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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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Ruth Spiertz<br />

<strong>Wittgenstein</strong> versucht dann in den folgenden Abschnitten die Absurdität einer<br />

Theorie des Sprachgebrauchs aufzudecken, der von der Möglichkeit ausgeht, mentale<br />

Vorgänge durch Introspektion beobachten zu können.<br />

Wenn Sprache aber bedeutungskonstitutiv ist und intersubjektiv vermittelt, dann<br />

erscheint das Problem der Privatsprache in einem neuen Licht. Intersubjektiv vermittelt<br />

ist sie nicht; das ergibt sich aus ihrer Definition. Kann sie denn bedeutungskonstitutiv<br />

sein? Dafür müßte sie Regeln folgen, die es ermöglichen, mentale Ereignisse zu<br />

identifizieren, um sie bezeichnen zu können. Es fehlt jedoch an Kriterien für eine solche<br />

Identifzierung (vgl. dazu PU 260 - 270). "[...] was legen wir fest als Kriterium der Identität<br />

des Geschehnisses [hier im Fall des Verstehens]?" (PU 322) Außerdem kann man nach<br />

<strong>Wittgenstein</strong> einer Regel nicht privat folgen, da das der Regel folgen eine Praxis ist (PU<br />

202). Bei der öffentlichen Sprache werden diese Kriterien intersubjektiv überprüft.<br />

Folglich scheitern sowohl das Repräsentationsmodell der Sprache (Sätze<br />

repräsentieren Gedanken) als auch die Annahme der Möglichkeit einer Privatsprache.<br />

Ebenso problematisch ist es, von privaten Empfindungen zu sprechen. Wenn privat<br />

hier meint, nur das Subjekt wisse von den eigenen Gefühlen und Gedanken, wird nach<br />

<strong>Wittgenstein</strong> das Wort Wissen falsch angewendet. "Von mir kann man überhaupt nicht<br />

sagen [...], ich wisse, daß ich Schmerzen habe." (PU 246)<br />

2. Die Identifizierbarkeit mentaler Ereignisse und ihr<br />

ontologischer Status<br />

Es geht <strong>Wittgenstein</strong> nicht darum, mit der Leugnung der Möglichkeit einer Privatsprache<br />

auch die Existenz mentaler Ereignisse abzustreiten. 6 Er erinnert in PU 90 und 383<br />

daran, daß er keine Phänomenanalyse, sondern eine Begriffsanalyse durchführt. Es<br />

geht um die "[...] Art der Aussagen, die wir über die Erscheinungen machen." (PU 90)<br />

Für ihn steht folglich der Sprachgebrauch im Mittelpunkt: Wie reden wir gewöhnlich von<br />

unseren eigenen Bewußtseinszuständen und solchen dritter Personen?<br />

Die Diskussion um die Privatsprache ließ die Problematik der Identifizierung<br />

mentaler Ereignisse deutlich werden. Es fehlen aber der Privatsprache nicht nur<br />

Kriterien für eine Identifizierung. Bei der Annahme eines rein privaten Zugangs zum<br />

Bewußtsein läßt uns auch die Erinnerung, die für einen Vergleich gleicher Ereignisse<br />

nötig wäre, im Stich.<br />

312<br />

PU 258 “Ich präge sie mir ein” kann doch nur heißen: dieser Vorgang<br />

bewirkt, daß ich mich in Zukunft richtig an die Verbindung<br />

erinnere. Aber in unserem Fall habe ich ja kein Kriterium für die<br />

Richtigkeit.

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