09.10.2013 Views

Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Bioethik und das Problem absoluter Werte<br />

Im oben beschriebenen Fall werden die Angehörigen, wie vom damit befaßten Arzt<br />

Prof. L. gesagt wird, "zum eigenen Besten" von der beatmet auf der Station befindlichen<br />

angehenden Organspenderin Frau E unter dem Hinweis, sie sei soeben verstorben und<br />

befinde sich nicht mehr auf der Station, ferngehalten.<br />

Daraus folgt:<br />

Aus der gesetzlichen Widerspruchslösung ergibt sich ein unterschiedlicher Umgang<br />

mit Hirntoten und ihren Angehörigen durch die zuständigen Ärzte.<br />

Prof. S. reagiert anders auf die Diagnose Hirntod als sein Kollege, Prof. L. Prof S.<br />

bezieht aus persönlicher Überzeugung immer die Angehörigen eines Hirntoten in den<br />

Entscheidungsprozeß ein und befragt sie, ob sie einer Organentnahme zustimmen.<br />

Wenn eine Organentnahme nicht möglich ist, fragt Prof. S. die Angehörigen, ob sie beim<br />

Abschalten der Beatmungsmaschine anwesend sein und den Hirntoten auf diese Weise<br />

verabschieden wollen.<br />

Anders Prof. L.: Er lehnt die Einbeziehung und Befragung von Angehörigen<br />

kategorisch ab, wenn diese nicht von selbst an ihn herantreten und ihn auf Organspende<br />

ansprechen. Prof. L. sagt, das komme selten vor, zumal nur sehr wenige über die<br />

gesetzlichen Verhältnisse und ihre praktischen Folgen in Österreich informiert seien.<br />

4.<br />

Das zweite Beispiel aus der intensivmedizinischen Praxis betrifft die Frage, wann bzw.<br />

unter welchen Voraussetzungen bei einem schwerstkranken Patienten mit einer<br />

medizinisch ungünstigen Prognose lebenserhaltende Maßnahmen einzustellen sind.<br />

Auch hier hat sich gezeigt, dass sich die Stationsärzte Prof. L. und Prof. S.<br />

unterschiedlich verhalten.<br />

Auszug 2<br />

Der Begriff "Rösten" dient im Stationsjargon der Umschreibung ausgedehnter<br />

therapeutischer und lebenserhaltender Maßnahmen bei prognostisch hoffnungslosen<br />

Patienten.<br />

Prof. L. sagt über Prof. S., dieser "röste" seine Patienten. Prof. S. sagt, er lasse<br />

dagegen bei Dienstantritt häufig ein oder zwei Patienten sterben, die von seinem<br />

Vorgänger unnötig "geröstet worden" seien.<br />

Während es Prof. S.´ Überzeugung ist, sein moralischer Auftrag bestehe darin,<br />

menschliches Leben auch bei vielfacher Schädigung und Beeinträchtigung<br />

395

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!