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Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...

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Aussagegenehmigung <strong>für</strong> Berater im Zivilprozeß<br />

Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken<br />

vom 25. Oktober 1994 *<br />

1. E<strong>in</strong>e von e<strong>in</strong>er Diözese als Eheberater<strong>in</strong> angestellte Diplom-<br />

Psycholog<strong>in</strong> gehört damit zu den „an<strong>der</strong>en Personen des öffentlichen<br />

Dienstes“ und bedarf zur Aussage über Umstände, welche<br />

ihrer aus dem Arbeitsverhältnis abgeleiteten Verschwiegenheitspflicht<br />

unterliegen, <strong>der</strong> Genehmigung ihres Dienstherrn.<br />

2. Der Streitwert e<strong>in</strong>es Zwischenstreites über e<strong>in</strong> Zeugnisverweigerungsrecht<br />

entspricht jedenfalls dann dem Streitwert <strong>der</strong> Hauptsache<br />

(hier: e<strong>in</strong>er Ehesache), wenn die Beweisfrage die gesamte<br />

Hauptsache betrifft.<br />

Die Kläger<strong>in</strong> nimmt den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt<br />

<strong>in</strong> Anspruch. Der Beklagte ist <strong>der</strong> Auffassung, er schulde<br />

<strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en Unterhalt, weil sie ihren Unterhaltsanspruch<br />

wegen e<strong>in</strong>es schwerwiegenden Fehlverhaltens verwirkt habe. Die<br />

Kläger<strong>in</strong> behauptet, <strong>der</strong> Beklagte habe se<strong>in</strong>erseits durch Verfehlungen<br />

von erheblichem Gewicht zu ihrem Ausbruch aus <strong>der</strong> Ehe<br />

beigetragen. Anläßlich e<strong>in</strong>er Eheberatung durch die Dipl.-Psycholog<strong>in</strong><br />

L. habe er e<strong>in</strong>geräumt, „<strong>in</strong> erheblicher Weise <strong>in</strong>timen Kontakt zu<br />

an<strong>der</strong>en Frauen unterhalten zu haben“. Der Beklagte bestreitet, e<strong>in</strong><br />

solches Fehlverhalten e<strong>in</strong>gestanden zu haben. Beide Parteien haben<br />

sich zum Beweis <strong>der</strong> Richtigkeit ihres Vorbr<strong>in</strong>gens auf das Zeugnis <strong>der</strong><br />

Dipl.-Psycholog<strong>in</strong> L. bezogen und diese im Laufe des Rechtsstreits<br />

von <strong>der</strong> Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden.<br />

Der Senat hat die Vernehmung <strong>der</strong> Dipl.-Psycholog<strong>in</strong> L. als<br />

Zeug<strong>in</strong> angeordnet. Diese hat nach Erhalt <strong>der</strong> Ladung mitgeteilt,<br />

daß sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1<br />

Nr. 6 ZPO Gebrauch mache und sich außerdem auf das von ihrem<br />

Vorgesetzten, Pfarrer Dr. B., ausgeübte und von diesem abgeleitete<br />

Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4 ZPO berufe.<br />

Sie sei ferner zur Aussage nicht verpflichtet, weil die gemäß § 376<br />

ZPO erfor<strong>der</strong>liche Genehmigung ihres Dienstherrn nicht vorliege.<br />

Entscheidungsgründe: Über die Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> Aussageverweigerung<br />

e<strong>in</strong>es Zeugen ist durch Zwischenurteil zu entscheiden.<br />

Demgemäß ist festzustellen, daß die Zeug<strong>in</strong> nicht verpflichtet ist,<br />

zu dem Beweisthema des Beweisbeschlusses des Senats v. 14.6.1994<br />

234<br />

auszusagen. Dabei kann offenbleiben, ob sie – obgleich von den<br />

Parteien von ihrer Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden –<br />

die Aussage aufgrund <strong>der</strong> zunächst von ihr <strong>in</strong> Anspruch genommenen<br />

Zeugnisverweigerungsrechte gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4 und 6 ZPO<br />

verweigern kann.<br />

Die Zeug<strong>in</strong> ist jedenfalls nicht zur Aussage verpflichtet, weil ihr<br />

Dienstherr ihr nicht die Genehmigung erteilt hat, über Tatsachen<br />

auszusagen, von denen sie bei <strong>der</strong> Erfüllung ihrer dienstlichen<br />

Aufgabe Kenntnis erlangt hat. Nach § 1 des zwischenzeitlich von<br />

<strong>der</strong> Zeug<strong>in</strong> vorgelegten Arbeitsvertrages v. 29.4.1990 ist sie als<br />

Angestellte <strong>in</strong> den kirchlichen Dienst <strong>der</strong> Diözese Speyer e<strong>in</strong>gestellt.<br />

Nach § 1 Abs. 1 des Staatsvertrages zwischen dem Land<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz und den Bistümern Limburg, Ma<strong>in</strong>z, Speyer und<br />

Trier ist kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst. Demnach gehört die<br />

Zeug<strong>in</strong> zu den „an<strong>der</strong>en Personen des öffentlichen Dienstes”, die<br />

<strong>der</strong> Regelung des § 376 ZPO unterworfen s<strong>in</strong>d. Diese Vorschrift<br />

besagt, daß <strong>für</strong> die Vernehmung solcher Personen als Zeugen über<br />

Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit<br />

bezieht, und <strong>für</strong> die Genehmigung zur Aussage die beson<strong>der</strong>en<br />

beamtenrechtlichen Vorschriften gelten. Die Rechtsverhältnisse <strong>der</strong><br />

kirchlichen Angestellten bestimmen sich – darauf nimmt auch § 2<br />

des vorgenannten Arbeitsvertrages Bezug – nach dem Bundesangestellten<br />

Tarifvertrag (BAT). Nach § 9 BAT hat <strong>der</strong> Angestellte über<br />

Angelegenheiten <strong>der</strong> Verwaltung o<strong>der</strong> des Betriebes, <strong>der</strong>en Geheimhaltung<br />

durch gesetzliche Vorschriften vorgesehen o<strong>der</strong> auf<br />

Weisung des Arbeitgebers angeordnet worden ist, Verschwiegenheit<br />

zu bewahren. Über die Genehmigungsbedürftigkeit von Zeugenaussagen<br />

ist <strong>in</strong> § 9 BAT nichts gesagt. Jedoch wird allgeme<strong>in</strong><br />

angenommen, daß sich die <strong>in</strong> § 9 BAT normierte Schweigepflicht <strong>der</strong><br />

Angestellten des öffentlichen Dienstes auf Aussagen vor Gericht<br />

erstreckt, so daß demnach auch die Angestellten zu e<strong>in</strong>er gerichtlichen<br />

Aussage über die ihrer Schweigepflicht unterliegenden Vorgänge<br />

und Tatsachen <strong>der</strong> Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten bedürfen<br />

(vgl. Uttl<strong>in</strong>ger/Breyer/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT § 9).<br />

Die Erteilung sowie die Versagung <strong>der</strong> Genehmigung s<strong>in</strong>d<br />

Verwaltungsakte, <strong>der</strong>en Rechtmäßigkeit das Prozeßgericht nicht zu<br />

überprüfen hat. Die Versagung <strong>der</strong> Genehmigung kann vielmehr nur<br />

von demjenigen <strong>in</strong> dem da<strong>für</strong> vorgesehenen Verfahren angefochten<br />

werden, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> rechtliches Interesse an <strong>der</strong> Aussage hat. E<strong>in</strong><br />

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