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An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien

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1990–2004

die Fernsehaufnahmen des ORF kennen, die

aber selten in voller Länge gezeigt werden. Die

bekannte Sequenz ist jene von Jörg Haider, als

dieser von seinen Anhängern in den Saal getragen

wird. Nur selten wiederholt wird aber das

Ende derselben Sequenz: In der ersten Reihe

vorne sitzt da die gesamte Wiener Landesgruppe.

Neben Steger sitzt mein Vater. Während der

restliche Saal applaudiert und jubelt, verharren

die Wiener – auch mein Vater – regungslos und

enthalten sich jeglicher Beifallskundgebung.

Haben Sie eigentlich jemals mit Ihrem Vater darüber

geredet?

Pawkowicz: Als Jugendlicher, da war Jörg

Haider schon längst Bundesparteiobmann, habe

ich das einmal im Fernsehen gesehen und meinen

Vater darauf angesprochen. Er antwortete

aber ausweichend diplomatisch: „Daran kann ich

mich gar nicht erinnern, da habe ich mich wahrscheinlich

gerade unterhalten“.

Wie war nun aber die Beziehung von Rainer

Pawkowicz zum späteren Seriensieger Jörg

Haider tatsächlich?

Pawkowicz: Mein Vater hat mit

Haider immer einen Konflikt ausgetragen

– und umgekehrt. Das war aber stets

hinter verschlossenen Türen.

Ein bisschen war da wohl die Befürchtung

Haiders, dass bei den Wiener Wahlen die Erfolge

dem Wiener Obmann Pawkowicz zugeschrieben

würden, auch wenn österreichweit Jörg

Haider als Erfolgsgarantie galt?

Pawkowicz: Das ist die eine Sichtweise.

Es gibt aber auch eine andere

Sichtweise am Beispiel der Gemeinderatswahlen

1996. Diese fand gleichzeitig

mit der EU-Wahl statt. Das heißt, am selben

Tag in derselben Wahlzelle hatten die weitgehend

selben Wahlberechtigten sowohl eine bundespolitische

Entscheidung (EU-Wahl), als auch eine

landespolitische (Landtag und Gemeinderat) zu

treffen. Und spätestens seither wissen wir, dass

die Wählerinnen und Wähler sehr genau unterscheiden,

welche Funktion und welche Person sie

wählen.

Man hat damals ja geglaubt, alles Positive in der

FPÖ käme nur von Jörg Haider

Pawkowicz: Aus der so genannten „Buberlpartie“

kam damals die sinngemäße Meldung an

meinen Vater: „Na, mit Deinem Aussehen kann

man wohl kaum eine Wahl gewinnen“. Worauf

mein Vater geantwortet haben soll: „Na mit

Deinem Aussehen und mit meiner Intelligenz

wären wir dann beide unschlagbar.“ Faktum ist

aber, dass bei der Wahl 1996 die Bundespartei

den Wienern die Unterstützung verweigert hatte

und Jörg Haider nicht ein einziges Mal für eine

Wienveranstaltung zur Verfügung gestanden war.

Mein Vater plakatierte unterdessen mit seinem

Konterfei: „Wir bleiben dabei: Wien darf nicht

Chicago werden“. Also eine Fortsetzung der erfolgreichen

Kampagne aus 1991.

Und die Wahl brachte dann ja ein überraschendes

Ergebnis…

Pawkowicz: So ist es. Nämlich fast 28 % für

die Wiener FPÖ im Landtag, aber nur 24 % in

Wien für Jörg Haiders Team bei der EU-Wahl –

wohlgemerkt am selben Tag, in denselben Wahlzellen

von denselben Wahlberechtigten.

Ein Tag, der nicht ganz einfach war für Ihren Vater?

Pawkowicz: Ich kann mich noch genau an

die Nervosität meines Vaters an diesem Tag erinnern.

Nur wusste ich ja damals noch nichts

von den internen Auseinandersetzungen und

verstand daher seine Nervosität nicht. Ich begleitete

also damals meinen Vater ins Rathaus und

Aus der so genannten

„Buberlpartie“ kam damals

die sinngemäße Meldung an

meinen Vater: „Na, mit

Deinem Aussehen kann man

wohl kaum eine Wahl

gewinnen.“

er sperrte uns in seinem großen Büro ein. Es

konnte an diesem Wahlabend niemand zu ihm.

Nicht die zahlreichen Medienvertreter, nicht die

wartenden Funktionäre, ja nicht einmal seine Assistentin.

Und er tat etwas, was ich von ihm bis

dahin auch nicht kannte: Er hat Zigaretten geraucht.

Eine nach der anderen. Jahre später habe

ich dann erfahren, dass er immer wieder in Wahlkampfzeiten

geraucht hat, nach den Wahlen aber

war er wieder monatelang Nicht-Raucher.

Und von der freiheitlichen Führungsspitze gab es

auch niemanden, der zu ihm durfte?

Pawkowicz: Der einzige, der ebenfalls einen

Schlüssel für meines Vaters Büro hatte und daher

durch eine Hintertüre gelegentlich hereinkam,

war Hilmar Kabas. Ab 18 Uhr war schon klar,

dass die FPÖ bei der EU-Wahl ein respektables

Ergebnis einfahren würde. Und mein Vater wurde

immer noch nervöser. Weil es um 19 Uhr

beim ersten ORF-Live-Einstieg noch immer kei-

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