die e<strong>in</strong>zelne Fachkraft: d.h. <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Vertrauensschutz muß<br />
von <strong>der</strong> Fachkraft auch gegenüber jedem an<strong>der</strong>en Mitarbeiter<br />
<strong>der</strong>selben Organisationse<strong>in</strong>heit gewahrt werden. Das Verbot <strong>der</strong><br />
Weitergabe errichtet also zusätzlich e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternes Übermittlungsverbot.<br />
2 Ohne E<strong>in</strong>willigung des Betroffenen dürfen diese Sozialdaten<br />
nur bei Vorliegen e<strong>in</strong>er Übermittlungsbefugnis nach dem Sozialgesetzbuch<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Offenbarungsbefugnis nach dem Strafgesetzbuch<br />
weitergegeben werden.<br />
§ 65 Abs. 2 KJHG stellt sicher, daß <strong>für</strong> die nach Abs. 1 geschützten<br />
Daten auch nach <strong>der</strong> term<strong>in</strong>ologischen Verän<strong>der</strong>ung ke<strong>in</strong>e<br />
Auskunft- bzw. Zeugnispflicht besteht.<br />
Exkurs II: Alternative Rechtsauffassung<br />
Auch dann, wenn <strong>der</strong> oben entwickelten Rechtsauffassung<br />
nicht gefolgt wird und Erziehungsberatungsstellen als „Stellen<br />
des Trägers <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe“ betrachtet werden,<br />
ist zunächst zu beachten, daß die aus § 69 SGB X resultierenden<br />
Übermittlungsbefugnisse wie dargelegt durch § 64 Abs. 2<br />
(<strong>in</strong> Frage stellen des Erfolgs) und darüber h<strong>in</strong>aus durch § 65<br />
(persönliche und erzieherische Hilfe) e<strong>in</strong>geschränkt werden.<br />
Über die dann noch gegebene Zulässigkeit e<strong>in</strong>er Datenübermittlung<br />
entscheidet „die Stelle“, d.h. <strong>der</strong> Stellenverantwortliche,<br />
nicht <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter.<br />
Der e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter e<strong>in</strong>er Erziehungsberatungsstelle unterliegt<br />
e<strong>in</strong>er persönlichen Geheimhaltungspflicht aufgrund<br />
<strong>der</strong> Vorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Unabhängig von<br />
den Bestimmungen des Datenschutzes ist er verpflichtet, das<br />
Privatgeheimnis <strong>der</strong> betreuten Personen zu wahren. Se<strong>in</strong>e<br />
etwaige Befugnis zur Offenbarung von Geheimnissen folgt<br />
nicht aus den Vorschriften des Sozialgesetzbuches, son<strong>der</strong>n<br />
aus <strong>der</strong> Strafrechtsnorm selbst, <strong>der</strong> er unterliegt (gesetzliche<br />
Offenbarungsbefugnis). Bezogen auf die Übermittlungsbefugnis<br />
nach § 69 SGB X, die nach dieser Auffassung auch<br />
Erziehungsberatungsstellen zukäme, entfaltet § 203 Abs. 1<br />
Nr. 4 StGB se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schränkende Wirkung: E<strong>in</strong>e Übermittlung<br />
nach § 69 SGBX (und § 64 KJHG) ist auch dann nur möglich,<br />
wenn sie zugleich mit § 203 StGB vere<strong>in</strong>bar ist.<br />
Dies bedeutet, daß z.B. Prüfungen im S<strong>in</strong>ne des § 67c Abs. 3<br />
SGB X das E<strong>in</strong>verständnis des Betroffenen o<strong>der</strong> äquivalent die<br />
31