An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien
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An der blauen Donau
Die Nationalfreiheitlichen:
– ein vielfältiges Lager
Univ. Prof.
Lothar Höbelt
Wie vielfältig und gegensätzlich
das Spektrum der deutschfreiheitlichen
Parteien gegen
Ende der Monarchie war, zeigt
eine Passage aus der Habilitationsschrift
des Historikers
Lothar Höbelt „Kornblume
und Kaiseradler“ (Verlag für
Geschichte und Politik, Wien
1993, S 274 f) über das Wiener
Ergebnis der Reichsratswahlen
von 1911:
„Die eigentliche Sensation
aber lieferten Wien und Umgebung,
wo die Freiheitlichen
vom Zerbröckeln der christlichsozialen
Anhängerschaft
nach dem Tode Luegers,
den Diadochenkämpfen in
der Partei und dem agrarischen
Rechtsruck unter
der Ägide Greßmanns profitierten:
„Schwarz“ und
„Rot“ lagen nach dem
ersten Wahlgang in Wien fast
gleichauf; zum Unterschied von
1907 musste fast überall eine
Stichwahl angesetzt werden,
in der es – wider die Absichten
der Nationalverbändler – zu
dem berühmten offenen Bündnis
mit der Sozialdemokratie
kam, das den ohnedies zersplitterten
freiheitlichen Grüppchen
bei einem anfänglichen
Stimmenanteil vom kaum mehr
als elf Prozent nicht weniger als
ein Drittel der 33 Wiener Mandate
einbringen sollte. (Nur der
freihändlerische Maschinenindustrielle
Max Friedmann hatte
im Parkviertel, dem kleinsten
– und nobelsten – Wahlkreis
ganz Österreichs auf Anhieb
sein Mandat gegen Bielohlawek
errungen.)
Die Wiener Mandatare waren
eine bunte Gesellschaft:
Wien war im Nationalver-
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