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Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...

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Zur fachpolitischen Diskussion Zeugnisverweigerungsrecht <strong>für</strong> Mitarbeiter von Erzieuhngsberatungsstellen<br />

tätigen Fachrichtungen nie<strong>der</strong>schlagen. § 53 Abs. 3a StPO bezieht<br />

Mitglie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Beauftragte e<strong>in</strong>er anerkannten <strong>Beratung</strong>sstelle<br />

nach § 218b Abs. 2 Nr. 1 StGB <strong>in</strong> den Kreis <strong>der</strong> Zeugnisverweigerungsberechtigten<br />

e<strong>in</strong>. Z.Zt. wird die Ausweitung von § 53 StPO auf<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> Sucht- und AIDS-<strong>Beratung</strong> diskutiert (vgl. BT – Drs.<br />

11/3280; 11/3482; 11/3483) * . Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er umfassen<strong>der</strong>en<br />

Regelung im Bereich <strong>der</strong> <strong>Beratung</strong> ist damit erkannt.<br />

Die <strong>Bundeskonferenz</strong> <strong>für</strong> Erziehungsberatung hält es <strong>für</strong> erfor<strong>der</strong>lich,<br />

die Mitarbeiter e<strong>in</strong>er anerkannten Erziehungsberatungsstelle<br />

<strong>in</strong> den Kreis <strong>der</strong> nach § 53 StPO Berechtigten e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

E<strong>in</strong>e Umfrage <strong>der</strong> <strong>Bundeskonferenz</strong> zu rechtlichen Problemen <strong>in</strong><br />

Erziehungsberatungsstellen hat deutlich gemacht, daß die Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Praxis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e solche Regelung sprechen.<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstellen können immer wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> folgenden Situationen kommen:<br />

• E<strong>in</strong> Jugendlicher, <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erziehungsberatungsstelle betreut<br />

wird, begeht Eigentumsdelikte. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft<br />

for<strong>der</strong>t E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Klientenakten; e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung des<br />

Jugendlichen wird als nicht notwendig erklärt.<br />

• E<strong>in</strong> 17jähriger Jugendlicher hat e<strong>in</strong> 12jähriges Mädchen sexuell<br />

belästigt. Nach <strong>der</strong> Tat sucht er auf Veranlassung se<strong>in</strong>er Eltern<br />

e<strong>in</strong>e Erziehungsberatungsstelle auf. Das Gericht for<strong>der</strong>t den<br />

Berater auf, im Prozeß Aussagen zur Persönlichkeit des Jugendlichen<br />

und zu se<strong>in</strong>er Entwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Beratung</strong> zu machen.<br />

• In e<strong>in</strong>er Erziehungsberatungsstelle betreute Drogenabhängige<br />

müssen sich vor Gericht verantworten. Die Aussagen des<br />

Beraters sollen die Drogenabhängigkeit so dokumentieren, daß<br />

e<strong>in</strong> Vorgehen nach § 35 BMTG möglich wird.<br />

• Im Rahmen e<strong>in</strong>er strittigen Sorgerechtsregelung kommt es zu<br />

e<strong>in</strong>er falschen Sachaussage über Äußerungen e<strong>in</strong>es Mitarbeiters<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Beratung</strong>sstelle. Da die Behauptung eidesstattlich bekräftigt<br />

wurde, strengt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Elternteil e<strong>in</strong> Me<strong>in</strong>eidsverfahren<br />

an. Der Mitarbeiter <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle soll nun<br />

bezeugen, ob die umstrittene Äußerung gefallen ist.<br />

• E<strong>in</strong>e Familie sucht mit ihrem K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Erziehungsberatungsstelle<br />

auf. In dem Kontakt wird deutlich, daß die Eltern ihr K<strong>in</strong>d auch<br />

mit Schlägen schwer bestrafen. Die empfohlene längere Zusammenarbeit<br />

wird von den Eltern nicht angenommen. Später<br />

müssen sich die Eltern wegen K<strong>in</strong>desmißhandlung vor Gericht<br />

114<br />

verantworten. Der Mitarbeiter <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle wird<br />

von den Eltern als Zeuge da<strong>für</strong> benannt, daß sie alles <strong>für</strong> ihr K<strong>in</strong>d<br />

versucht haben, aber auch die <strong>Beratung</strong> nicht helfen konnte.<br />

• E<strong>in</strong> 19jähriger Exhibitionist gibt se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung, daß <strong>der</strong> ihn<br />

betreuende Mitarbeiter <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle im Prozeß<br />

aussagt. Es ist ihm nicht klar, daß er <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Beratung</strong> über<br />

bisher unbekannt gebliebene Straftaten gesprochen hat.<br />

• Im Rahmen e<strong>in</strong>er Familientherapie, die auf Video aufgezeichnet<br />

wird, spricht <strong>der</strong> Vater davon, daß er se<strong>in</strong>e eigene Tochter<br />

sexuell mißbraucht hat. Die Mutter zeigt ihn an; nimmt die<br />

Anzeige aber zurück, als es gel<strong>in</strong>gt, therapeutisch mit <strong>der</strong> Familie<br />

zu diesem Problem zu arbeiten. Die Staatsanwaltschaft for<strong>der</strong>t<br />

das Video dennoch als Beweismittel an.<br />

• E<strong>in</strong> Vater steht wegen sexuellen Mißbrauchs an se<strong>in</strong>er Tochter<br />

vor Gericht. Im Prozeß soll die Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Tochter<br />

bewiesen werden. Dazu wird <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle,<br />

<strong>der</strong> die Tochter <strong>in</strong>zwischen betreut, vorgeladen.<br />

In allen Fällen ist deutlich, daß e<strong>in</strong>e Aussage vor Gericht das<br />

Vertrauensverhältnis zu den Klienten zerstört hätte. E<strong>in</strong>e weitere<br />

Zusammenarbeit wäre äußerst erschwert o<strong>der</strong> unmöglich geworden.<br />

Auch bei zurückliegenden Fällen wäre die Außenwirkung<br />

solcher Aussagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit, daß <strong>Beratung</strong>sstellen eben<br />

doch nicht dem Schutz des Privatgeheimnisses unterliegen.<br />

In manchen Fällen ist es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit möglich gewesen,<br />

durch Rücksprache mit dem Gericht verständlich zu machen, daß<br />

e<strong>in</strong>e Aussage dem <strong>Beratung</strong>sprozeß schadet. Das Gericht hat dann<br />

auf e<strong>in</strong>e Vorladung verzichtet. O<strong>der</strong> es wurde <strong>in</strong> Absprache mit dem<br />

Gericht festgelegt, zu welchen Punkten Aussagen vertretbar ersche<strong>in</strong>en.<br />

In beiden Fällen s<strong>in</strong>d Berater auf Verständnis und<br />

Wohlwollen des jeweiligen Richters angewiesen. Der Schutz des<br />

Privatgeheimnisses von Ratsuchenden kann jedoch nicht vom<br />

Ermessen e<strong>in</strong>zelner abhängen. Er muß auch dann gewährleistet<br />

se<strong>in</strong>, wenn „die Sache ausermittelt“ werden soll.<br />

Zur rechtlichen Situation nach Verabschiedung<br />

des K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetzes<br />

Im Zuge <strong>der</strong> parlamentarischen <strong>Beratung</strong>en zum K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und<br />

Jugendhilfegesetz ist e<strong>in</strong> Viertes Kapitel „Schutz personenbezoge-<br />

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