Rechtsfragen in der Beratung - Bundeskonferenz für ...
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Allgeme<strong>in</strong>e Fragen<br />
(1) Der öffentliche Träger vertritt die Ansicht, e<strong>in</strong>e <strong>Beratung</strong>sstelle<br />
sei nur zu f<strong>in</strong>anzieren, soweit sie Klientel „des Jugendamtes“<br />
versorgt. Wer kann die Leistung e<strong>in</strong>er Erziehungsberatungsstelle <strong>in</strong><br />
Anspruch nehmen?<br />
Erziehungsberatungsstellen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
<strong>der</strong> §§ 16 Abs. 2 Nr. 2, 17, 18 Abs. 1 u. 4 und 28 KJHG tätig. Sie<br />
bieten daher e<strong>in</strong> vielfältiges und differenziertes Leistungsspektrum<br />
mit unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen. Im e<strong>in</strong>zelnen bestimmt<br />
sich <strong>der</strong> anspruchsberechtigte Personenkreis folgen<strong>der</strong>maßen:<br />
• Personensorgeberechtigte, die <strong>für</strong> e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Jugendlichen<br />
(d.h. bis 18 Jahren) zu sorgen haben (§ 27 Abs. 1; § 17<br />
Abs. 1 KJHG)<br />
• Junge Volljährige bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (§ 41<br />
Abs. 1 KJHG)<br />
• In begründeten E<strong>in</strong>zelfällen kann die Hilfe auch über das 21.<br />
Lebensjahr h<strong>in</strong>aus fortgesetzt werden (§ 41 Abs. 1 KJHG)<br />
• „<strong>Beratung</strong> <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Fragen <strong>der</strong> Erziehung und Entwicklung<br />
junger Menschen“ adressiert neben Müttern und Vätern alle bis<br />
zu 27 Jahre alten jungen Menschen (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 KJHG)<br />
• In Not- und Konfliktlagen haben K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche e<strong>in</strong>en<br />
eigenen Anspruch auf <strong>Beratung</strong> ohne Kenntnis <strong>der</strong> Personensorgeberechtigten<br />
(§ 8 Abs. 3 KJHG)<br />
• Mütter und Väter, die alle<strong>in</strong> <strong>für</strong> e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Jugendlichen<br />
zu sorgen haben o<strong>der</strong> tatsächlich sorgen (§ 18 Abs. 1 KJHG)<br />
• Elternteile ohne Sorgerecht haben ebenfalls Anspruch auf<br />
<strong>Beratung</strong> (§ 18 Abs. 4 KJHG)<br />
In jedem dieser Fälle handelt es sich um Klientel <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
und damit auch des Jugendamtes. Außerhalb dieses Kreises stehen<br />
lediglich Erwachsene, die ke<strong>in</strong>e eigenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben bzw. nicht <strong>für</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendliche zu sorgen haben; d.h. allgeme<strong>in</strong>e Ehe- und<br />
Lebensberatung.<br />
Mit „Klientel des Jugendamtes“ werden gelegentlich auch<br />
diejenigen Jugendlichen bezeichnet, die e<strong>in</strong>en Anspruch auf erzieherische<br />
Hilfe gemäß § 27 KJHG haben. Insofern könnte hier die<br />
Auffassung vertreten se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e <strong>Beratung</strong>sstelle sei nur <strong>in</strong>soweit zu<br />
f<strong>in</strong>anzieren, als <strong>der</strong> jeweiligen Hilfe e<strong>in</strong> gewähren<strong>der</strong> Verwaltungs-<br />
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akt des Jugendamts vorausgeht. Diese Auffassung ist schon<br />
deswegen irrig, weil das Leistungsspektrum von Erziehungs- und<br />
Familienberatung breiter angelegt ist. Aber auch Erziehungsberatung<br />
als Hilfe zur Erziehung bedarf e<strong>in</strong>es nie<strong>der</strong>schwelligen Zugangs,<br />
so daß die angestrebte Abgrenzung e<strong>in</strong>er Jugendamts-<br />
Klientel nicht sachgerecht ist.<br />
(2) E<strong>in</strong> Jugendamt vertritt die Auffassung, nur kurzfristige Hilfen<br />
dürfen von <strong>der</strong> Erziehungsberatungsstelle erbracht werden. Längerfristige<br />
Maßnahmen seien nicht zulässig. Stimmt das?<br />
Diese Fallkonstellation ist vergleichbar mit <strong>der</strong> vorhergehenden.<br />
Es geht hierbei um die Frage, <strong>in</strong> welcher Form Erziehungsberatung<br />
erbracht wird. Hierzu erteilt das Gesetz ke<strong>in</strong>e Vorgaben.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs regelt § 36 Abs. 2 KJHG die Erstellung e<strong>in</strong>es<br />
Hilfeplans, wenn e<strong>in</strong>e erzieherische Hilfe „auf längere Zeit“ zu<br />
leisten ist. Da diese Regelung alle erzieherischen Hilfen betrifft,<br />
e<strong>in</strong>schließlich Erziehungsberatung, ergibt sich im Umkehrschluß,<br />
daß auch im Bereich <strong>der</strong> Erziehungsberatung längerfristige<br />
Hilfen möglich s<strong>in</strong>d.<br />
(3) Der Träger e<strong>in</strong>er <strong>Beratung</strong>sstelle möchte Gebühren <strong>für</strong> Leistungen<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>führen. Ist dies zulässig?<br />
Ist die <strong>Beratung</strong>sstelle <strong>in</strong> öffentlicher Trägerschaft, gelten die<br />
§§ 90, 91 KJHG. Macht <strong>der</strong> Träger <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Beratung</strong>sstelle<br />
Angebote gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 KJHG – <strong>Beratung</strong> <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
Fragen <strong>der</strong> Erziehung –, so gilt § 90 Abs. 1 Nr. 2 KJHG, d.h., die<br />
Erhebung von Teilnehmerbeiträgen <strong>für</strong> diese Leistung ist ausgeschlossen.<br />
§ 90 Abs. 1 Nr. 2 KJHG nimmt das Recht, Teilnehmerbeiträge<br />
o<strong>der</strong> Gebühren <strong>für</strong> <strong>Beratung</strong> <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Fragen <strong>der</strong><br />
Erziehung zu erheben, ausdrücklich aus dem Katalog <strong>der</strong> Befugnisse<br />
heraus. Gleiches gilt <strong>für</strong> Erziehungsberatung als Hilfe zur<br />
Erziehung (§ 28 KJHG). § 91 KJHG ist abschließende Regelung <strong>für</strong><br />
die Heranziehung zu den Kosten. Dort ist § 28 ausdrücklich<br />
ausgenommen, so daß e<strong>in</strong>e Befugnis des Trägers, e<strong>in</strong> Entgelt <strong>für</strong><br />
die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung zu for<strong>der</strong>n, auch<br />
<strong>in</strong>soweit nicht besteht. Gleiches gilt <strong>für</strong> die <strong>Beratung</strong> <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong><br />
Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17 KJHG) und die<br />
<strong>Beratung</strong> Alle<strong>in</strong>erziehen<strong>der</strong> und nicht-sorgeberechtigter Elternteile<br />
(§ 18 Abs. 1 u. 4 KJHG). Dem Träger ist darüber h<strong>in</strong>aus untersagt,<br />
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