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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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Monika Seekircher<br />

Stonborough, George Edward Moore, Francis Skinner, Maurice O'C. Drury, Fania<br />

Pascal, Paul Engelmann, wobei er diese Leute zum Teil auch beauftragte, für eine<br />

weitere Verbreitung seines Geständnisses zu sorgen. Diese systematische Verbreitung<br />

ist mit der Vorstellung einer Beichte schwer vereinbar. Es ist daher nicht ganz<br />

unverständlich, wenn Fania Pascal dieser vorbereiteten, systematisch durchgeführten<br />

Beichte etwas feindselig begegnet, denn gemäß ihrem Gefühl "ist eine mit Fassung<br />

vorgetragene, gleichsam vorbereitete Beichte etwas, womit man nicht zurecht kommt;<br />

das ginge nur, wenn der andere 'mit knirschenden Zähnen' zu einem käme." (Pascal<br />

1992, 67) Mit diesem fast schon öffentlichen Geständnis peinigt <strong>Wittgenstein</strong> letztlich<br />

nicht nur sich selbst sondern auch jene, die sich dieses Geständnis anhören müssen<br />

und dadurch vielfach selbst Schuldgefühle bekommen.<br />

Abschließend sei noch auf einen interessanten zeitlichen Zusammenhang<br />

hingewiesen: Alois Pichler stellt in seiner Studie "<strong>Wittgenstein</strong>s Philosophische<br />

Untersuchungen: Vom Buch zum Album" fest, daß im Spätherbst 1936, d.h. zur Zeit von<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s Beichte auch eine Wende in seiner philosophischen Arbeitsweise<br />

erkennbar ist. Zu dieser Zeit gibt <strong>Wittgenstein</strong> seinen Plan, die Philosophischen<br />

Untersuchungen als ein geschlossenes Buch zu schreiben auf und bekennt sich zu der<br />

ihm gemäßen, fragmentarischen Form des Albums. (Vgl. Pichler 2000) <strong>Wittgenstein</strong><br />

selbst schreibt im Vorwort zu den Philosophischen Untersuchungen: "So ist also dieses<br />

Buch eigentlich nur ein Album." Am Ende seiner Studie spricht auch Pichler das<br />

interessante zeitliche Zusammentreffen von <strong>Wittgenstein</strong>s Beichte und der Wende in<br />

seiner Arbeitsweise an:<br />

Mit dem in Norwegen geglückten Anfang der Philosophischen Untersuchungen<br />

im Gepäck kam <strong>Wittgenstein</strong> Anfang des Jahres 1937 nach Cambridge, um<br />

seinen besten Freunden eine Beichte über ein ihn schon lange quälendes<br />

Vergehen abzulegen. Danach kehrte er wieder nach Norwegen zurück, um dort<br />

die Arbeit an seinem Werk fortzusetzen. (Pichler 2000, 278)<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s Beichte ist also auch mit einer Änderung in seiner Arbeitsweise<br />

verbunden. "Eine Beichte muß ein Teil des neuen Lebens sein." (MS 154) Diesen Satz<br />

stellt <strong>Wittgenstein</strong> seinen Philosophischen Betrachtungen als Motto voran.<br />

Zitierte Arbeiten:<br />

Drury, M. O'C. (1992), "Gespräche mit <strong>Wittgenstein</strong>", in R. Rhees (ed.), <strong>Ludwig</strong><br />

<strong>Wittgenstein</strong>: Porträts und Gespräche. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 142-236.<br />

James, W. (1979), Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche<br />

Natur. Olten u. Freiburg/Br.: Walter Verlag.<br />

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