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Witti-Buch2 2001.qxd - Austrian Ludwig Wittgenstein Society

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Heinrich Watzka<br />

radikal hinausgegangen. Die Einsicht, dass die Rede von einem Ding an sich leer ist,<br />

hat verblüffenderweise keine relativistischen Konsequenzen. Wenn es sinnlos ist zu<br />

sagen, dass wir manchmal die Dinge erkennen, wie sie wirklich sind, und manchmal<br />

nur so, wie sie uns erscheinen, dann ist es auch sinnlos zu sagen, dass wir die Dinge<br />

niemals erkennen, wie sie wirklich sind, oder dass wir nicht erkennen können, wie sie<br />

wirklich sind. Cavell drückt es so aus: "For <strong>Wittgenstein</strong> it would be an illusion not only<br />

that we do know things-in-themselves, but equally an illusion that we do not (crudely,<br />

because the concept of ´knowing something as it really is´ is being used without clear<br />

sense, apart from ist ordinary language game)." (Cavell 1976, 65)<br />

Kants Idee invarianter apriorischer Grundbegriffe hat bei <strong>Wittgenstein</strong> natürlich<br />

keine Nachahmung mehr gefunden. Es ist aber nicht verfehlt, demungeachtet in<br />

<strong>Wittgenstein</strong>s Sprachauffassung einen Nachhall von transzendentalphilosophischem<br />

Denken zu sehen. Ist es nur eine Metapher, wie Cavell zu sagen, dass <strong>Wittgenstein</strong><br />

in dem Sinne Kant fortführt, dass die ´transzendentale Deduktion´ sich nicht auf die<br />

zwölf Kategorien des Verstandes, sondern jedes einzelne Wort in der Sprache<br />

erstreckt. "Where Kant speaks of rules or laws brought to knowledge by the world by<br />

Reason, a philosopher like <strong>Wittgenstein</strong> speaks of bringing to light our criteria, our<br />

agreements..." (Cavell 1988, 38) <strong>Wittgenstein</strong>s Konzept einer ´grammatischen<br />

Untersuchung´ kann dann als später Nachfahr von Kants ´transzendentaler Logik´<br />

angesehen werden.<br />

Die Berufung auf Kriterien, die natürlich nur ´unsere´ Kriterien, ´menschliche´<br />

Kriterien sein können, wird den Skeptiker nicht zufriedenstellen. Aber nichts ist<br />

menschlicher, als der menschlichen Lebensform, d.h. unserer Sprache, entfliehen zu<br />

wollen. Die Dialektik der menschlichen Vernunft wird so lange nicht zum Stillstand<br />

kommen, wie es Menschen gibt, denen das Philosophieren ein Bedürfnis ist. Man darf<br />

also gespannt sein, was sich die ´Stimme der Versuchung´ an Neuem einfallen lassen<br />

wird.<br />

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