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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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<strong>Wittgenstein</strong> und die Cambridge-Theorie der Repräsentation<br />

properties of the represented states of affairs are somehow reflected in features of the<br />

code itself; but in a digital code this is not so – here the representational relation is<br />

essentially arbitrary.” (McGinn 1989, 178f.) Die hohe Zuverlässigkeit, durch die sich<br />

mentale Modelle gegenüber begrifflichen Repräsentationen auszeichnen, besteht also<br />

darin, daß sie im Unterschied zu begrifflichen Repräsentationen vollständig interpretiert<br />

bzw. “frei von jeder Ambiguität” sind (Metzinger 1993, 115). Man können allein aus der<br />

Form der modellhaften Repräsentation auf den repräsentierten Gegenstand schließen,<br />

weil die Eigenschaften des repräsentierten Gegenstands in dem ihm ähnlichen Modell<br />

abgebildet werden. Dem Begriff der Ähnlichkeit zwischen Repräsentierendem und<br />

Repräsentierten kommt also eine Schlüsselrolle für die Repräsentationsbeziehung zu.<br />

Bei der Begründung seiner These, warum auch <strong>Wittgenstein</strong> als Vertreter der<br />

Cambridge-Theorie angesehen wird, beruft sich McGinn auf folgende Stellen aus dem<br />

Tractatus: “‘A picture is a model of reality’ (2.12); ‘A logical picture of a fact is a thought’<br />

(3); ‘A proposition is a model of reality as we imagine it’ (4.01).” (McGinn 1989, 176.) Die<br />

‘Bildtheorie’ des Tractatus wäre im Sinne der Cambridge-Theorie also eine nichtpropositionale,<br />

analoge Theorie der Repräsentation. Es läßt sich jedoch zeigen, daß<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s Bildtheorie nicht nur nicht im Sinne der Cambridge-Theorie der<br />

Repräsentation verstanden werden kann. Sie kann darüber hinaus als Kritik jener<br />

Auffassungen verstanden werden, die in nicht-propositionalen Formen der<br />

Repräsentation die Lösung für Probleme klassischer Theorien mentaler Repräsentation<br />

suchen. <strong>Wittgenstein</strong> führt Bilder nicht ein, um eine alternativ-subsymbolische<br />

Repräsentationstheorie zu begründen, die auf Ähnlichkeit statt auf Wahrheit abzielt.<br />

Vielmehr geht es ihm um eine systematische Begründung der ‘normalen’ semantischen<br />

Eigenschaften von Sätzen. Unter einem Bild versteht <strong>Wittgenstein</strong> die logische Struktur<br />

von Sätzen, die sich auf die Wirklichkeit beziehen. Ein Bild ist die logische Struktur,<br />

welche verschiedene Repräsentationsformate gemeinsam haben müssen, um<br />

denselben Sachverhalt darstellen zu können (TLP 4.021, 4.03 und 4.032).<br />

Bilder repräsentieren einen Sachverhalt nach <strong>Wittgenstein</strong> dadurch, daß ich den<br />

Bestandteilen des Bildes Gegenstände der Wirklichkeit zuordne. Wenn diese Zuordnung<br />

feststeht, repräsentiert ein Bild den Sachverhalt genauso “digital” wie der Satz, dessen<br />

logisches Bild es ist. Ja, das Bild, das mit dem Sachverhalt übereinstimmen oder nicht<br />

übereinstimmen kann, ist die Grundlage für die digitale Repräsentationsbeziehung von<br />

Sätzen, die wahr oder falsch sein können (Tagebücher, 26.11.14; TLP 4.0311, 4.06). Ein<br />

Anhänger der Cambridge-Theorie könnte nun einwenden, daß die nicht-propositionale<br />

analoge Repräsentation des Bildes nicht in der Übereinstimmung oder<br />

Nichtübereinstimmung des Bildes mit dem Sachverhalt, sondern in der Zuordnung von<br />

Gegenständen der Wirklichkeit zu bestimmten Bestandteilen des Bildes besteht. Aber<br />

auch hier ist zu sagen, daß diese Zuordnung unabhängig von jeder<br />

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