Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
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Der Hessische Datenschutzbeauftragte<br />
Konsequenzen des § 65 SGB VIII <strong>für</strong><br />
kommunale Erziehungsberatungsstellen. *<br />
§ 65 SGB VIII sichert e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Vertrauensschutz <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
persönlichen und erzieherischen Hilfe, die die Jugendämter gewähren.<br />
Die Regelung lehnt sich an <strong>der</strong> beruflichen Schweigepflicht <strong>in</strong><br />
§ 203 StGB an, geht jedoch darüber h<strong>in</strong>aus. Sie richtet sich an alle<br />
Mitarbeiter e<strong>in</strong>es Trägers <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe unabhängig<br />
von <strong>der</strong> beruflichen Ausbildung des Mitarbeiters o<strong>der</strong> dem konkreten<br />
Charakter <strong>der</strong> <strong>Beratung</strong>sstelle. Immer dann, wenn Daten zum<br />
Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden<br />
s<strong>in</strong>d, gilt <strong>der</strong> Vertrauensschutz. „Persönliche Hilfe“ ist dabei i.S.d.<br />
§ 11 SGB I zu verstehen als e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Dienstleistung.<br />
Der Kreis <strong>der</strong> Personen, die sich auf § 65 SGB VIII berufen<br />
können, ist damit sehr weit gefaßt. Bedeutsam ist auch, daß sich<br />
diese Regelung, an<strong>der</strong>s als die übrigen Datenschutzvorschriften,<br />
nicht an den Leistungsträger, son<strong>der</strong>n an die Mitarbeiter wendet.<br />
Damit s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Probleme <strong>der</strong> täglichen Praxis von Beratern<br />
gelöst. Die Erfahrungen haben jedoch gezeigt, daß dies nicht ohne<br />
weiteres <strong>für</strong> alle Schwierigkeiten, die sich aus <strong>der</strong> Verschwiegenheitspflicht<br />
<strong>für</strong> bestimmte Berufsgruppen ergeben, gilt. Vor allem,<br />
aus dem Bereich von Erziehungsberatungsstellen <strong>in</strong> kommunaler<br />
Trägerschaft b<strong>in</strong> ich mehrmals um Klärung von E<strong>in</strong>zelfragen<br />
gebeten worden.<br />
Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Konflikte kann nicht unberücksichtigt<br />
bleiben, daß die <strong>Beratung</strong>sstellen <strong>in</strong> die Kommunalverwaltung<br />
<strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d und sich somit Fragen <strong>der</strong> Dienstaufsicht ebenso wie<br />
<strong>der</strong> Fachaufsicht stellen; ähnliches gilt <strong>für</strong> haushaltsrechtliche<br />
Probleme bzw. die Rechnungsprüfung. An<strong>der</strong>erseits ist auch ke<strong>in</strong><br />
Grund ersichtlich, warum das Verhältnis Berater-Bürger bei diesen<br />
<strong>Beratung</strong>sstellen an<strong>der</strong>s, weniger vertraulich, se<strong>in</strong> sollte als bei<br />
entsprechenden Angeboten freier Träger. Entscheidend muß se<strong>in</strong>,<br />
wie diese Stellen nach außen auftreten, mit welchen Erwartungen<br />
<strong>der</strong> Bürger sie aufsucht. Durch entsprechende Organisationsformen<br />
muß <strong>der</strong> Träger da<strong>für</strong> sorgen, daß es ke<strong>in</strong>e Konflikte mit <strong>der</strong><br />
üblichen Behördenstruktur gibt.<br />
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6.3.1 Ke<strong>in</strong>e Verwendung <strong>der</strong> anvertrauten Daten <strong>für</strong><br />
Zwecke <strong>der</strong> Rechnungsprüfung<br />
Die Reform des K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendhilferechts hat mit <strong>der</strong> Regelung<br />
<strong>in</strong> § 64 Abs. 3 SGB VIII klargestellt, daß auch die sensiblen<br />
Sozialdaten zur Erfüllung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen,<br />
zur Rechnungsprüfung und zur Durchführung von Organisationsuntersuchungen<br />
zur Verfügung stehen, soweit sie <strong>für</strong> die Durchführung<br />
<strong>der</strong> Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d. Diese Regelung ist jedoch<br />
auf die Daten, die i.S.v. § 65 SGB VIII e<strong>in</strong>em Mitarbeiter e<strong>in</strong>es<br />
Trägers <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe anvertraut worden s<strong>in</strong>d, nicht<br />
anwendbar. Das folgt zum e<strong>in</strong>en aus <strong>der</strong> systematischen Stellung<br />
des § 65 SGB VIII: Er ist e<strong>in</strong>e Spezialregelung <strong>für</strong> den Schutz<br />
<strong>der</strong>jenigen personenbezogenen Daten, die zum Zweck persönlicher<br />
und erzieherischer Hilfe anvertraut worden s<strong>in</strong>d. Zum an<strong>der</strong>en folgt<br />
dies auch daraus, daß, wie erwähnt, § 65 SGB VIII sich nicht an die<br />
datenverarbeitende Stelle „Jugendamt“ richtet, son<strong>der</strong>n als Adressaten<br />
den e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter hat. E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Ziele des § 65 SGB<br />
VIII ist gerade, dem Mitarbeiter nicht nur e<strong>in</strong>e Verpflichtung<br />
gegenüber den Bürgern aufzulegen, son<strong>der</strong>n ihm ausdrücklich e<strong>in</strong><br />
persönliches Schweigerecht gegenüber se<strong>in</strong>em Vorgesetzten und<br />
<strong>der</strong> Dienststelle zu geben.<br />
6.3.3 Datenweitergabe aufgrund e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>willigung<br />
E<strong>in</strong>e Durchbrechung <strong>der</strong> Verschwiegenheitspflicht ist gem. § 65<br />
SGB VIII möglich, wenn die Voraussetzungen des § 203 StGB<br />
vorliegen. Dies ist u.a. dann gegeben, wenn e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung des<br />
Betroffenen vorliegt. Dabei ist darauf zu achten, daß <strong>der</strong> Betroffene<br />
nur dann wirksam e<strong>in</strong>willigen kann, wenn ihm bewußt ist, <strong>in</strong><br />
welchem Umfang welche Information an wen offenbart werden soll.<br />
Es kann auf ke<strong>in</strong>en Fall davon ausgegangen werden, daß e<strong>in</strong>em<br />
Klienten, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e kommunale <strong>Beratung</strong>sstelle aufsucht, bewußt<br />
ist, daß diese <strong>in</strong> die normale Verwaltungsorganisation e<strong>in</strong>schließlich<br />
Dienst-/Fachaufsicht und Rechnungsprüfung e<strong>in</strong>gebunden ist.<br />
Das Gegenteil ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Fall: Der Klient rechnen mit <strong>der</strong><br />
Vertraulichkeit, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich die <strong>Beratung</strong>sstellen<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren ausdrücklich bemüht haben, ihre<br />
<strong>in</strong>nere Unabhängigkeit gegenüber <strong>der</strong> Verwaltung deutlich zu<br />
machen.<br />
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