An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien
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An der blauen Donau
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Auch in den Jahren
davor war es nicht unbedingt
besser gelaufen.
Vier Mandate für die Wiener
Freiheitlichen waren
wohl das höchste der
Gefühle.
forderungen. Erst 1971, in der Zeit der Alleinregierung der SPÖ unter
Bruno Kreisky, erhielt Borodajkewycz Lehrverbot und wurde zwangspensioniert.
Norbert Steger aber, der 1965 stellvertretender Vorsitzender
des damals bedeutenden RFS geworden war, stand erst am Anfang
seiner politischen Laufbahn. Neben seinem
Studium, das er 1970 erfolgreich abschließen
konnte, wirkte er beim RFS als Mandatar. Dieser
war damals, wie gesagt, auf mehr als 30 Prozent
der Stimmen bei den Hochschülerschaftswahlen
gekommen und stellte damit hinter den
Schwarzen die zweitstärkste Fraktion an den
Universitäten.
Stegers berufliche Entwicklung war immer
eine zweipolige. Auf der einen Seite die berufliche
und auf der anderen die politische. Beruflich
eröffnete Steger nach dem Studium, dem
Gerichtsjahr und seiner Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter
1975 seine eigene Rechtsanwaltspraxis
und betreute entsprechende Rechtsfälle.
In politischer Hinsicht war für ihn klar, dass sein
Ziel in der FPÖ ganz oben angesiedelt sein würde.
Und hier führte für ihn ganz eindeutig der
Weg über die Wiener Parteiführung der FPÖ. Es
lag auf der Hand, dass in der Bundeshauptstadt zu dieser Zeit das wohl
größte Wachstumspotenzial für die FPÖ zu suchen war. Lediglich drei
Abgeordnete zählte die FPÖ damals in Wien. Drei von insgesamt 100.
Auch wenn das Wiener Wahlsystem die kleineren Parteien benachteiligte,
war der Stimmenanteil relativ gering. Knapp 7,7 Prozent brachten die
Freiheitlichen damals zusammen. Das waren, wie bereits gesagt, gerade
einmal drei Mandate, also deutlich weniger als die relative Stärke ergeben
hätte müssen. Bei 100 Mandaten insgesamt hätten das 7 Mandate bedeutet.
Auch in den Jahren davor war es nicht unbedingt besser gelaufen. Vier
Mandate für die Wiener FPÖ waren wohl das höchste der Gefühle.
Steger hatte allerdings auch bereits Anfang der siebziger Jahre,
genauer gesagt 1971, eine Idee, wie er das Kind „schaukeln“ konnte.
Ihm waren zwei grundlegende Dinge in der FPÖ bewusst. Zum einen
gab es seit der Gründung der Partei den ständigen Zwiespalt zwischen
deutschnationaler und liberaler Ausrichtung der Partei. Beide ideologisch
scheinbar auseinanderliegenden Positionen mussten in der FPÖ
unter einen Hut gebracht werden. Keine der beiden Richtungen, so die
freiheitlichen Vordenker und auch die historischen Gegebenheiten, fanden
bei den beiden sogenannten Volksparteien ÖVP und SPÖ eigentlich
eine dauerhafte Heimat. Es musste also stets ein Weg gefunden
werden, der sowohl die eine wie auch die andere Denkrichtung unter
einen Hut zu bringen vermochte. Und auf der anderen Seite war für
Steger auch klar, dass man in der Partei nichts werden konnte, wenn
man nicht über eine gewisse Hausmacht verfügte. Diese war natürlich
umso wirkungsvoller, je breiter gestreut sie war, also je besser er auf die
einzelnen Bundesländer zugreifen konnte. Hinsichtlich der angesprochenen
Hausmacht und der vorherrschenden politischen Orientierung,
zwischen national und liberal zu wählen, galt es natürlich auch noch, die
Zeichen der Zeit richtig zu interpretieren und ihre künftige Entwicklung
richtig einzuschätzen.
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