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An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien

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1947–1956

Schriftsteller, und es gelang ihm in den Versammlungen immer wieder, die

Gefühle der Zuhörer aufzuwühlen.

Stübers Pathos stammte aus alten Zeiten. Seine Gedichte, die seine

Gegner im Parlament öfter zitierten, um ihn als Dichter bloßzustellen,

krankten gleichfalls an diesem nationalen Pathos. Der Kommunist

Ernst Fischer, der gleichfalls Gedichte und zweifellos besser als Stüber

schrieb, nannte diesen einen „Sprachverhunzer“,

was wohl übertrieben war.

Das „Soziale Manifest

des VdU“

als wichtiges

Grundsatzpapier

Stüber sah es als seine „heilige

Pflicht“ an, sich gegen den Niedergang,

wenn nicht Untergang des nationalen

Gedankens zur Wehr zu setzen. Die

Worte „Nation“ und „Deutschland“ bedeuteten

ihm Religion. In ihm steckte

eine Kämpfernatur, die sich nur im

Angriff wohl fühlte. Ein aufbauendes

Konzept besaß er nicht. Er verachtete

das Streben von Kraus, unbedingt ins

politische Spiel zu kommen. Stüber

liebte das Leben in der Opposition.

Für ihn gab es nichts Köstlicheres,

als den anderen Parteien den Spiegel

vor das Gesicht zu halten. Allerdings

bot er selbst zu viele Angriffsflächen,

so dass ihm die Gegner nicht weniger

genüsslich seine eigenen Sünden

vor Augen hielten. Als Jurist und

ehemaliger Finanzbeamter besaß

Stüber profunde Kenntnisse, vor

allem auf dem Gebiet des Steuerrechtes,

und war hier für den VdU

ein echter Gewinn. Er verstand es,

selbst Reden zu reinen Fachfragen

interessant zu gestalten.

Stüber kam im September

1949, knapp vor den Wahlen, mit

der Wochenzeitung „Der Unabhängige“

für Wien, Niederösterreich

und Burgenland heraus. Sie

erreichte keine hohe Auflage.

Das romantisch-nationale

Image, das der Wiener VdU

von Anfang an besaß und das

er nie mehr losbrachte, ist

schuld, dass der VdU nie eine großstädtische

Partei wurde und immer provinziell blieb. Mit politischen Ladenhütern

war die großstädtische Intelligenz einfach nicht zu gewinnen.

In Wien wurde mit Prof. Viktor Miltschinsky ein weiterer Gymnasialprofessor

zum Obmann gewählt, ein Kämpe der Grenzlandsarbeit noch

aus den Zeiten der Monarchie und typischer Vertreter der nationalen

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