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Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...

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E<strong>in</strong>griffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie<br />

die Pflege und Erziehung ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> gestalten und damit ihrer<br />

Elternverantwortung gerecht werden wollen. Das Elternrecht unterscheidet<br />

sich von den an<strong>der</strong>en Freiheitsrechten des Grundrechtskatalogs<br />

wesentlich dadurch, daß es ke<strong>in</strong>e Freiheit im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

Selbstbestimmung <strong>der</strong> Eltern, son<strong>der</strong>n zum Schutze des K<strong>in</strong>des<br />

gewährt. Es beruht auf dem Grundgedanken, daß <strong>in</strong> aller Regel<br />

Eltern das Wohl des K<strong>in</strong>des mehr am Herzen liegt als irgende<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en Person o<strong>der</strong> Institution. Das Elternrecht ist Freiheitsrecht<br />

im Verhältnis zum Staat, <strong>der</strong> <strong>in</strong> das Erziehungsrecht <strong>der</strong> Eltern<br />

grundsätzlich nur e<strong>in</strong>greifen darf, wenn das dem Staat nach Art. 6<br />

Abs. 2 Satz 2 GG zukommende Wächteramt dies gebietet. In <strong>der</strong><br />

Beziehung zum K<strong>in</strong>d muß das K<strong>in</strong>deswohl die oberste Richtschnur<br />

<strong>der</strong> elterlichen Pflege und Erziehung se<strong>in</strong>. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG<br />

statuiert – dies kommt deutlich im Wortlaut <strong>der</strong> Vorschrift zum<br />

Ausdruck – Grundrecht und Grundpflicht zugleich. Man hat das<br />

Elternrecht daher e<strong>in</strong> fiduziarisches Recht, e<strong>in</strong> dienendes Grundrecht,<br />

e<strong>in</strong>e im echten S<strong>in</strong>ne anvertraute treuhän<strong>der</strong>ische Freiheit<br />

genannt (vgl. Salad<strong>in</strong>, Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> als Gegenstand des Verfasungsrechts <strong>in</strong>: Festschrift <strong>für</strong> Hans<br />

H<strong>in</strong><strong>der</strong>l<strong>in</strong>g, 1976, S. 175 [199]; Oppermann, Gutachten zum 51.<br />

Deutschen Juristentag <strong>in</strong>: Verhandlungen des Deutschen juristentages,<br />

1976, C. 100; Ossenbühl, Schule im Rechtsstaat, DÖV 1977,<br />

S. 801 ff.)<br />

(S. 376f.)<br />

Anmerkung<br />

* Veröffentlicht <strong>in</strong> den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, 59. Band,<br />

S. 361 -392<br />

254<br />

Elternrecht nichtehelicher Väter<br />

Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom 7. März 1995 *<br />

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ordnet das Elternrecht den Eltern zu, also<br />

zwei Personen geme<strong>in</strong>sam. Das spricht <strong>für</strong> die Auslegung, daß<br />

beide leibliche Eltern <strong>in</strong> den Schutzbereich des Grundrechts<br />

e<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs setzt die geme<strong>in</strong>same Ausübung des<br />

Rechts auf Pflege und Erziehung des K<strong>in</strong>des e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung zwischen den Eltern und e<strong>in</strong>e soziale Beziehung<br />

jedes Elternteils zu dem K<strong>in</strong>d voraus. Fehlt es hieran, können die<br />

e<strong>in</strong>zelnen elterlichen Befugnisse weitgehend e<strong>in</strong>em Elternteil alle<strong>in</strong><br />

zugewiesen werden. Es ist aber nicht gerechtfertigt, schon das<br />

Elternrecht selbst bei nichtehelichen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n von vornhere<strong>in</strong> nur<br />

e<strong>in</strong>em Elternteil unter völligem Ausschluß des an<strong>der</strong>en zuzuordnen<br />

(S. 177)<br />

Wortlaut und Gehalt <strong>der</strong> verfassungsrechtlichen Gewährleistung<br />

wird deshalb am besten e<strong>in</strong>e Auslegung gerecht, die alle Väter<br />

nichtehelicher K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den Schutzbereich <strong>der</strong> Norm jedenfalls<br />

dann e<strong>in</strong>bezieht, wenn sie nach den e<strong>in</strong>schlägigen gesetzlichen<br />

Vorschriften als Väter feststehen, die zugleich aber dem Gesetzgeber<br />

die Befugnis zuerkennt, bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> konkreten<br />

Rechte und Pflichten bei<strong>der</strong> Elternteile den unterschiedlichen<br />

tatsächlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen.<br />

Die E<strong>in</strong>beziehung aller leiblichen Eltern <strong>in</strong> den Schutzbereich des<br />

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG bedeutet daher nicht, daß allen leiblichen<br />

Vätern und Müttern die gleichen Rechte im Verhältnis zu ihrem K<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>geräumt werden müssen.<br />

(S. 178)<br />

Die E<strong>in</strong>beziehung aller Väter nichtehelicher K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den Schutzbereich<br />

schließt danach e<strong>in</strong>e differenzierende Ausgestaltung ihrer<br />

Rechtsstellung unter Berücksichtigung <strong>der</strong> unterschiedlichen tatsächlichen<br />

Verhältnisse nicht aus. Insbeson<strong>der</strong>e kann <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

e<strong>in</strong>em Elternteil die Hauptverantwortung <strong>für</strong> die Erziehung<br />

zuordnen, wenn die Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Ausübung<br />

<strong>der</strong> Elternbefugnisse fehlen. Bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong><br />

255

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