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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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Monika Wogrolly-Maani<br />

ab, zumal sich jede Handlung an der Idee kollektiver Leidminimierung auszurichten hat.<br />

Beide Stationsärzte handeln nach ihren moralischen Eingebungen (Intuitionen), und auf<br />

diesen individuellen moralischen Intuitionismus sind Patienten und Angehörige<br />

angewiesen. Anders gesagt, entscheidet der Zufall darüber, welcherart der Umgang mit<br />

Hirntoten und deren Angehörigen (Auszug 1) bzw. schwerstkranken Intensivpatienten<br />

(Auszug 2) ist.<br />

8.<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s Ethik der ersten Person ist eine Ethik der Askese von der Rede, eine<br />

sprachlose Ethik, die sich im praktischen Verhalten des handelnden Subjektes<br />

verwirklicht. Eine Ethik, die nur ist, wenn und indem sie "passiert".<br />

Diese nicht auszudrückende Ethik steht ganz im Gegensatz zu in der Bioethik<br />

erforderlichen Prinzipien eines "moralisch guten" bzw. "moralisch angemessenen"<br />

Handelns. Zusammen mit Ästhetik und Religion betrachtet <strong>Wittgenstein</strong> die Ethik als ein<br />

vergebliches - und jedenfalls unwissenschaftliches - Bestreben des Menschen, gegen<br />

die Wände seines Käfigs anzurennen (vgl. <strong>Wittgenstein</strong> 1989 a, S. 19). Allerdings ist ein<br />

sinnloses Unterfangen, mittels der Sprache über das, was die Sprache auszudrücken<br />

vermag, hinausgelangen zu wollen:<br />

"... Die Ethik ist, sofern sie überhaupt etwas ist, übernatürlich, und unsere Worte<br />

werden nur Fakten ausdrücken; so, wie in eine Teetasse voll Wasser eben nur<br />

eine Teetasse voll Wasser hineingeht, auch wenn ich´s literweise<br />

darübergösse." (<strong>Wittgenstein</strong> 1989 a, S. 13)<br />

Der Tractat ist ein Werk über Elementarsätze und die Isomorphie von Sprache und<br />

Welt. Wie wichtig für <strong>Wittgenstein</strong> das Ethische war, wird an manchen seiner Notizen<br />

deutlich: An <strong>Ludwig</strong> von Ficker hatte er geschrieben, dass der Sinn dieses Buches<br />

eigentlich ein ethischer sei. Das Ethische werde im Tractat "gleichsam von Innen her<br />

begrenzt". (<strong>Wittgenstein</strong> 1980: 96)<br />

Der zweite Teil des Tractatus logico-philosophicus, das Ungeschriebene, markiert<br />

das Unsagbare, das sich im Schweigen zeigt. Dieser zweiter Teil liegt mit dem<br />

Geschriebenen vor. In diesem Sinn bedeutet das, dass der Tractactus dem Denken,<br />

bzw. seiner Übersetzung in Sprache, eine Grenze zieht. Diese Grenze innerhalb der<br />

Sprache differenziert das Sinnvolle vom Unsinnigen. Das Instrument zur Grenzziehung<br />

ist der prädikative Satz.<br />

Für <strong>Wittgenstein</strong> ist das Unsinnige jenes, das nicht in Wahr-Falsch-Disjunktionen<br />

dargestellt werden kann und somit nicht entscheidbar ist. Wenn der Sinn eines Satzes<br />

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