An der blauen Donau - Die Freiheitlichen in Wien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1859–1918
oder rechter Splittergruppen sorgten für eine
gewisse Instabilität der liberalen Gruppierung.
Dennoch waren die Liberalen in Wien
bis 1878 die dominante politische Gruppierung,
ebenso wie in der cisleithanischen
Reichshälfte der Monarchie insgesamt.
Durch das beschränkte Wahlrecht kam es
dazu, dass die liberale Ära in Wien im Wesentlichen
dadurch gekennzeichnet war, dass
die Verwaltung und der Gemeinderat in den
Händen eines relativ kleinen Teils der Bevölkerung
lagen. Und nachdem es bei den Liberalen
kein konkret fixiertes kommunalpolitisches
Programm gab und auch kein wirklich
fixiertes eigenes Wirtschaftskonzept, war der
politische Handlungsspielraum der liberalen
Politiker eher beschränkt.
Im wirtschaftlichen Bereich der liberalen
Kommunalpolitik wurde versucht, durch ein
möglichst sparsames und ausgeglichenes Budget
die Bildung neuen Kapitals zu fördern. Im
Bereich der Steuern gab es nur Zuschläge zu den Staatssteuern, doch keine
eigene Kommunalsteuer. Und im Bereich des Konsums der Bürger
glaubte man, steigenden Konsum verhindern zu müssen, da damit vermeintlich
die Kapitalbildung und die Vollbeschäftigung behindert wären.
Was die wirtschaftlichen Leistungen der liberalen Bewegung in
Wien betrifft, so waren es vor allem die Großprojekte an der Wiener
Ringstraße und die Zentralisierung der Verwaltung, die im Mittelpunkt
der Politik standen. Ab dem Jahre 1850 kam es überdies zur
Eingemeindung der innerhalb des Linienwalls liegenden Bezirke und
zum Bau von Waisenhäusern und Schulen. Auch die innerstädtischen
Verkehrsverbindungen, insbesondere Brücken, wurden verbessert und
erneuert sowie Markthallen errichtet, deren Zweck es war, die Preise
zu dämpfen.
Andreas Zelinka,
Lithographie
von Joseph Kriehuber
1868
Ein besonderes Projekt war der Bau der
ersten Hochquellwasserleitung, was für die
Gesundheit weiter Bevölkerungsteile ganz
wesentlich war. Überdies wurden der Zentralfriedhof
errichtet und die einzelnen kleinen
Kommunalfriedhöfe geschlossen. Die Hochwassergefahr,
die die kaiserliche Haupt- und
Residenzstadt immer wieder bedroht hatte,
wurde durch die Regulierung der Donau gebannt,
und kommunale Gaswerke wurden
errichtet. Auch der innerstädtische Verkehr
wurde durch die Einführung von Pferdestraßenbahnen
reformiert. Ein Engagement der
Stadtverwaltung im Wohnungsbau wurde von
den Liberalen eher abgelehnt, da man keine
kommunalen Monopole wollte, sondern vielmehr
private Bauträger förderte.
„
„Papa Zelinka“
wie ihn die Wiener respektvoll
nannten, galt als
Philanthrop, der sein Jahresgehalt
von immerhin
12.000 Gulden samt und
sonders für Spenden und
Almosen ausgab.
165