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An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien

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Fortsetzung auf Seite 154 ▶

1990–2004

Olympencouleur zu unserer Überraschung eben

auch die Vandalen-Mütze dabei.

Wie wurde er also Olympe, oder Vandale?

Pawkowicz: Im Grunde hat sich mein Vater

nur sehr schlau die Eigenheiten des österreichischen

Beamtenapparates zunutze gemacht. Und

so, wie er die Geschichte oft launisch erzählt

hat, hatte er wohl eine diebische Freude daran:

Die Olympia ist nämlich jahrelang bei zahlreichen

Versuchen der Wiedergründung an der

Vereinsbehörde gescheitert. In Österreich darf

ja bekanntlich zwar jeder ganz einfach einen

Verein gründen, danach hat die Vereinsbehörde

aber einige Wochen Zeit, die Zulassung zu versagen.

Tut sie das nicht – sprich, wenn sich die

Behörde in der Frist nicht meldet -, gilt

der Verein als genehmigt.

Für das, was folgte, muss man zunächst

wissen, dass mein Vater der Behörde

nicht bekannt war. Er war ja nie

Olympe gewesen und in diesem Sinne

„unauffällig“. Diesen Umstand, und

den gleichzeitigen Beginn der Sommerferien

machte er sich also zunutze.

Im Juli 1970 reichten zwei unbescholtene,

behördlich unbekannte

Studenten – Rainer Pawkowicz und

Werner Götzhaber – die Vereinsgründung

für die neue „Olympia“ ein. Und

bis der politische Beamtenapparat von der Sache

Wind bekommen hatte, waren die Sommerferien

zu Ende. Im September 1970 stand

dann eines morgens ein Staatspolizist vor der

Wohnungstüre meines Vaters in der Schwendergasse

und forderte ihn auf, den Antrag

zurückzuziehen. Da war die Frist aber längst

abgelaufen und der Herr musste unverrichteter

Dinge abziehen. Nach einigen erfolglosen

behördlichen Verzögerungen wurde die Olympia

mit 22. März 1971 dann ins Vereinsregister

eingetragen.

Das heißt, die Olympia hat von diesem

Zeitpunkt an, dem Ablauf der möglichen Einspruchsfrist,

wieder neu zu existieren begonnen.

Die Olympia war damit auch formal wieder

gegründet. Zum Dank erhielten mein Vater und

Werner Götzhaber dann die Bänder von Olympia

und Vandalia.

Im Jahr 1987, als mein Vater als „nicht amtsführender

Stadtrat“ Mitglied der Wiener Landesregierung

wurde, ist er allerdings aufgrund

von Auffassungsunterschieden im Zusammenhang

mit Norbert Burger wieder ausgetreten. In

diesem Sinne war er also tatsächlich nur Aldane.

Ihr Vater hat seine Kindheit in Knittelfeld in der

Steiermark verbracht, obwohl er in Wien geboren ist. Wie

kam es dazu?

Pawkowicz: Er war ein Kriegskind. Als

mein Vater im Jänner 1944 auf die Welt kam,

so erzählte es meine Großmutter, war es wieder

einmal eine fürchterliche Nacht in Wien. Die

Stadt wurde gerade wieder einmal bombardiert.

Und so zog meine Großmutter mit dem Säugling

und dessen sechsjähriger Schwester – das

ist meine Tante – Mitte 1944 zunächst zu ihren

Verwandten – allesamt Eisenbahner – auf den

Semmering, wo mein Großvater in den Zwanziger

Jahren ursprünglich ebenfalls eine Eisenbahnerkarriere

als Bahnhofsvorstand begonnen

hatte. Um den einfallenden Sowjettruppen zu

entgehen, flohen die Frauen und Kinder meiner

Familie dann weiter westwärts, zunächst nach

Oberzeiring nördlich von Judenburg, und 1946

Mein Vater hat sich, so

wie ich ihn wahrgenommen

habe, als „liberaler Freidenker

mit nationalen Wurzeln“

gesehen.

schließlich nach Knittelfeld. Mein Großvater

hatte dort eine neue Dienststelle zugewiesen

bekommen. Die anderen Eisenbahnerverwandten

fanden neue Dienststellen in Wels, Villach

und in anderen Eisenbahnerstädten. Das ist

der Hauptgrund, warum meine durchwegs politische

Verwandtschaft in ganz Österreich verstreut

lebt.

Und wann kam er zurück nach Wien?

Pawkowicz: Mein Großvater bekam 1953

eine Stelle in der ÖBB-Generaldirektion in Wien

und eine Eisenbahner-Dienstwohnung im 3. Bezirk

am Landstraßer Gürtel. Ein Jahr später, am

Ende der Volksschule, folgte ihm dann meine

Großmutter mit den Kindern. Als „Zugeraster“

bekam mein Vater dann zunächst einen Platz

an einer Hauptschule im 3. Bezirk zugewiesen.

Aufgrund seiner Leistungen und dem forschen

Drängen meines Großvaters konnte er im Folgejahr

in eine Zweite Klasse ins Gymnasium „Rainergasse“

im 5. Bezirk wechseln. Ab der Oberstufe

besuchte er dann als eher technisch denn

sprachlich versierter Schüler das Realgymnasium

Waltergasse, ebenfalls im 4. Bezirk, und maturierte

dort im Jahr 1962.

Das ist natürlich spannend, zieht man seine Klassenkollegen

aus dieser Zeit in Betracht.

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