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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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Jacek Ziobrowski<br />

"Der Mensch hat den Trieb, gegen die Grenzen der Sprache anzurennen. (...)<br />

Dieses Anrennen hat auch Kierkegaard gesehen und es sogar ganz ähnlich (als<br />

Anrennen gegen das Paradoxon) bezeichnet" (Weismann, s.68).<br />

In der späten Philosophie <strong>Wittgenstein</strong>s sind die Grenzen der Sprache nicht mehr<br />

durch den Bau der Wirklichkeit festgesetzt, sondern unveränderlich, apersonal<br />

verstanden. In der Philosophischen Untersuchungen sind solche Grenzen durch<br />

Sprachspiele bestimmt. Wer die Grammatik der Sprachspiele nicht befolgt, sagt<br />

Unsinnigkeiten. Das ist, was die Philosophen tun.<br />

"Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgendeines schlichten<br />

Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze der<br />

Sprache geholt hat" (119).<br />

Nach der frühen Philosophie von <strong>Wittgenstein</strong> sind manche unsinnige Satze<br />

nützlich, indem sie eine Mitteilung bilden, die ihren Empfänger auf bestimmte mystische<br />

Intuitionen aufweist. Die Unsinnigkeiten, über die <strong>Wittgenstein</strong> in den Untersuchungen<br />

schreibt, erfühlen keine wichtige Funktion. <strong>Wittgenstein</strong> will Philosophen zur Einsicht<br />

des wirklichen Mechanismus des Funktionierens der Sprache führen, die Art und Weise<br />

wie sie sprachliche Erscheinungen sehen ändern, damit sie aufhören, Unsinnlichkeiten<br />

zu formulieren.<br />

In diesem Zusammenhang arbeitete er ein eigenartiges Model philosophischer<br />

Untersuchungen aus, das man ästhetisches nennen kann. 5 Man setzt dabei voraus, dab<br />

in der Philosophie die Gründe angewandt werden, die für ästhetische Betrachtungen<br />

sowie Gespräche über Literatur und Kunst charakteristisch sind. Das ästhetische Model<br />

ist einem wissenschaftlichen Model der Philosophie gegenübergestellt, das sich<br />

Methoden der Naturwissenschaften zum Vorbild nimmt. <strong>Wittgenstein</strong> wäre<br />

wahrscheinlich mit Kierkegaard einig, der in seinen Tagebüchern über die Verwirrung<br />

schreibt, deren Ursache sei, daß das, was wie Kunst mitgeteilt sein soll, wie<br />

Wissenschaft mitgeteilt wird.<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s späte Philosophie bildet eine Mitteilung, die asystematisch,<br />

unautoritär, auf einzelne Personen gerichtet ist, weist also Eigenschaften auf, die für<br />

Kierkegaards indirekte Mitteilung charakteristisch sind.<br />

In der Philosophie - wie sie von <strong>Wittgenstein</strong> verstanden wird - soll man keine<br />

Erklärungen konstruieren, keine erfinden, kein System von allgemeingültigen Gesätzen<br />

- eine Theorie - bilden. Die Philosophie beschreibt nur Tatsachen, die intersubjektiv<br />

erfahrbar sind, insbesondere Situationen, die sich mit dem Gebrauch der Sprache<br />

verbinden. Bei dieser Beschreibung soll man eine Aufmerksamkeit auf trügerische<br />

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